Starke Zahlen zum Jubiläum
Gut 300 Mitglieder und Gäste zog es am 27. Juni zur Jubiläums-Generalversammlung nach Bad Waldsee. Dort feierte die Raiffeisen Bezug+Absatz eG Bad Waldsee (BAG) ihr 100-jähriges Bestehen. Erfreulich für Mitglieder und Kunden ist die gute Geschäftsentwicklung 2018. So erzielte die BAG im Jahr 2018 den höchsten Gewinn und den dritthöchsten Umsatz in ihrer Unternehmensgeschichte.
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Die Stadthalle ist gut gefüllt. Die Luft steht. Es herrschen Saunatemperaturen trotz aufgerissener Fenster. Die Kleiderordnung für die Mandatsträger (Krawatte und Jacket) wurde aufgehoben. „Ist jemandem zu kalt“, witzelt Bernhard Bitterwolf. Humorvoll und erfrischend kurzweilig versorgte der Moderator seine Zuhörer gleich zu Beginn des Jubiläumsabends mit „oberschwäbischen Tipps zur Gesundheit“ und hob so zusammen mit der Bauernkapelle Oberschwaben unter Leitung von Eugen Maucher die Stimmung in der Halle.
Sehr zufrieden mit der Geschäftsentwicklung
Helmut Widmann, der Aufsichtsratsvorsitzende, zeigte sich beeindruckt, dass die genossenschaftliche Idee von damals bis heute so prima Bestand hat: „Die Genossenschaft lebt.“ Die BAG sei wichtig für die Gesellschaft und für die gesamte Infrastruktur im ländlichen Raum. Stellvertretend für alle Ehrengäste begrüßte Widmann den Hausherren und Oberbürgermeister Roland Weinschenk. Stadt und BAG stünden in einer ganz besonderen Verbindung. Als erste Lagerstätte der BAG wurde das Kornhaus angemietet - die Schranne der Stadt Bad Waldsee. Ein Jahr später erwarb die BAG das ehemalige Gaststättenareal „Hirschkeller“, wo die Genossenschaft bis heute ihren Sitz hat. Mit der Geschäftsentwicklung zeigte sich Widmann sehr zufrieden. Der größte Teil des Umsatzes fällt auf die Tankstellen und der Mineralölhandel (rund 60 Prozent), der Agraranteil als Kerngeschäft liegt bei rund 30 Prozent. Die Umsatzrendite insgesamt beträgt 1,2 Prozent. „Das ist vergleichsweise mit anderen BAGs sehr gut und es ist schön im Jubiläumsjahr über solche Zahlen berichten zu können“, meinte Widmann.
Umsatz steigt um 9,4 Prozent
Vorstand Raimund Amann berichtete von einem weiterhin stabilen wirtschaftlichen Umfeld. Das Dürrejahr 2018 haben die Landwirte in der Region gut überstanden - die Milchpreise blieben stabil, beim Obst gab es eine Rekordernte und beim Getreide konnte man etwas bessere Preise an die Mitglieder ausbezahlen als im Jahr davor, lediglich der Raps erzielte rund einen Euro weniger als im Vorjahr. Die Umsatzanteile aus den verschieden Sparten der BAG blieben insgesamt weitestgehend unverändert. Im Gesamtumsatz legte die BAG um 9,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Sie schaffte 75,5 Mio. Euro. „Dies ist der drittbeste Umsatz in der Geschichte der BAG“, so Hubert Bröhm. Bis auf die Raiffeisenmärkte konnten die Umsätze in allen Sparten zum Teil deutlich ausgebaut werden.
Erhöht haben sich gegenüber dem Vorjahr auch der Rohertrag um 917.000 Euro sowie die Kosten um 684.000 Euro. Unterm Strich weist die BAG einen Jahresüberschuss (Gewinn) in Höhe von 659.000 Euro aus. „Der Jahresüberschuss ist pünktlich zum Jubiläum der höchste in der Geschichte der BAG“, so Amann.
