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Schlachthof Gärtringen

Vorübergehend geschlossen - Betreiber antwortet

Das Landratsamt Böblingen schließt den Schlachthof in Gärtringen ab dem 7. September vorübergehend. Der Betreiber antwortet, die Schließung sei ohne Not veranlasst worden.
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Die Verfügung werde erst wieder aufgehoben, wenn der Betreiber ein schlüssiges Gesamtkonzept vorlegt, in dem klar dargelegt ist, wie künftig tierschutzgerechtes Agieren sichergestellt wird. Das betrifft beispielsweise bauliche Maßnahmen, personelle Aufstockungen und Qualifizierungen, heißt es in einer Pressemitteilung des Landratsamts vom Donnerstag, 3. September. 

Das Landratsamt habe seit Bekanntwerden der Vorwürfe (Anfang August, Anm. d. Red.) durch verdoppelten Personaleinsatz die lückenlose Überwachung einer tierschutzgerechten Schlachtung sichergestellt. Die Einhaltung tierschutzrechtlicher Bestimmungen sei allerdings zuvorderst Aufgabe des Schlachthofbetreibers. Da dieser entsprechend verfügte Maßnahmen bisher unzureichend umgesetzt habe, sei es geboten, den weiteren Schlachtbetrieb vorläufig zu untersagen.

Landrat Roland Bernhard: „Wir haben uns diese Entscheidung nicht einfach gemacht, sie bietet aber die Chance für einen Neustart. Wir wissen um die wichtige Bedeutung des Schlachthofes für die Landwirte und Metzger in der Region und wir sind gerne bereit, einen Neubeginn konstruktiv zu unterstützen. Aber zum Wohl der Tiere müssen wir nun so handeln. Wir hoffen auf konzeptionelle Vorschläge des Betreibers, um ein regionales Angebot für Landwirtschaft und Metzgereien im Kreis Böblingen zu halten. Die tierschutzrechtlichen Anforderungen müssen dabei erfüllt sein.“

Die Antwort des Schlachthofbetreibers

Die Betreiberin des Gärtringer Schlachthofs, die Schlachthof e. G. Landkreis Böblingen, antwortet am Freitag, 4. September, mit einer eigenen Pressemitteilung: Darin heißt es, die Anordnung von Landrat Bernhard erfolgte aus Sicht der Schlachthofgenossenschaft ohne Not, oder eine aktuelle Notwendigkeit bezüglich des Tierschutzes. Die Verantwortlichen des Schlachthofs hätten zwischenzeitlich weitere kurzfristige Maßnahmen eingeleitet und umgesetzt. Bauliche Veränderungen zur Verbesserung des Tierschutzes im Gärtringer Schlachthof seien bereits seit längerer Zeit in der detaillierten Planung.

60 Metzgereien und Direktvermarkter betroffen

Aufgrund der Verfügung wurden am Abend des 3. September alle Nutzer des Gärtringer Schlachthofes darüber informiert, dass die Genossenschaft vorübergehend ab Montag nicht mehr schlachten darf. Da die betroffenen Metzgereien und Direktvermarkter ihre Kunden wie bisher mit guten Fleisch- und Wurstwaren versorgen möchten, sind sie gezwungen, sich sofort nach alternativen Schlachtmöglichkeiten umzusehen. Diese seien in der näheren Region nicht mehr vorhanden. Betroffen sind rund 60 Metzgereien und Direktvermarkter und etwa die gleiche Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe. Aktuell klären die Landwirte in Abstimmung mit ihren Metzgern, wohin sie ihr Schlachtvieh in Zukunft bringen können. Ein großer Teil der Tiere wird überregional vermarktet werden müssen.

Bestand des Schlachthofs gefährdet?

Wenn die Metzgereien und Landwirte eine Anschlusslösung für die momentane Notsituation gefunden haben, werde es mehr als schwer sein, wenn nicht gar unmöglich, sie an den Schlachthof nach Gärtringen zurückzuholen, fürchtet die Schlachthofgenossenschaft. Selbst wenn ein für den Landrat stimmiges Gesamtkonzept von der Schlachthof eG vorgelegt und die Freigabe zur Wiederaufnahme der Schlachtung erfolgen würde. Die endgültigen Auswirkungen seien nicht abzusehen. 

