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Agrar-Familie 2019

Allgäuer Milcherzeuger aus Leidenschaft

Braunvieh ist seit Generationen auf dem Allgäu-Hof in Bad Wurzach-Starkenhofen zuhause. In den 1940er-Jahren bewirtschaftete Urgroßvater Alois Müller den Hof, als einer von zwölf Geschwistern, von denen sich die meisten als Hirtenkinder bei anderen Viehhaltern verdingen mussten. Damals standen sieben Milchkühe auf dem Allgäu-Hof. Heute sind es rund 200 Kühe. Diese genetisch besonderen Tiere produzieren eine spezielle Milch, die so genannte A2-Milch. Sie wird auch von Menschen vertragen, die sonst mit Milch eher Probleme haben.
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Die drei Generationen der Familie Müller auf dem Allgäu-Hof geben ein starkes Team ab: Das Bild zeigt (v. r.) die Großeltern Hubert und Barbara Müller sowie Schwiegertochter Andrea Müller und Sohn Michael Müller mit den Kindern Jule und Luca.
Die drei Generationen der Familie Müller auf dem Allgäu-Hof geben ein starkes Team ab: Das Bild zeigt (v. r.) die Großeltern Hubert und Barbara Müller sowie Schwiegertochter Andrea Müller und Sohn Michael Müller mit den Kindern Jule und Luca. Borlinghaus
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Die Idee, sich beim Wettbewerb um die Agrar-Familie 2019 zu bewerben, kam den Müllers ganz spontan: „Wir sind ein klassischer Familienbetrieb und haben nichts zu verstecken“, dachten sich Andrea und Michael Müller, als sie die Ausschreibung in BWagrar gelesen haben. Andrea Müller (39) kam 2009 auf den Allgäu-Hof, nachdem Michael (42) den elterlichen Betrieb übernommen hatte. Mit den beiden Kindern Jule (6) und Luca (8) ist die gelernte Zahnarzthelferin Dreh- und Angelpunkt, wenn es darum geht, den Alltag auf dem Hof zu managen. Ihr Tätigkeitsspektrum reicht von Kindererziehung und Haushalt über Buchhaltung und Mitarbeiterführung bis hin zu Stallarbeiten, Ferienwohnungen und Milchverarbeitung.

Flagge zeigen für eine moderne Landwirtschaft

Durch ihren Einsatz erfüllen die Müllers alle Ansprüche an eine moderne Landwirtschaft und stellen dies auch nach außen dar, beispielsweise durch die Teilnahme an der Gläsernen Produktion. „Das war für meine Frau und mich ein ganz tolles Erlebnis, um das Bild der aktuellen Landwirtschaft aufzuzeigen,“ erzählt Michael Müller. Die aufgeräumte Hofstelle mit modernen Maschinen und liebevoll hergerichteten Gebäuden ist beeindruckend. Umgeben von grünen Wiesen liegt der Hof malerisch eingebettet in der hügeligen Allgäuer Endmoränenlandschaft im Voralpengebiet. Entsprechend zieht es nicht nur Feriengäste auf den Betrieb, es wollen sich auch Praktikanten, Lehrlinge und Mitarbeiter dort einbringen. Im Sommer bieten die Müllers ein Ferienprogramm an, für Kindergärten und Schulen den Lernort Bauernhof. Sogar eine Besuchergruppe aus Japan hat schon den Weg nach Starkenhofen gefunden.

Effizient und ressourcenschonend

„Künftig wollen wir noch energieeffizienter werden, Kosten einsparen und die bestehenden Abläufe weiter optimieren“, sagt Müller. Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft erklärt er so: Mit dem Milchvieh fällt Gülle an und es ist in Gebäuden untergebracht. Die Dachflächen werden für Fotovoltaik in jede Himmelsrichtung genutzt. Der Strombedarf für den Betrieb wird zu 100 Prozent selbst erzeugt. Die Biogasanlage nutzt die anfallende Gülle – rund 25 Kubikmeter pro Tag. Auch hier wird Strom erzeugt und gleichzeitig die Gülle aufgearbeitet, so hat man einen besseren Dünger. Schlechtes Futter kann über die Biogasanlage verwertet werden. Die Wärme fließt zurück in die Stallungen und Gebäude, ins Wohnhaus, die Ferienwohnungen und in die neue Molkerei. Heißes Wasser wird über die Biogasanlage erzeugt. Das wird in der Molkerei benötigt. Die dort hergestellten Milchprodukte, die an Bäckereien oder Eisdielen geliefert werden, sind unverpackt. Sie werden in Tauschgebinde oder Glasflaschen aufbewahrt.

