Tierhaltungskennzeichnung und Änderungen des Baurechts beschlossen
Der Deutsche Bundestag hat heute das von dem Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, vorgelegte Gesetz für eine staatliche, verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung beschlossen. Ebenso beschlossen wurden Änderungen im Baugesetzbuch zur Erleichterung von Stallumbauten.
- Veröffentlicht am

Die Haltungskennzeichnung umfasst fünf Haltungsformen:
- „Stall“,
- „Stall+Platz“,
- „Frischluftstall“,
- „Auslauf/Weide“ und
- „Bio“.
Das Gesetz regelt zunächst die Mast bei Schweinen und soll zügig auf andere Tierarten, weitere Bereiche in der Verwertungskette etwa in der Gastronomie und den Lebenszyklus der Tiere ausgeweitet werden. Zudem wird es durch den Beschluss des Gesetzes zum Stallumbau für tierhaltende Betriebe künftig einfacher, ihre Ställe an die tiergerechteren Haltungsformen anzupassen. Das Gesetz sieht eine baurechtliche Privilegierung für Unternehmen vor, die ihre Stallanlagen umbauen wollen, um ihre vorhandene Tierhaltung auf die Haltungsformen „Frischluftstall“, „Auslauf/Weide“ oder „Bio“ umzustellen. Tierhalter müssen ihre Bestände dazu nicht verringern. Möglich wird zudem, dass ein Ersatzneubau an anderer Stelle erfolgen kann als das Altgebäude. Damit bleibt die Tierhaltung auch während der Baumaßnahmen für einen Ersatzstall möglich.
Beide Gesetze werden nun voraussichtlich am 7. Juli 2023 im Bundesrat behandelt, sind dort jedoch nicht zustimmungspflichtig.
Auch in Zukunftt soll gutes Fleisch aus Deutschland kommen
Bundesminister Cem Özdemir erklärt dazu: „Auch in Zukunft soll gutes Fleisch aus Deutschland kommen. Mit der verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung können Verbraucher in Zukunft im Regal oder an der Fleischtheke sehen, wie das Tier gehalten wurde. Wir fangen mit Schweinefleisch an, werden Schritt für Schritt weitere Tierarten hinzunehmen und auch weitere Vertriebswege, so dass Verbraucher dann auch im Restaurant sehen können, wie ihr Schnitzel gehalten wurde. Damit stärken wir den Tierschutz. Mit Änderungen im Baurecht machen wir es den tierhaltenden Betrieben leichter, ihre Betriebe tiergerecht umzubauen.
ITW sieht erhebliche Mängel bei der Tierhaltungskennzeichnung
Die Initiative Tierwohl (ITW) sieht bei dem heute vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Tierhaltungskennzeichnung erhebliche Mängel und meldet sich mit einem dringenden Appell zu Wort. Die Tatsache, dass im Gesetz keine regelmäßigen Überprüfungen in festgelegten Zeitabständen der Schweineställe vor Ort vorgesehen sind, gefährdet das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in das Engagement der Landwirte.
Nachbesserungen bei Kontrollen zwingend erforderlich
„An dieser Stelle muss dringend nachgebessert werden“, fordert Robert Römer, Geschäftsführer der Initiative Tierwohl (ITW). „Eine staatliche Kennzeichnung von Haltungsformen, die zugleich keine regelmäßigen Kontrollen – zum Beispiel einmal im Jahr – vorsieht, ist eine Mogelpackung, die dem Verlangen der Verbraucherinnen und Verbraucher nach verlässlicher Information gar nicht nachkommen kann. Dazu kommt: Auch wenn die allermeisten Landwirte einen erstklassigen Job in Sachen Tierwohl machen, würden durch dieses Gesetz ausgerechnet jene wenigen profitieren, die die Anforderungen zum Wohl der Tiere nicht umsetzen und dadurch auch die Reputation der vielen gewissenhaft arbeitenden Berufskollegen gefährden.“
Gesamtkonzept fehlt – Lösung möglich
Da deutsche landwirtschaftliche Betriebe laut Gesetzesentwurf zur Teilnahme an der staatlichen Kennzeichnung verpflichtet sind, entsteht zudem ein Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen Betrieben. Für diese ist die Teilnahme freiwillig. Fleisch aus dem Ausland muss also nicht gekennzeichnet werden.
Dr. Alexander Hinrichs, Geschäftsführer der Initiative Tierwohl (ITW) erklärt dazu: „Es kann nicht sein, dass wir für Deutschland in Sachen Tierwohl eine Insellösung mitten im europäischen Binnenmarkt bauen wollen. Gleiche Rechte, gleiche Pflichten – dieses Prinzip muss auch in Sachen Tierwohl gelten. Eine Zusammenarbeit des Staates mit privatwirtschaftlichen Tierwohlprogrammen sollte hier eine Lösung sein. Diese privatwirtschaftlich organisierten Programme können im In- und Ausland für gleiche Bedingungen sorgen und zugleich das notwendige Vertrauen durch regelmäßige Kontrollen stiften.