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Sozialversicherungsfreie Beschäftigung

90 Tage für Saisonarbeitskräfte

Von 2026 an können Saisonarbeitskräfte bis zu 90 Tage sozialversicherungsfrei in der Landwirtschaft beschäftigt werden. Der Bundestag hat für die entsprechende Gesetzesänderung gestimmt.

von age erschienen am 10.11.2025
Saisonarbeitskräfte im Obstbau. © Silvia Rueß
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Saisonarbeitskräfte können aller Voraussicht nach vom kommenden Jahr an 90 Tage lang sozialversicherungsfrei in der Landwirtschaft beschäftigt werden. Bislang waren es 70 Tage. Der Bundestag stimmte vergangene Woche mit den Stimmen von CDU, CSU und SPD für eine entsprechende Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB VI-Anpassungsgesetz). Nun steht noch die Zustimmung des Bundesrates aus, die aller Voraussicht nach am 21. November erfolgt.

Die neue Regelung soll für Erntehelfer auf Obst-, Gemüse- und Weinanbaubetrieben gelten, sofern diese zwischen dem 1. März und einschließlich dem 31. Oktober eines Kalenderjahres arbeiten. Das soll auch einen Beitrag leisten, den Selbstversorgungsgrad mit landwirtschaftlichen Produkten zu erhöhen.

Der Gesamtverband der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) reagierte kritisch auf die Gesetzesanpassung. Nach Einschätzung der Arbeitgebervertretung wird der grundsätzlich positive Ansatz einer verlängerten sozialversicherungsfreien Beschäftigung in der Landwirtschaft in der Praxis nur eingeschränkt Wirkung entfalten. Der Gesetzgeber habe es trotz deutlicher Kritik des GLFA und weiterer Verbände der grünen Branche versäumt, klare Voraussetzungen für eine rechtssichere Anwendung der Regelung zu schaffen.

Risiko bei den Meldepflichten

Kritik des GLFA entzündet sich auch an der fehlenden Berufsmäßigkeit. Arbeitgeber liefen weiterhin Gefahr, nachträglich mit Sozialabgaben, Bußgeld- und Strafverfahren belastet zu werden, falls sich später herausstelle, dass die Angaben der Saisonkräfte fehlerhaft oder unvollständig gewesen seien.

GLFA-Präsident Hans-Benno Wichert zeigte sich enttäuscht. Für ihn ist nicht nachvollziehbar, warum die Politik die Betriebe an dieser Stelle nicht entlastet. Notwendig sei eine Regelung, bei der bei falschen Angaben der Beschäftigten eine Versicherungspflicht erst ab dem Zeitpunkt eintrete, an dem der Fehler durch den Rentenversicherungsträger oder die Einzugsstelle festgestellt und dem Arbeitgeber mitgeteilt werde.

Nicht erreicht wird mit der Ausweitung der Saisonbeschäftigung nach Wicherts Einschätzung das Ziel der Regierung, den Selbstversorgungsgrad mit landwirtschaftlichen Produkten zu erhöhen. Als Hauptproblem hat der GLFA-Präsident die Lohnkosten identifiziert, die bis zu 60 Prozent der Produktionskosten ausmachten. „Die beschlossene Ausweitung der 70-Tage-Regelung ist in keiner Weise geeignet, den Kostenanstieg durch den gesetzlichen Mindestlohn auszugleichen und die heimischen Betriebe im Wettbewerb mit Produzenten, die im Ausland zu deutlich niedrigeren Löhnen produzieren, zu stärken“, erklärte Wichert. Die Betriebe benötigten eine Entlastung bei den Lohnkosten für saisonale Arbeiten.

Rechtssicherheit schaffen

Die Generalsekretärin des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Stefanie Sabet, begrüßte die beschlossene Ausweitung der 70-Tage-Regelung. Aus Sicht von Sabet reicht diese Maßnahme aber nicht, um die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe wiederherzustellen. Sie geht ebenfalls nicht davon aus, dass sich dadurch der Selbstversorgungsgrad von Obst und Gemüse erhöhen lässt. Die DBV-Generalsekretärin zeigte sich überzeugt, dass die massive Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 14,60 Euro landwirtschaftliche Betriebe zum Ausstieg aus arbeitsintensiven Kulturen zwingen werde. Heimische Betriebe können den Wettbewerb mit Landwirten, die im Ausland zu günstigeren Bedingungen produzierten, nicht gewinnen. Nach Einschätzung von Sabet wird daran auch die Ausweitung der Zeitgrenzen für eine versicherungsfreie Beschäftigung nichts ändern. Zudem habe es der Gesetzgeber versäumt, die bei der 70-Tage-Regelung bestehenden Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, kritisierte die DBV-Generalsekretärin.

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