Investitionen in Holzprodukte von morgen
Beim vom Agrarministerium initiierten Onlineforum Holzmarkt am 22. Juli ging es um die Situation der Forst- und Holzwirtschaft in Baden-Württemberg, um die Holzbau-Offensive BW sowie um Holz als Rohstoff für innovatives Bauen und Wohnen. Einblicke gab es von Vertreterinnen und Vertretern der Fachpresse, der Wissenschaft, des Holzbau- und Zimmerergewerbes sowie der Holzindustrie. Die Impulsvorträge lieferten Agrarminister Peter Hauk und Bauministerin Nicole Razavi. Das Grußwort sprach Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Die Gesprächsleitung hatte Isabel Kling, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im MLR.
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"Wir brauchen ein Zusammenwirken aller Akteure. Jetzt!“, appellierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Schnittholz, Sperrholz und veredelte Produkte sind knapp. Rundholz als Kalamitätsholz gibt es genug. Dabei haben sich die Lieferzeiten für Bauholz auf mehrere Wochen verlängert, bei gleichzeitig explodierenden Preisen. Konstruktions-Vollholz kostet 83 Prozent mehr als vor einem Jahr, Dachlatten plus 46 Prozent und Bauholz 38 Prozent mehr, zeitweise kam es sogar zu Mehrfachbestellungen und zu Hamsterkäufen. „Solche Preissprünge gab es selten zuvor“, so Kretschmann. Betroffen von den Preissteigerungen bei Holz aber auch bei anderen Baumaterialen zeigte sich Bauministerin Nicole Razavi. Das Bereitstellen von genügend bezahlbarem Wohnraum werde vor durch die Teuerung immer schwerer. Razavi betonte, dass auch der Bausektor seinen Betrag zur Klimaneutralität erbringen muss.
Im Holz werden große Potenziale gesehen
Holz gilt als wichtiger Baustein, um den Klimawandel zu bekämpfen. Ein Einfamlienhaus aus Holz zum Beispiel bindet 100 Tonnen Co2. Solche Potenziale müssten noch besser ausgeschöpft werden. Mit der Holzbauoffensive BW möchte man bis 2023 rund 37 Millionen Euro in Innovationen investieren. Mit Blick auf den Klimawandel sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk: „Wir müssen gemeinsam nach Lösungen suchen, um einen gesellschaftlichen Beitrag zur Dekarbonisierung der Wirtschaft zu leisten.“ Und: „Mit Holz können wir uns aus der Klimakrise herausbauen."
Gründe für die Verknappung des Rohstoffes
Als Gründe für die Engpässe wurde der Bauboom, der Heimwerkerboom während Corona sowie eine hohe Nachfrage für Holz aus den USA genannt. Allein 2020 wurden rund sechs Millionen Festmeter Rundholz nach China exportiert. Und während bei uns die Rundholzpreise noch unter 30 Euro lagen, sind sie in den USA bereits gestiegen, von rund 240 Euro im Juni 2020 bis auf einen Höchststand von 870 Euro im Mai 2021. Heute, Ende Juli, sind die Preise bereits wieder um zwei Drittel auf nur noch 300 Euro zurückgefallen, wie Gerd Ebner, Chefredakteur des Holzkuriers von holzkurier.com aus Österreich berichtete.
Preisgipfel überschritten
Beim Rundholz hierzulande liegen die Preiserwartungen bei etwa 130 Euro pro Festmeter frei Werk. Ebner geht davon aus, dass der Preisgipfel beim Holz insgesamt bereits überschritten wurde. „Die dynamische Aufwärtsentwicklung ist vorbei. In den meisten Segmenten wird es im vierten Quartal zu einem Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage kommen“, so Ebner. Seiner Einschätzung dürfte es künftig aber weiterhin einen Verkäufermarkt für Rundholz und auch bei Schnittholz und auch bei Leimholz geben.
