Hofabgabe erleichtert
Zum 1. Januar 2016 sind mehrere Gesetzesänderungen in Kraft getreten, die es Landwirten erleichtern, ihr Unternehmen abzugeben, um eine Rente von der Landwirtschaftlichen Alterskasse zu erhalten. Nicole Spieß, Sozialreferentin des Landesbauernverbandes, erläutert die neuen Regeln.
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Die sogenannte Hofabgabeklausel hat in den vergangenen Jahren zu hitzigen Diskussionen innerhalb der Landwirtschaft geführt. Denn das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte bestimmt, dass ein Landwirt, sein Ehegatte oder Hinterbliebener eine Rente von der Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK) nur dann beziehen kann, wenn er seinen Hof abgibt – egal, ob es sich um eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente handelt. Während die einen die komplette Abschaffung der Hofabgabeverpflichtung fordern, wollen die anderen deren unveränderte Beibehaltung.
Die große Koalition hat sich nun nach intensiven Gesprächen auf einen Kompromiss geeinigt, der den unterschiedlichen Interessengruppen gerecht werden soll. Danach bleibt zwar die Verpflichtung zur Abgabe des Betriebs im Grundsatz bestehen, zum 1. Januar 2016 sind aber einige gesetzliche Änderungen in Kraft getreten, die die Hofabgabe deutlich erleichtern.
Die vier wichtigsten Änderungen
Der Hinzuverdienst für LAK-Rentenbezieher wird erhöht, indem der zulässige Rückbehalt auf nahezu das Vierfache seines bisherigen Werts angehoben wird.
Die Hofabgabe an den Ehegatten wird verbessert, insbesondere werden die eigenständigen Rentenrechte von Landwirtsehegatten gestärkt.
Seit 1. Januar 2016 ist die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, zum Beispiel eine GbR, zum Zwecke der Hofabgabe möglich.
Landwirte, die über die Regelaltersgrenze hinaus ihren Betrieb führen und die Altersrente später in Anspruch nehmen, erhalten für jeden Monat, für den sie keine Rente beziehen, einen Zuschlag in Höhe von 0,5 Prozent.
Mehr Rückbehalt möglich
Bisher erhielt nur derjenige eine Rentenleistung der LAK, der seinen Betrieb nahezu komplett abgegeben hatte. Es war nur ein Rückbehalt von maximal 25 Prozent der sogenannten Mindestgröße erlaubt. Wer mehr an Flächen zurückbehielt und selbst bewirtschaftete, erfüllte die Voraussetzungen für den Rentenanspruch nicht.
Die Mindestgröße in der Alterssicherung der Landwirte bestimmt letztlich, wer Mitglied der landwirtschaftlichen Alterskasse und Krankenkasse werden kann. Die Mindestgrößen sind seit 1. Januar 2014 deutschlandweit einheitlich festgelegt. Für Acker- und Grünland beträgt die Mindestgröße aktuell acht Hektar (ha), für Forst 75 ha und für Weinbau zwei ha. Bisher durfte ein Landwirt damit maximal zwei ha Grün- oder Ackerland, 18,75 ha Forst oder 0,5 ha Rebflächen neben einer LAK-Rente weiter bewirtschaften.
mindestgrößen in der alterskasse
Dieser zulässige Rückbehalt ist zum 1. Januar 2016 deutlich erhöht worden: So lange die vom Altenteiler bewirtschaftete Fläche die Mindestgröße nicht erreicht, wird die Rente nun problemlos bewilligt. Damit können bis zu 7,99 ha Grün- und Ackerland, 74,99 ha Forst oder 1,99 ha Rebfläche rentenunschädlich zurückbehalten werden. Die höhere Rückbehaltsgrenze gilt auch für Landwirte, die am 1. Januar 2016 bereits eine Rente bezogen haben. Sie können ab dem Stichtag ihren Rückbehalt entsprechend erhöhen, ohne ihren Rentenanspruch zu gefährden.
