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Mastputen | Eckpunktepapier

Wandert die Putenerzeugung in andere EU-Länder ab?

Sollte das vorgelegte Eckpunktepapier des Bundesagrarministeriums (BMEL) in der bisherigen Fassung Realität werden, wird die Putenfleischerzeugung aus Deutschland in andere EU-Länder abwandern. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Folgenabschätzung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zum BMEL-Eckpunktepapier für Mastputen.

Veröffentlicht am
Digital Arts/Shutterstock.com
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Wie die Autoren der im Januar 2023 erstellten Studie, Dr. Albert Hortmann-Scholten und Silke Schierhold, feststellten, werde vor allem die geringere Besatzdichte in den Erzeugerbetrieben zu einer signifikanten kostenmäßigen Zusatzleistung von schätzungsweise 0,21 bis 0,24 €/Kg Lebendgewicht (LG) führen. Rechnet man die innerhalb kürzester Zeit auftretenden sektoralen Schäden, die sich infolge der neuen Rechtsetzung ergeben, hinzu, entsteht ein weiterer ökonomischer Nachteil in Höhe von ca. 0,27 €/kg LG.

Erhebliche Verteuerung der Putenfleischproduktion

Betrachtet man die ökonomischen Entwicklungen auch für den vor- und nachgelagerten Bereich, so die Ökonomen, werde sich allein durch die verringerte Effizienz der Produktionskette eine erhebliche Verteuerung der Putenfleischproduktion ergeben. Die Erlösrückgänge je Stalleinheit werden einschließlich der sektoralen Folgekosten zu einer massiven Verlustausweitung in der Erzeugungskette führen. Bezugsbasis ist die derzeitige Standarderzeugung. Die Erlösdifferenzen je kg LG betragen 0,52 € in der Hahnenmast und sogar 0,54 € in der Mast von weiblichen Tieren.

Keine Garantie für mehr Tierwohl

Auch sei es fraglich, so die Agrarexperten, ob die Vorgaben des Eckpunktepapiers zu einem höheren Tierschutzniveau führen. Denn dass eine reduzierte Besatzdichte auf 35 kg/m2 für Masthennen bzw. 40 kg/m2 für Masthähne, zu einem höheren Tierschutzniveau führe, könne seitens wissenschaftlicher Studien nicht belegt werden. Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit – insbesondere unter Berücksichtigung einer zu verringernden CO2-Bilanz – würden die Haltungsvorgaben des Eckpunktepapiers die Klimabilanz der Putenfleischerzeugung zudem verschlechtern. Grund dafür sei vor allem die mehr benötigte Heizenergie, die in der Regel durch fossile Energieträger bereitgestellt werde.

Abwanderung der Putenerzeugung ins (EU-)Ausland

Die Wissenschaftler stellten weiter heraus, dass die errechneten ökonomischen Kostennachteile eine Abwanderung der deutschen Putenfleischerzeugung in andere EU-Länder zur Folge haben würde. Insbesondere das Nachbarland Polen habe seine Marktstellung in Deutschland in den vergangenen Jahren erheblich ausgebaut. Dort gelte für Mastputen „nur“ eine Besatzdichte von 57kg/m2, was zu einer wesentlich geringeren Kostenbelastung führe. Insgesamt aber liegt das polnische Erzeugerpreisniveau deutlich unter dem deutschen. Sollte eine Mehrkostenbelastung in Höhe von 52 Ct/kg LG auf die deutschen Mastputenhalter zukommen, wäre die Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Sektors nicht mehr gegeben. Da ein Preisausgleich für deutsche Erzeuger in einem EU-Binnenmarkt nur sehr schwer über Marktmechanismen sichergestellt werden könne, wandere die Produktion eben dorthin, wo die kostengünstigsten Bedingenden anzutreffen sind.

Fazit: Die Autoren der Studie sind sich daher einig, dass die Zielsetzung des vom BMEL vorgelegten Eckpunktepapiers, das Tierwohl zu verbessern, nicht über eine nationale Rechtssetzung, sondern nur über gesetzlich vereinheitlichte und europaweit gültige Haltungsvorgaben in allen EU-Mitgliedstaaten realisierbar sei. Die bloße Verlagerung der Putenhaltung aus Deutschland in andere EU-Staaten bzw. in Drittländer trägt eben nicht zu einer Verbesserung des Tierwohls bei. Damit würde das Ziel, das mit den Eckpunkten verfolgt werden soll, klar verfehlt werden.

Zu den Verfassern

Die Studie wurde im Auftrag des Verbandes Deutscher Putenerzeuger e.V. (VDP) von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen erstellt. Die Quellenangaben und Details zu den biologischen Leistungsdaten sind auf Anfrage bei Autoren Dr. Albert Hortmann-Scholten und Silke Schierhold zu erhalten.


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