Betriebe wurden vom Engpass überrascht
Thomas Bopp, Geschäftsführer der Firma Holzbau Hennrich aus Billigheim-Sulzbach, bestätigte, dass der Preisdruck im Massivholzbereich bereits wieder etwas nachlässt. Dennoch seien die Preise noch hoch, wobei wenigstens die Verfügbarkeit langsam wieder besser werde. Weichfaserplatten oder OSB-Platten seien aber nach wie vor schwer zu beschaffen. Getroffen von den Preissteigerungen wurde die komplette Lieferkette und das ohne Vorwarnung. Viele Kollegen hätten ihre Holzbestellungen wieder abbestellt und auch LKW-Ladungen wegen der hohen Preise nicht angenommen. Holzbau Hennrich gibt es seit über 200 Jahren, aber Zeiten wie diese habe man noch nicht erlebt. Viele Bauherren verschieben ihre Vorhaben oder ziehen ganz zurück, angesichts des Preisgefüges. Grund genug, darüber nachzudenken, wie man sich künftig auf solche Preisschwankungen besser vorbereiten kann.
Sägewerke investieren kräftig und wollen sich Rohstoff sichern
Gerd Ebner berichtete von Investitionen in neue Projekte zur Weiterverarbeitung wie Brett- Sperrholzproduktionen oder Holzfaserplattenwerke, ein Trend den auch die Firmenvertreter bestätigen konnten. So kämen insgesamt fünf Millionen Festmeter Holzbedarf hinzu. In den ersten fünf Monaten 2021 haben die Sägewerke ihre Kapazitäten um 15 Prozent gesteigert, berichete Manuel Echtle, Gesellschafter HolzBauWerk Schwarzwald. Laut Echtle liege der Holzanteil im Haus- und Wohnungsbau bei 33 Prozent. „Traumzahlen, die man sich so vor fünf Jahren nicht hätte vorstellen können“, so Echtle. Und: „Wir müssen schauen, dass wir Kamalitätsholz besser verwenden, mit mehr Innovationen und mehr Produktentwicklungen.“
Regional und nachhaltig
„Alles, was der Baum hergibt“, lautet das Motto bei best wood Schneider in Eberhardzell. Andreas Schilling, Einkaufsleiter der 110 Jahre alten Firma, machte deutlich, dass das Rundholz aus der Region stammt und an den Standorten in Eberhardzell und Meßkirch sowie in der Schweiz ressourcenschonend verarbeitet wird. Beliefert werden vornehmlich Zimmerei Betriebe in Süddeutschland. In Eberhardzell werden unter anderen 220.000 Kubikmeter Holzprodukte wie Konstruktionsvollholz und Leimholz, 220.000 Kubikmeter Dämmstoffe und 120.000 Kubikmeter werden eingeschlagen. Auch in Meßkirch gibt es auch ein Sägewerk, ein Biomasseheizkraftwerk (Hackschnitzel und Dämmstoffplatten), ein Pelletwerk, das mit Sägemehl und Hobelspäne gespeist wird sowie die komplette CLT-Produktion für den modernen Holzbau. Neben Schnittholz mit Deckensystemen, Wandholz, verschiedenen Dämmsystemen werden also auch Hackschnitzel und Pellets hergestellt. Zur optimalen Rohstoffversorgung forderte er genügend Nasslager in den Landkreisen. Noch sei die Fichte unverzichtbar, weshalb aus seiner Sicht Nadelbäume weiterhin angepflanzt werden sollten. Den internationalen Handel sieht er kritisch - wenn Holzüberschüsse durch Sturm oder Käfer billig ins Ausland verkauft werden oder bei Bedarf wiedereingeführt werden müssen. „Die Versorgungsschwankungen gilt es mit den richtigen Instrumenten auszugleichen“, so Schilling. Er forderte mehr Geld für Forschung und Entwicklung wie in die Verarbeitung von Laubholz.