Elterngeneration hilft mit

Die noch rüstigen Eltern Barbara und Hubert Müller helfen tagsüber auf dem Hof, wohnen aber unweit davon in der Gemeinde Seibranz. Hubert Müller (74) hat 1974 mit 30 Jahren den Hof von seinem Vater Alois übernommen. Seine Frau Barbara Müller (64) kommt aus der Gegend von Ludwigsburg. Von ihren vier Söhnen ist Hofnachfolger Michael der älteste. Er ist Landwirtschaftsmeister und gelernter Industriekaufmann. Sein Bruder Manfred hat Landmaschinenmechaniker gelernt, die anderen Brüder Gerd und Günther sind Betriebswirte geworden. Alle leben und arbeiten mit ihren Familien in der Region.

Gute Zuchttiere sind weltweit gesucht

Milch ausfahren, Viehhandel und Viehzucht sind seit jeher Teil des Allgäu-Hofs. Während Hubert Müller noch auf den Zuchtviehmärkten in Bad Waldsee war, schafft es Sohn Michael heute kaum noch auf die Versteigerungen und Schauen, wollte er doch in den vergangenen Jahren die weibliche Nachzucht größtenteils zur Bestandsaufstockung auf dem Betrieb belassen. Die männlichen Kälber werden über einen Viehhändler vermarktet und auf dem Betrieb abgeholt. Vor einigen Jahren verkauften die Müllers gar eine Spitzenkuh nach Saudi-Arabien. Der Käufer kam persönlich auf den Betrieb, um sich das Tier auszusuchen. Auch der Braunvieh Bulle Assay, der heute noch in Besamung bei der Rinderunion ist, stammt vom Allgäu-Hof, erzählt Müller.

Mit Herzblut Unternehmer

Hart traf es die Familie am 27. Oktober 1999, als der erst fünf Jahre alte Laufstall abbrannte. „Eigentlich wollte danach erst keiner mehr weitermachen,“ erzählt Hubert Müller. Es war wohl vornehmlich seine Frau Barbara, die nach dem verheerenden Brand den Mut und die Kraft aufbrachte, trotz aller Schwierigkeiten nicht aufzugeben. Damit der Betrieb heute rundläuft, muss es Michael Müller krachen lassen. Kein Wunder, dass sein Handy am laufenden Band piepst, wenn die Biogasanlage oder einer der Melkroboter auf Störung gehen, wenn sich ein Kunde meldet, der am Milchautomaten nicht weiterkommt. Um das alles zu schaffen, hat sich Müller ständig weitergebildet, hat Kurse besucht zum Klauen schneiden, zur Eigenbestandsbesamung, fürs unternehmerische Denken und vieles mehr.

Die Milch kommt gut an

Bei den Seminaren hat er Kontakte knüpfen können, meint Müller, und erzählt, dass er dort unter anderen auch einen Rewe-Einkäufer kennenlernte: „Eine Woche später sind wir Regionalpartner von Rewe geworden. Das war natürlich super.“ 2016 haben die Müllers ihre kleine Molkerei gebaut, eine Milchhütte errichtet und mit der Automatenmilch angefangen. Mittlerweile unterhält Müller zwölf Milchautomaten im Umkreis von 50 Kilometern. Jüngst hat er von einem Kollegen zwei Automaten übernehmen können. Seit Jahresbeginn gibt es die 100-prozentige A2-Milch im Supermarkt. Gelistet ist er in Rewe- und Edeka-Märkten sowie bei Kaufland.

Jede Menge Pläne für die Zukunft

Neben der A2-Trinkmilch gibt es den „Wachbühler“, einen würzigen Bergkäse. Beim Biogas denkt Müller darüber nach, noch flexiblere Leistungen anbieten zu können. Im Raum stehen auch Überlegungen, eine Heu- oder Hackschnitzeltrocknung aufzubauen. Was immer die Müllers als Nächstes anpacken werden, verbiegen lassen wollen sie sich nicht. „Wir werden unserer Linie treu bleiben. Bei uns ist das das Braunvieh und die A2-Urmilch“, sagt Müller.

Betriebsspiegel

Der Allgäu-Hof, seit 1750 im Familienbesitz, liegt freistehend auf 750 m Höhe am Fuße des hohen „Wachbühls“ unweit von Bad Wurzach im Landkreis Ravensburg. In der rund 270-jährigen Geschichte wurde der Betrieb über viele Generationen weiterentwickelt. Heute werden rund 200 Hektar bewirtschaftet, es gibt circa 200 Braunviehkühe und ein Teil der Milch wird in der eigenen Hofmolkerei verarbeitet und in der Region verkauft. Die Dachflächen der Gebäude sind mit Fotovoltaikanlagen ausgestattet, Herzstück ist eine Biogasanlage zur Strom- und Wärmegewinnung und zur Aufbereitung der Gülle. Die verschiedenen Geschäftsfelder einschließlich Ferienwohnungen sind zu einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft miteinander verzahnt. Besonders artgerechte Tierhaltung und eine hochwertige Rohmilch sind oberstes Ziel.

Mehr unter https://allgaeu-hof.de/

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