Auswirkung auf die Krankenversicherung
Der höhere zulässige Rückbehalt erfordert eine Folgeänderung: Landwirte, die den erweiterten Rückbehalt nutzen, sollen nicht unter die ab einer Bewirtschaftung von mindestens 50 Prozent der Mindestgröße geltende Krankenversicherungspflicht als Kleinunternehmer fallen. Das Neurecht bestimmt deswegen ausdrücklich, dass der Altenteiler auch bei höherem Rückbehalt in der günstigen Krankenversicherung der Rentner abgesichert ist.
Achtung: Steuerbegünstigt ist eine Hofübergabe nur, wenn der Betrieb mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen an den Nachfolger übergeben wird. Ein Rückbehalt von mehr als zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche würde dazu führen, dass der Betrieb nicht als Ganzes übertragen wäre und es zu einer Entnahme der übertragenen Flächen aus dem Betriebsvermögen käme. Dies hätte eine Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven des übertragenen Vermögens zur Folge und könnte ungewollt recht teuer werden. Statt die Rückbehaltsflächen als Eigentum zu behalten, wäre in diesem Fall deren eigentumsrechtliche Übertragung an den Hofnachfolger bei gleichzeitiger Vereinbarung eines Nießbrauchsrechts zu empfehlen.
Nicht alles, was aus Rentensicht günstig ist, ist auch steuerlich von Vorteil. Weil bei einer Hofübergabe viele Punkte aus verschiedenen Rechtsgebieten zu beachten sind, ist vor jeder Hofübergabe eine umfassende Beratung, wie sie zum Beispiel die Kreisbauernverbände anbieten, dringend anzuraten.
Abgabe unter Ehegatten
Die Abgabe unter Ehegatten ist in den vergangenen Jahren bereits mehrfach gelockert worden. Zuletzt lag eine zum Rentenbezug berechtigende Abgabe vor, wenn der ältere Landwirt den Betrieb an den jüngeren Ehegatten abgab. Auf das Alter des übernehmenden Landwirts kam es – anders als früher – nicht mehr an. Allerdings wurde die Rente des übergebenden Landwirts nicht mehr gezahlt, wenn der übernehmende Ehegatte selbst die Regelaltersgrenze erreichte und den Betrieb nicht abgab.
Außerdem war eine Abgabe an den Ehegatten, der voll erwerbsgemindert war oder die Regelaltersgrenze bereits erreicht hatte, von vornherein ausgeschlossen, da in diesem Fall die Voraussetzungen einer wirksamen Abgabe nicht vorlagen.
Diese Koppelung der Rentenansprüche von Ehegatten wurde zum 1. Januar 2016 aufgehoben. Nun können auch bei einer Ehegattenabgabe die Alterskassenrenten dauerhaft gewährt und Abgaben an einen bereits erwerbsgeminderten Ehegatten oder an einen Ehegatten – auch wenn er die Regelaltersgrenze schon erreicht hat – vorgenommen werden.
Beispiel: Gibt ein Landwirt mit Erreichen der Regelaltersgrenze seinen Betrieb an seine 63-jährige Ehefrau ab, kann diese den Betrieb auf unbestimmte Zeit fortführen – ohne, dass der Landwirt seine Rentenzahlung verliert. Lediglich die Ehefrau erhält in diesem Fall ihre LAK-Rente so lange nicht ausgezahlt, wie sie den Betrieb weiterführt.
Achtung: Komplizierter ist das Ganze, wenn die Eheleute nicht im gesetzlichen Güterstand leben, sondern Gütergemeinschaft vereinbart haben und der Betrieb zum Gesamtgut gehört. In diesem Fall kann eine Abgabe an den Ehegatten nur vollzogen werden, indem:
- die Gütergemeinschaft beendet oder das Unternehmen durch Änderung des Ehevertrages zum Vorbehaltsgut des übernehmenden Ehegatten wird oder
- die Verwaltung des Gesamtguts durch Änderung des Ehevertrages auf den übernehmenden Ehegatten übertragen wird und der das Gesamtgut nicht verwaltende Ehegatte das Unternehmen auch nicht aufgrund einer Einwilligung des Verwalters betreibt.