Holzbau-Offensive in Baden-Württemberg
Reinhold Müller, Geschäftsführer der Firma müllerblaustein HolzBauWerke GmbH, möchte die Digitalisierung und die Robotik im Holzbau voranbringen. Das Unternehmen aus Blaustein ist führend für den Ingenieurholzbau im Süddeutschen Raum. Dabei geht es darum, für die Fertigung Abläufe und Planungen im Team mit den Projektpartnern wie Architekten und Konstruktionsbüros zu optimieren. Immer mehr Teile werden in den Produktionshallen vorgefertigt. Das erhöht die Qualität und senkt die Kosten. Komplette Häuser werden vorgefertigt. Müller stellte verschiedene Bauprojekte vor, unter anderen ein sieben Stockwerk hohes Holzhaus in München oder eine Schule in Frankfurt. Bei den laufenden Projekten gab es jetzt massive Probleme angesichts der Preisexplosion. Bei einem großen Projekt in Pforzheim wurde teilweise von Holz auf Beton umgestellt, weil sich der Holzbau nicht mehr rechnete. „Das ist der Anfang vom Ende“, mahnte Müller. Seit Januar habe man sich mit einem Rohbauer als Partner zusammengetan, um im Holzsystembau als Generalunternehmer große Projekte besser umsetzen zu können – von der Idee bis zur Schlüsselübergabe. Es gibt hier nicht nur reine Holzgebäude, sondern auch Hybridgebäude aus Stahl- und Betonkonstruktionen, für die nur die Außenhülle aus Holz ist. So können große Gebäude in nur vier Wochen aufgestellt werden. Holzmodule seien gerade auch interessant für den sozialen Wohnungsbau, für Studentenwohnheime oder Containerbauten für Asylunterkünfte. „Um den Holzbau voranzubringen, müssen wir möglichst früh in die Planung mit einzusteigen,“ so Müller. Durch die hohen Preise würden sich viele Bauherren und Investoren vom Holz abwenden. „Was wir in 30 Jahren mühsam aufgebaut haben, machen wir jetzt in drei Monaten kaputt“, warnte Müller. Für die Objektbauer kommt erschwerend hinzu, dass sie die maßgeschneiderten Module nicht auf Lager produzieren, sondern die Teile nur projektbezogen fertigen können.
Förderung für die Bauwirtschaft
Einen "Holz-Euro" für jedes verbautes Kilogramm Holz vom Staat hält Hauk für problematisch, weil es sich hier aus seiner Sicht um eine Zwangsabgabe handeln könnte, die wettbewerbsrechlich nicht erlaubt sei. Prof. Dr. Annette Hafner von der Ruhr-Universität Bochum hingegen stufte so eine Förderung nicht als Zwangsabgabe ein. Eine Förderung für jedes Kilogramm gespeicherten Kohlenstoff im Bauwerk, wie sie zum Beispiel von der Stadt München bereitstellt werde, sei laut Hafner vielversprechend. Nach dem Motto: Wer mehr Kohlenstoff speichert, bekommt mehr Förderung. Schließlich sollen die Gebäude klimaneutral werden und dabei müsste Holz eine wichtige Rolle spielen. Das Bauen mit Holz habe den Vorteil, dass die Herstellung weniger energieintensiv sei als im Zementsektor. Und es findet eine Kohlenstoffspeicherung statt, solange wie das Gebäude bestehen bleibt. Für Hafner gehört auch dazu, daran zu denken, was mit den Materialien passiert, wenn die Gebäude rückgebaut werden. Und: "Der Rohstoff muss aus heimischen Wäldern kommen", forderte die Wissenschaftlerin.
Hilfen von der L-Bank
Wer soll die Holzbau-Offensive umsetzen, wenn dieses Jahr 10 bis 20 Prozent der Holzbauunternehmen ihren Betrieb schließen mussten, weil sie die Holzpreise nicht verkrafteten, so ein Statment in der Diskussion. "Da war keiner drauf vorbereitet", antwortete der Minister. Deshalb gebe es Liquditätshilfen, um diese schwierige Zeit zu überbrücken. Holz sei ein globales Produkt, mit entsprechenden Preisschwankungen. Dies müsse man in den Vertragsgestaltungen künftig besser berücksichtigen, hieß es. Die wirtschaftlichen Perspektiven insgesamt seien gut. "Wir haben keine Fundamentalkrise sondern 'nur' eine Liquditätskrise", meinte Hauk.