Die Schlachthofgenossenschaft geht in ihrer Pressemitteilung auch auf die Zeit seit dem Auffinden der Tierschützer-Kameras Ende Juli ein und wirft dem Landrat vor, die bisherigen Bemühungen nicht wahrgenommen zu haben:

Nach dem Auffinden der Kameras (am 29. Juli, Red.) informierte die Schlachthof eG nach eigenen Angaben sofort alle beteiligten Behörden. "Wir hatten keine Gelegenheit, mit Herrn Landrat Bernhard bis gestern Nachmittag (3. September, Red.) ein persönliches Gespräch zu führen und ihn aus erster Hand zu informieren", schreiben die Verantwortlichen. Ihre  Sichtweise sei in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt worden, auch nicht die Konsequenzen dieser Maßnahme für Verbraucher, Direktvermarkter, Metzger und Landwirte.

Näheres zu den einzelnen Grundaussagen beschreibt die Schlachthofgenossenschaft so: Seit Anfang August ist ein zusätzlicher Veterinär der Kontrollbehörden bei allen Schlachtungen vor Ort. Dieser Veterinär ist für die Überwachung aller tierschutzrelevanten Sachverhalte zuständig. Die Schlachthofgenossenschaft erhält nach eigenen Angaben seit vier Wochen auf Rückfragen "das gute Signal", dass es aktuell keine tierschutzrelevanten Vorkommnisse gab. Deshalb ist die Genossenschaft der Meinung, dass bezüglich des aktuellen Schlachtablaufes keine Gefahr für den Tierschutz bei der Schlachtung bestand.

Die Genossenschaft beklagt, dass ihre Stellungnahmen in den überregionalen Medien nicht ausreichend dargestellt wurde. Die regionalen Medien seien davon ausgenommen. Dadurch entstand überregional und in den digitalen Medien eine Vorverurteilung der direkt Betroffenen vor Ort (Veterinäre und Schlachthofpersonal) und aller Verantwortlichen die im Hintergrund für die bisherige Philosophie der Schlachthof eG verantwortlich waren.

Die Schlachthofgenossenschaft geht deshalb weiter davon aus, dass es sich bei den gezeigten Bildern um Ausnahmesituationen handelt. Diese Bilder sind für die Schlachthofverantwortlichen "natürlich in keinster Weise tragbar und dürfen nicht sein". Der Vorstand sowie der Aufsichtsrat der Schlachthof eG hat bereits in seiner letzten Aufsichtsratssitzung folgende Entscheidungen getroffen: 

  • Personelle Veränderungen im Zutriebsbereich der Schlachttiere (andere Personen, neu geschult, neu eingewiesen); Verringerung der Bandgeschwindigkeit des Schlachtbandes bei gleichem Personalbesatz um 20 Prozent – dadurch weniger Hektik und mehr Ruhe im Schlachtablauf
  • Zutrieb zu den Betäubungsfallen generell in kleineren Gruppen – dadurch Vermeidung von Verkeilungsvorgängen in den Treibgängen
  • Anpassung der Betäubungsfalle für Schweine – dadurch Vermeidung des Ausstiegs des Tieres nach oben
  • Sofern möglich: kurzfristige Installation eines Kameraüberwachungssystems in allen Bereichen, in denen das Auftreten von Tierschutzproblemen möglich ist
  • Auftrieb der Schlachtschweine zur Montagschlachtung erfolgt ab sofort am Sonntagmorgen zwischen 7.00 Uhr und 9.00 Uhr,  die Umsetzung erfolgt ab dem 6. September 2020 - ist jetzt aber hinfällig.
  • Installation einer neuen Betäubungsanlage für Schlachtschweine bei der alle aktuellen gesetzlichen Vorgaben umgesetzt sind.

All diese Punkte wurden bis zum Termin mit Landrat Bernhard am gestrigen Donnerstag (3. September) bereits umgesetzt und dies wurde ihm auch so berichtet, teilt die Schlachthofgenossenschaft mit. Zusätzlich wurden in dem Termin die konkreten baulichen Planungen im Detail angesprochen.

 

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