Einbringen des Hofs in eine Gesellschaft
Bereits bisher erlaubte das Gesetz dem Gesellschafter eines landwirtschaftlichen Unternehmens, auch während eines LAK-Rentenbezugs weiter an der Gesellschaft beteiligt zu sein. Voraussetzung hierfür war, dass der Unternehmer zum Rentenbeginn aus der Unternehmensführung ausschied und keine Vertretungsvollmacht für das Unternehmen mehr hatte. Zudem musste er seine Eigentumsflächen der Gesellschaft für neun Jahre zur Nutzung überlassen. Diese Regel galt jedoch nur für bestehende Gesellschaften, nicht für Neugründungen. Die Gesellschaften mussten also bereits längere Zeit (zuletzt: mindestens ein Jahr) vor dem Rentenantrag gegründet worden sein.
Diese Vorgabe entfällt ab 1. Januar 2016. Nun ist eine Abgabe auch möglich, indem das landwirtschaftliche Unternehmen in eine bereits bestehende oder auch in eine neu gegründete Gesellschaft eingebracht wird, an der der Abgebende als Gesellschafter beteiligt ist. Allerdings darf er keine Geschäftsführungsbefugnis oder Vertretungsmacht für das Unternehmen haben.
Rentenzuschlag bei späterem Rentenbezug
In der gesetzlichen Rentenversicherung versicherte Arbeitnehmer erhalten schon bisher einen Zuschlag zu ihrer Rente, wenn sie ihre Rente nicht mit Erreichen der Regelaltersgrenze, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt beantragen. Der Zuschlag beträgt 0,5 Prozent für jeden Monat, in dem die Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht beansprucht wird. In der Alterssicherung der Landwirte gab es eine solche Regelung bislang nicht. Dies hat sich zum 1. Januar 2016 geändert. Wem nach dem 31. Dezember 2015 eine Rente wegen Alters von der LAK gewährt wird, erhält für jeden Monat, für den er eine Versichertenrente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen hat, ebenfalls einen Zuschlag von 0,5 Prozent.
Wer beispielsweise ein Jahr auf seine Regelaltersrente verzichtet hat, erhält demnach einen lebenslangen Zuschlag auf seine Rente in Höhe von sechs Prozent (zwölf Monate mal 0,5 Prozent). Bei einer fiktiven Altersrente nach 40 LAK-Beitragsjahren von 540 Euro im Monat würde der Zuschlag für ein Jahr nicht in Anspruch genommene Altersrente 32,40 Euro betragen.
Wer nun seine Rente durch einen späteren Rentenantrag „aufbessern“ möchte, sollte allerdings auch die Vergleichsrechnung machen: Ein einjähriger Verzicht auf die Altersrente würde im genannten Beispiel einen Verzicht in Höhe von rund 6500 Euro bedeuten. Die Rentensteigerung von 32,40 Euro würde den Rentenverzicht von 6500 Euro erst nach 200 Monaten ausgleichen, also nach fast 17 Jahren. Finanziell interessant ist die spätere Inanspruchnahme also nur für diejenigen, denen ein langes Leben vergönnt sein wird.
In letzter Minute hat eine Regelung den Weg ins Gesetz gefunden, die den Zuschlag auch bei Hinterbliebenenrenten gewährt. Verstirbt ein Landwirt, der nach Erreichen der Regelaltersgrenze seinen Betrieb weitergeführt und keine LAK-Rente bezogen hat, kommt der Zuschlag, der eigentlich ihm zugstanden hätte, seinen Hinterbliebenen bei der Witwen- oder Waisenrente zugute.
Die neue Zuschlagsregelung gilt auch für all diejenigen, die bereits am 1. Januar 2016 die Regelaltersgrenze erreicht und noch keine Rente bezogen haben. Der Zuschlag wird auch für alle Monate gewährt, in denen die Rente vor dem 1. Januar 2016 nicht in Anspruch genommen wurde.
Insgesamt ist festzustellen, dass die Gesetzesänderungen zum 1. Januar 2016 deutliche Erleichterungen bei der Hofabgabe gebracht haben. Deutlich wird aber auch: Die Hofabgabe ist nach wie vor eine komplexe und rechtlich nicht einfache Angelegenheit. Sie sollte deshalb mit ausreichend Zeit und immer mit fachlicher Beratung erfolgen. Die Mitarbeiter der Kreisbauernverbände stehen Ihnen jederzeit beratend zur Seite.
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