Die Branche für den Nachwuchs stabil halten
Zur Mitgliederversammlung des Sächsischen Geflügelwirtschaftsverbandes (GWV) und des anschließenden 30. Sächsischen Geflügeltags standen die anhaltend großen Herausforderungen, die die Politik an die Branche stellt, im Mittelpunkt.
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Wilsdruff: In Sachsen liegt der Selbstversorgungsgrad mit Eiern bei nahezu 100 %. Das Bundesland ist der viertgrößte Eierproduzent Deutschlands. Jedes vierte deutsche Gänseei kommt ebenfalls aus Sachsen. Insgesamt, so könne man meinen, stehe die Sächsische Geflügelwirtschaft gut da. Doch auch sie kämpft mit den aktuellen politischen Herausforderungen.
Ernährungssicherheit wird scheinbar außer Acht gelassen
„Die Schwankungen für Gas-, Öl- und Futterpreise haben uns im vergangenen Jahr zu schaffen gemacht, zog Christian Riedel, Vorsitzender des Geflügelwirtschaftsverbandes (GWV) e. V. Sachsen in seinem Jahresbericht am 12. September 2023 im Wilsdruffer Ortsteil Limbach Bilanz. Eine Entwarnung sei noch nicht in Sicht, auch wenn der Einzelhandel positiv auf die Krise reagiert und die Preise für Eier und Fleisch weitestgehend stabil gehalten habe. Sorge bereite ihm, dass sich die Bundesregierung nicht um die Ernährungssicherung zu kümmern scheint. „Tierwohl steht bei der Ampelregierung an erster Stelle“, sagte er. Besonders der Entwurf einer neuen Putenhaltungsverordnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) stellt auch für die sächsischen Putenhalter eine Gefährdung dar. Sollten die Besatzdichten tatsächlich so stark wie vorgeschlagen auf 35 kg Lebendgewicht pro m2 für Putenhennen und 40 kg Lebendgewicht pro m2 für Putenhähne reduziert werden, könne die Putenhaltung auch in Sachsen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden, mahnte Riedel.
Eine weitere Herausforderung sei die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft, kurz TA Luft. Mit deren bundesweit einheitlichen Auslegung soll der tiergerechte Umbau von Ställen ermöglicht werden. Dazu hatte die Agrarministerkonferenz im Frühjahr 2023 einen Beschluss gefasst. „Doch was genau haben wir jetzt darunter zu verstehen“, fragte Christian Riedel. Bisher habe der GWV Sachsen noch niemanden gefunden, der Auskunft geben konnte, wie genau der Beschluss umzusetzen ist. „Wir wollen schnellstmöglich ein Gutachten oder Konzept dazu erarbeiten“, bekräftigte der studierte Agraringenieur. Denn die geflügelhaltenden Betriebe sollen ihre Ställe unkompliziert und mit einem möglichst geringen bürokratischen Aufwand um- und ausbauen können, um ihr Bestehen am Markt zu sichern.
Neu im Vorstand: Samuel Leidenberger
Wichtig sei zudem auch eine gute Öffentlichkeitsarbeit. Oft haben die Verbraucher nur eine vage Vorstellung von dem, was sich hinter den Begrifflichkeiten wie Bio oder konventionell verbirgt. Biohaltungen werden automatisch mit maximalem Tierwohl assoziieren, während konventionelle Geflügelhaltung stigmatisiert wird. „Dabei müssen sich unsere Bodenhaltungsbetriebe keineswegs verstecken“, betonte Riedel. Weiterhin sei die gute Öffentlichkeitsarbeit wichtig, um neue Mitglieder für den Verband zu gewinnen. Das ist uns auch gelungen, freute er sich. Neu im Vorstand des GWV Sachsen ist Samuel Leidenberger. Der Geschäftsführer bei BAT Tiernahrung GmbH & Co. KG wurde im Rahmen der Mitgliederversammlung noch vor den regulären Vorstandswahlen im kommenden Jahr einstimmig in den Vorstand gewählt.
Im vergangenen Wirtschaftsjahr gab es weitere Lichtblicke. Dazu zählte u. a., dass Eier aus Freilandhaltungen trotz Aufstallgebot bei Vogelgrippe zukünftig weiter als Freilandeier vermarktet werden dürfen. Auch die Fristverlängerung bei der Geschlechtsbestimmung im Ei ist ein klarer Erfolg. Ab 1. Januar 2024 darf diese bis einschließlich des 12. Bruttages erfolgen. Das verschafft nicht nur den Entwicklern dieser Technologien, sondern auch den noch verbliebenen Brütereien ein wenig Spielraum. Insgesamt wünschte sich Christian Riedel weniger Alleingänge der deutschen Politik, die zudem mehr auf Ideologien als auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft basieren.
Kaum Salmonellen bei sächsischen Legehennen
Im Anschluss an die Mitgliederversammlung des Sächsischen GWV fand der 30. Sächsische Geflügeltag statt. Anmoderiert von Gerold Blunk vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, eröffnete Dr. Dirk Höppner die Vortragsveranstaltung im Rittergut Limbach. Der Bereichsleiter für Tierhaltung, Tier- und Umweltschutz des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) e. V. berichtete über aktuelle Entwicklungen im politischen Berlin. Dabei ordnete er u. a. die Arbeit der Borchert-Kommission und deren Aus in den politischen Gesamtkontext ein. Weiter erklärte Höppner auch, warum die geplante staatliche Haltungskennzeichnung der Geflügelwirtschaft momentan wenig hilft.
Ihm folgte Roland Küblböck vom Geflügelgesundheitsdienst der Sächsischen Tierseuchenkasse mit einem Bericht zum Gesundheitszustand des sächsischen Wirtschaftsgeflügels. So ist beispielsweise Newcastle Disease seit der Impfpflicht kein Problem mehr. Auch das Salmonellenvorkommen bei Legehennen betreffend, hatte der Fachtierarzt für Geflügel gute Nachrichten. Trotz verlängerter Haltungsdauer ist die Salmonellenbelastung in sächsischen Legehennenbeständen gering.
Neue Förderperiode startet im Herbst 2023
Wie der aktuelle Stand der Dinge hinsichtlich der Entwicklung einer Impfung gegen Geflügelpest ist, berichtete Prof. Timm Harder vom Friedrich-Loeffler-Institut nach der Kaffeepause. Online zugeschaltet, erklärte er, warum die Bekämpfung der Geflügelpest so schwierig ist und dass – sollte die Impfung kommen – geimpfte Geflügelbestände keineswegs sicher sind. Bei Nachweis von hochpathogener aviärer Influenza müssen auch diese Herden gekeult werden.
Die Veranstaltung wurde abgerundet durch den Vortrag von Gudrun Krawczyk vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Sie stellte die Regelungen der neuen Förderperiode FRL LIE 2023 vor, die im Herbst 2023 startet. Der Hauptanteil des Programms wird in Investitionsförderung fließen, der zweite steht Existenzgründern zur Verfügung. Für beide wird es gesonderte Aufrufe geben. An den allgemeinen Voraussetzungen habe sich nichts geändert, erklärte Gudrun Krawczyk. Allerdings sind Ausgaben, die vor dem 1. Januar 2023 angefallen sind, nicht förderfähig.