Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
KraichgauKorn

Ein Grund zum Feiern

Seit dreißig Jahren bauen die Landwirte der Marktgemeinschaft KraichgauKorn Getreide ohne chemischen Pflanzenschutz an und vermarkten es an Mühlenbetriebe und Bäcker. Neben der regionalen Vermarktung ist die Biodiversität ein Verkaufsargument. Mitte September wurde das Jubiläum im kleinen Rahmen gefeiert.
Veröffentlicht am
/ Artikel kommentieren
Alle Flächen, auf denen Getreide für KraichgauKorn wächst, sind beschildert. Auf den neuesten Schildern wird das Thema Artenvielfalt nach vorne gestellt.
Alle Flächen, auf denen Getreide für KraichgauKorn wächst, sind beschildert. Auf den neuesten Schildern wird das Thema Artenvielfalt nach vorne gestellt.Brammert-Schröder
Artikel teilen:

Als hätten die Gründungsväter der Marktgemeinschaft gewusst, dass das Thema Biodiversität heute aktueller ist denn je: Sie haben bereits 1990 festgelegt, dass das Getreide für KraichgauKorn ohne den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln produziert werden soll. Heute ist das „System KraichgauKorn“ auch Vorbild für andere Regionen. Mitte September wurde das dreißigjährige Jubiläum im kleinen Rahmen auf dem Moserhof von Familie Moser in Waibstadt im Rhein-Neckar-Kreis gefeiert.

Wasserschutz stand am Anfang

Gründungsmitglied Holger Söhner blickte auf die Anfänge zurück: „Die Idee ist beim Kirchlichen Dienst auf dem Lande entstanden. Wir überlegten, was und wie wir trotz der neuen Vorgaben produzieren können.“ Damals wurde in Baden-Württemberg die Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (SchALVO) und damit etliche Wasserschutzgebiete mit Auflagen bei der Düngung eingeführt, die Partei der Grünen wurde gegründet – der Wind für die Landwirtschaft wehte auf einmal aus einer anderen Richtung.

„Mit dem Wasserschutzgebiet im Hintergrund überlegten wir, dass die Bäcker dennoch gutes, qualitativ hochwertiges Getreide brauchen“, erinnert sich Söhner. Die 15 Landwirte der ersten Stunde beschlossen, E-Weizen anzubauen und legten dabei fest, dass alle Erzeuger im Getreide auf chemischen Pflanzenschutz verzichten, einen Blühstreifen zum Nachbarschlag anlegen, um Adrift zu vermeiden und eine möglichst vielfältige Fruchtfolge einhalten. Eine Getreidemühle wurde als Partner gewonnen. Gestartet wurde mit 50 ha Weizen und 10 ha Roggen.

Heute gehören 47 landwirtschaftliche Familienbetriebe mit ganz unterschiedlichen Betriebsschwerpunkten zur Marktgemeinschaft KraichgauKorn. Sie erzeugen auf rund 1000 ha Winterweizen, 250 ha Roggen, 270 ha Dinkel, 30 ha Einkorn und 20 ha Emmer. Zwei Mühlen verarbeiten das Getreide, 40 Bäcker und einige Hofläden gehören zu den Abnehmern des Mehls. Die Landwirte erzielen für das Getreide höhere Preise als am Markt üblich. „Heute sind die Richtlinien nahezu unverändert“, sagte Söhner nicht ohne Stolz. „Wir produzieren garantiert ohne Pflanzenschutz.“ Und das mit Brief und Siegel.

Gerhard Risser, vereidigter landwirtschaftlicher Sachverständiger, nimmt bei jedem Landwirt der Marktgemeinschaft bereits vor der Ernte Proben der jeweiligen Getreidearten. „Sie sind bisher immer ohne Rückstände von Pflanzenschutzmitteln gewesen“, sagte Risser, der diese Aufgabe seit 2002 übernimmt. Die Sortenwahl ist beim Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz besonders wichtig. Es kommen Sorten mit guten Resistenzen gegen Blattkrankheiten zum Einsatz, die auch in eigenen Versuchen getestet werden.

Beitrag zur Artenvielfalt

Der Beitrag zur Artenvielfalt ist für die beteiligten Landwirte mindestens so wichtig wie der Aspekt der regionalen Erzeugung. Statt Herbiziden kommt auf den Flächen der Striegel zum Einsatz. „Wir Landwirte haben mit der Zeit viel darüber gelernt, welchen Beitrag die Beikräuter für die Biodiversität leisten“, bekannte KraichgauKorn-Erzeuger Jürgen Schell. Er beteiligt sich an vielen Biodiversitätsmaßnahmen, hat beispielsweise die weite Saatreihe in seinen Getreidebeständen ausprobiert und ist begeistert über die Artenvielfalt der Wildkräuter auf seinen Flächen. Schell versucht, typische Pflanzen auf seinen Flächen zu etablieren, indem er Samen, etwa vom Ackerrittersporn, abnimmt und bei der Getreideaussaat mit in die Drillmaschine gibt.

Wie wichtig Ackerwildkräuter für die Insekten sind, erläuterte der Wildkrautexperte Tobias Lepp. Ackerwildkräuter wie Kornblume, Klatschmohn oder Kamille sind für viele Insekten eine unersetzliche Nahrungsgrundlage. „Pro Ackerwildkrautart gibt es mindestens zehn spezialisierte Insektenarten“, sagte Lepp. Das mache deutlich, warum der Artenschwund im Lebensraum Acker so groß sei. Viele einst massenhaften Arten stünden heute auf der Roten Liste. „Der Ackerbau muss Hand in Hand mit dem Schutz der Wildkräuter gehen“, forderte er. „Die Erzeuger bei KraichgauKorn leisten einen großen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt. Auf ihren Flächen finden wir viele Rote Liste-Arten.“

Vermarktung erweitern

Das Konzept von KraichgauKorn ist heute aktueller denn je, der Artenschutz wird in Landes- und Bundesgesetzen verankert. Die Landwirte zeigen, dass Natur- und Umweltschutz mit der Erzeugung von Brotgetreide Hand in Hand gehen kann. „Wir arbeiten mit statt gegen die Natur und sehen sie als Partner“, sagte Xenia Ratzel. Die junge Landwirtin engagiert sich wie ihr Kollege Tobias Holstein dafür, die Vermarktungsstrukturen zu erweitern. Künftig soll der Absatz von Mehl und Backmischungen im Lebensmitteleinzelhandel ausgebaut werden. Auch ein Onlineshop wurde eingerichtet.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.