2,75 Dividende auf die Geschäftsanteile
Verwendet wird der Jahresüberschuss wie folgt: Nach Vorwegzuweisung zu den Ergebnisrücklagen in Höhe von 460.000 Euro bleibt ein Bilanzgewinn von knapp 200.000 Euro. Davon fließen 46.000 Euro (2,75 Prozent Dividende auf die Geschäftsguthaben) an die Mitglieder. 66.000 Euro werden in die gesetzliche Rücklage und rund 88.000 in die Betriebsrücklage eingestellt. Die Verbindlichkeiten in Höhe von 11,1 Mio. Euro sind gegenüber 2017 um 100.000 Euro gefallen. Enthalten in den Verbindlichkeiten sind auch die Nachrangdarlehen der Mitglieder an ihre Genossenschaft. Diese betrugen zuletzt knapp 3,8 Mio. Euro. „Ein wichtiges Finanzierungsmodell für die BAG“, so Vorstand Hubert Bröhm.
Jede Menge Zukunftsthemen - Getreidegeschäft wird weitergeführt
In Sachen Digitalisierung soll es im Herbst eine neue EDV-Version geben. „Damit wollen wir unsere internen Abläufe weiter straffen, um noch effizienter arbeiten zu können“, kündigte Bröhm an. Um sich noch besser aufzustellen, gab es einen Jungmitgliederworkshop und eine Führungskräfteklausur. Übernommen hat die BAG die 2002 gegründete agroDienste GmbH aus Aichstetten. Hier werden Kraft- und Mineralfutter sowie flüssige Futtermittel für landwirtschaftliche Nutztiere sowie auch Mittel für die Biogasanlage vertrieben. Dabei handelt es sich um ein wichtiges Geschäftsfeld, das gut ins Portfolio der BAG passt. Das wegen der kleinstrukturierten Landwirtschaft insgesamt sehr schwierige Getreidegeschäft will die BAG nicht, wie zunächst von einigen Vertretern angedacht, aufgeben. Dies habe der Aufsichtsrat im Herbst 2018 ausdrücklich bekräftigt und nach der Generalversammlung im vergangenen Jahr wurden hierzu viele Gespräche geführt und Ideen entwickelt, berichtete Amann. Auf der Kippe standen die Getreidelager in Bad Waldsee und Essendorf. Das Jahr 2019 sei umsatz- und ertragsmäßig bislang sehr gut angelaufen, so Bröhm. Die BAG investiere stark in Personal und auch in Sachanlagen, wobei darauf geschaut werde, dass die Erlöse stärker steigen als die Kosten.
Gut geschlagen
Wirtschaftsprüfer Patrick Schmälzle vom Genossenschaftsverband in Stuttgart sprach von einer insgesamt erfreulichen Entwicklung bei der BAG, auch wenn sich die Rohertragsspanne etwas verschlechtert hat, was aber in der gesamten Branche derzeit der Fall sei. Absolut gesehen hat sich der Rohertrag bei der BAG deutlich erhöht. „Hier hat sich die BAG gut geschlagen“, so Schmälzle. Die Vermögenslage sei „geordnet“, die Finanzlage „absolut zufriedenstellend“. Um auch künftig weiter handlungsfähig zu bleiben, sollten die Rücklagen weiter gestärkt werden, empfahl der Prüfer. Weiter lobte es das erzielte Betriebsergebnis, das sich gegenüber dem Vorjahr um 324.000 Euro auf über 1,0 Mio. Euro erhöht hat. Schmälzle berichtete hier von einer Steigerung, die er so derzeit bei vergleichbaren BAGs nicht zusehen bekommt. Damit sei auch die Ertragslage „absolut zufriedenstellend“. Ausdrücklich lobte er die Zusammenarbeit mit den Gremien: „Hier wird über die richtigen Dinge diskutiert.“
Gut aufgestellt
Schmälzles Fazit lautete: Die BAG habe es geschafft, eine zu starke Abhängigkeit von bestimmten Abnehmern durch Diversifikation zu verhindern. Ein Grund zum Ausruhen sei das aber nicht. Künftig warten hier auf die Genossenschaft zum Beispiel im Mineralölbereich Transport und Logistik bei der Umstellung auf E-Mobilität große Herausforderung. Notwendige Erweiterungs- und Instandhaltungsinvestitionen wurden durchgeführt. Insgesamt befände sich die BAG in einer guten Ausgangssituation für die kommenden Jahre.