Projektplanungen
Gebäudehallen, Bürogebäude, mehrgeschossige Wohnhäuser und Reithallen: Solche Bauten plant und errichtet die Firma Schlosser Holzbau in Jagstzell. Das berichtete Geschäftsführerin Marlen Schlosser. Die Firma biete Fachplanungen für Ingenieurholzbau, Projektentwicklung, Planung, Kalkulation, Fertigung, Vormontage und die Montage auf der Baustelle. Geforscht werde auch nach neuen Materialen aus verschiedenen Holzarten und auch die Robotik sei ein großes Thema für die Zukunft der Branche. Für Marlen Schlosser sind das Einhalten des Pariser Klimaabkommens und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum wichtige Ziele, denen die Firma mit ihren Baupartnern und Kunden gerecht werden möchte.
Laubholzverwertung soll verbessert werden
Wohin sollen die Forstbetriebe das Laubholz verkaufen?, war eine Frage, die zur Diskussion stand. Derzeit würden in erster Linie nur Nadelhölzer verarbeitet und das müsse sich künftig ändern, hieß es. Außer bei der Eiche ließe sich das Laubholz bislang nur schwer absetzen. Buchenrundholz werde nach Asien exportiert, ebenso Schnittholz. Laut Minister Hauk müsse sich die Wertschöpfung bei der Laubholzverarbeitung verbessern. Bei der Buche gebe es bereits erste Fortschritte. Und mit Carbonfasern aus Holz wolle man demnächst in die Serienproduktion einsteigen. Ziel müsse es sein, die Wertschätzungstiefe beim Schnittholz zu erhöhen. Hierfür liege die Verantwortung bei den Akteuren des Clusters Forst & Holz. Dieses Cluster müsse gemeinsam intensiv nach Lösungen suchen, um einen gesamtgesellschaftlichen Beitrag zur notwendigen Dekarbonisierung der Wirtschaft zu leisten.
Endlich faire Preise für Rundholz in Aussicht
Dass im Land jede Menge Privatwaldbesitzer in den letzten Jahren einen großte Teil ihres Waldvermögens verloren haben, wurde in der Diskussion deutlich. Denn mit erntekostenfreien Holzerlösen von einem bis fünf Euro je Festmeter für eine hundertjährige Waldproduktion könne kein Waldbesitzer wirtschaflich überleben. Viele Waldbesitzer hätten resigniert und keine Motivation mehr ihre vom Käfer befallenen Bestände wieder als Wirtschaftswald mit Mischbaumarten neu zu begründen. Das müsse sich ändern. Rundholz müsse wieder einen fairen Preis bekommen – auch ohne Förderung. Nur dann mache Forstwirtschaft wieder Sinn. Der Minister betonte, dass Waldbesitzer auskömmliche Preise dringend benötigen. Umso wichtiger sei es, extreme Preisschwankungen wie in jüngster Vergangenheit künftig besser abzufedern.
Nasslager gegen Preisschwankungen
Ein Instrument, diese Preischwankungen gerade beim Schnittholz zu verringern, sei eine bessere Lagerhaltung. „Wir werden die Lagerhaltung auch fürs Rundholz nochmals forcieren müssen. Kurzfristig wurden Nasslager aktiviert in einer Größenordnung von knapp einer Millionen Festmeter. Diese Kapazitäten will man in den nächsten Jahren verdoppeln", kündigte Hauk an. Schwieriger sei es, genügend Arbeitskräfte für den Wald zu bekommen. „Wir wurden von der Käfersituation regelrecht überrollt“, so Hauk. Selbst wenn man gewollte hätte, hätte man nicht mehr Holz einschlagen können, weil es an Manpower fehlte. Gerade beim Käferholz müssten die Vorhersagen verbessert werden. Eine Verpflichtung zur Wiederbewaldung allerdings lehnt der Minister ab. Das nachhaltige Bewirtschaften der Wälder schließe diese Pflicht heute schon mit ein. Dazu brauche es keine neuen Gesetze.
Mehr Info unter https://www.holzbauoffensivebw.de/de
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