Paul Linz im Gespräch mit Bernhard Bitterwolf
Paul Linz, von 1992 bis 2016 langjähriger Vorstand der BAG, gilt wie sein Vorgänger Gebhard Bentele (1972 bis 1992 BAG-Direktor) als unermüdlicher Schaffer. Im Ruhestand kümmert sich Linz jetzt vornehmlich ums Haus, um die Familie und um seinen Wald, wie er erzählt. Vom Tagesgeschäft der BAG hat sich Linz nach 25 Jahren im Vorstand bewusst komplett verabschiedet. „Das gilt als gute Sitte.“ Klar sei aber auch, dass er die Entwicklungen der BAG verfolge und im Auge behalte. „Ich freue mich sehr, dass es so positiv weitergeht", so Linz. Nach über 40 Jahren im Dienste einer Genossenschaft sieht Linz den Vorteil dieser Unternehmensform darin, dass hier nicht nur allein finanzielle Interessen im Vordergrund stehen, sondern dass nach wie vor auch die Interessen der Mitglieder eine Rolle spielen. Die Entscheidungsfindungen in den Gremien mögen manchmal etwas kompliziert erscheinen, sie seien aber nachhaltiger, weil sich die Mitglieder einbringen könnten. Das führe dazu, dass der Betrieb bodenständiger und standfester sei und dass weniger falsche Entscheidungen getroffen würden als dies beispielsweise in Großkonzernen der Fall sei.
Mit den Lagerhäusern fing die Erfolgsgeschichte an
Bei einem Streifzug durch die BAG-Geschichte im Rahmen einer Diaschau gab Paul Linz interessante Einblicke in das Unternehmen. Die Gründungsversammlung der Bezug+Absatzgenossenschaft Bad Waldsee (BAG) fand am 5. August 1919 statt. Auf einem Foto mit dem ersten Aufsichtsrat und dem ersten Vorstand der BAG ist auch der Veterinär Dr. Grimm zu erkennen, der die BAG zu Beginn sehr stark geprägt habe. Die Herren damals hätten Weitblick bewiesen und etwas auf die Beine gestellt, von dem man heute noch profitiert. Zu sehen ist auch der Bauplan vom Lagerhaus in Bad Waldsee. Das Baugesuch, so Linz, hatte einen Umfang von rund 10 Seiten. Heute wären das jede Menge Leitz-Ordner an Material. Das Lagerhaus steht auf einem alten Gewölbekeller, der heute immer noch existiert und in dem Most und Äpfel gelagert wurden. Hochgezogen wurde es in nur vier Monaten, ohne Statik, ohne Kranen und ohne weitere technische Hilfsmittel. „Alle Achtung, wie die das damals gemacht haben“, so Linz. Nur zwei Jahre später, 1923, kam die Forderung aus dem "unteren Bezirk" des BAG-Gebietes auch in Essendorf ein Lagerhaus zu bauen. 1927 kam die BAG nach Isny. Das war dann das erste Lagerhaus der BAG Bad Waldsee im Allgäu. Die NS-Zeit habe die BAG vergleichsweise unbeschadet überstanden. Mehr zur BAG-Geschichte finden Sie in einer extra zum Jubiläum herausgebrachten Chronik. Sie kann auf der Homepage heruntergeladen werden http://www.bag-bad-waldsee.de
Starkes Mitarbeiterteam
Bröhm bedankte sich bei seinem Vorgänger Paul Linz für das Geleistete. Das Gleiche gelte auch für die Mitarbeiter, denen er für ihren unermüdlichen Einsatz dankte. Und: „Wir haben eine tolle Führungstruppe, die auch mitdenkt und auch mal Halt sagt", meinte Bröhm. So würden wichtige Entscheidungen gemeinsam getroffen und falls erforderlich auch das eine oder andere Mal revidiert. Durch diesen intensiven Austausch konnte zum Beispiel die bereits angedachte Schließung der Getreideerfassung rechtzeitig gestoppt werden.
Wahlen in die Gremien
Bei den Wahlen zum Aufsichtsrat wurden Josefine Herb (Kempten), Claus Rief (Hochdorf) und Ralf Schiedel (Witzmanns) einstimmig für drei Jahre wiedergewählt. Neu ins Gremium berufen wurde Bernhard Schad (Bad Wurzach).
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