Mit Festpreismodell erfolgreich
Seit April 2019 können sich die über 800 Milcherzeuger der Hohenloher Molkerei über die Warenterminbörse EEX einmal im Monat Festpreise absichern. Ihre Erfahrungen mit dem börsenbasierten Festpreismodell gab die Molkerei am 22. Februar in einem Online-Webinar weiter.
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Im Jahr 2020 hatte er 180.000 kg seiner Milch abgesichert und einen Mehrerlös von 1900 Euro erzielt. Im Jahr 2021 waren es 84.000 kg und ein Minus von 1100 Euro: Das sind die Erfahrungen, die Ralf Klenk, der Aufsichtsratsvorsitzende der Hohenloher Molkerei, mit dem Absicherungsmodell selbst gesammelt hat. Für 2022 hat er bis dato 137.000 kg abgesichert, zu dem „schönen Preis” von 48,30 Cent pro kg. „Da kann man aus heutiger Sicht nicht viel falsch machen”, findet Klenk und ist froh, dass seine Molkerei diesen Service zur Preisabsicherung anbietet.
Planungssicherheit steht an erster Stelle
Ralf Klenk verrät, dass er beim Absichern nur allzu gerne einen besseren Preis erzielen würde, als ihn die Molkerei ausbezahlen kann. Und er sagt auch: „So darf man eigentlich gar nicht denken.” Denn bei der Absicherung gehe es nicht darum, den höchsten Preis mitzunehmen, sondern den Ertrag abzusichern. Das sei ein gutes Gefühl. Wichtig sei, dass man den Markt beobachtet und auch zufrieden ist, mit dem abgesicherten Preis, selbst wenn die eigene Molkerei mehr ausbezahlt. Sein Credo lautet: "Einfach anmelden, ausprobieren und die Milchpreise selbst mitgestalten". Der Zeitpunkt in diesen Wochen, wenn die Bulkpreise für freie Milch, für Butter und Magermilchpulver, durch die Decke gehen, könnte nicht besser sein. Durch eine knappe Rohstoffversorgung an den Milchmärkten, verbunden mit einer hohen Drittlandsnachfrage, sind die Preise an der Warenterminbörse EEX Leipzig stark angestiegen. Der Kieler Rohstoffwert Milch des ife Instituts, der aus den Marktpreisen für Butter und Magermilchpulver ermittelt wird, hat ebenfalls Höchststände erreicht.
Starke Teamleistung
Professor Dr. Holger Thiele vom ife-Institut in Kiel, der im Auftrag der Hohenloher Molkerei die Festpreise für bis zu zwölf Monate im Voraus berechnet, kann das nur bestätigen. Gefragt seien Planungssicherheit und keine Höchstpreise. Und genau das lässt sich über das Festpreismodell erreichen. Bereits seit 2007 würden die Preisschwankungen am Milchmarkt und damit auch die Risiken zunehmen, beobachtet Thiele. Ein Trend, der in den vergangenen Monaten weiter zugenommen habe. Thiele lobte die Hohenloher Molkerei für ihre Innovationskraft, in dem sie es geschafft habe, als einzige Molkerei in Süddeutschland so eine Milchpreisabsicherung über die Warenterminbörse für ihre Mitglieder auf die Beine zu stellen. Diese von vielen Marktexperten und auch vom Bauernverband schon seit Jahren geforderte Form der Risikoabsicherung habe die Molkerei erfolgreich umgesetzt, denn die Handhabung und Abwicklung würde funktionieren und auch gut angenommen. "Was Sie hier geleistet haben, ist vorbildlich", so Thiele.
So wird der Festpreis berechnet
Abgeleitet wird der Festpreis vom Kieler Börsenmilchwert für Butter und Magermilchpulver. Zur Berechnung fließen der tatsächliche Verkaufkurs an der Leipziger EEX (dieser kann deutlich von dem letzten Settlementkurs abweichen) und der Preisunterschied zum Milchpreis der eigenen Molkerei mit ein. "Wir korrigieren den Börsenmilchwert um die Basis. Die Differenz kann bis zu drei, vier Cent oder auch fünf darüber liegen", so Thiele. Einberechnet werden auch die Kosten für die Absicherung. Sie belaufen sich auf etwa 0,5 Cent pro kg, manchmal auch nur 0,4 Cent, maximal bis 0,8 Cent. "Hier geht es um die Sicherheitsleistung, die die Molkerei vorfinanziert", so Thiele. Qualitäts- und Mengenzuschläge der Molkerei kommen auf den Festpreis noch obendrauf. Sonder- und Nachzahlungen der Molkerei bleiben jedoch unberücksichtigt, weil sie mit der "Absicherungsmilch" im engeren Sinne nichts zu tun haben.
So funktioniert die Absicherung
„Sie haben für 45 Cent abgesichert, aber die Molkerei zahlt 48 Cent aus. Das kann passieren”, meint Florian Hildebrand von StoneX. Allein schon deswegen werden an der Börse nur Teilmengen abgesichert, pro Erzeuger sind es maximal ein Drittel der Jahresmilchmenge. Die Molkerei selbst lässt auch nur eine bestimmte Menge (maximal 30 Prozent) über die Börse laufen. "Das sollte aber eine Menge sein, die sie auch frei am Markt hat und nicht eine Menge, die in den Verträgen bereits gebunden ist", so Hildebrand. Das Motto lautet: "Nicht alle Eier in eine Korb". So versuchen immer mehr Molkereien mithilfe der Börse ihr Risiko zu begrenzen. Wichtig ist: Milchmengen, die in den Kontrakten mit dem Lebensmittelhandel fest gebunden sind, darf sie dafür aber nicht nehmen. „Hier ist der Preis fix. Mit diesen Kontrakten kann ich ein Minus an der Börse nicht ausgleichen”, warnt Hildebrand. Deshalb müsse man immer die freien Mengen sehen, die man als Molkerei habe, mit dem dazugehörenden Festpreis. „Erziele ich einen börslichen Verlust, kann ich ihn mit einem höheren physischen Preis ausgleichen. Erziele ich ein börsliches Plus, wird damit der Verlust am physischen Markt kompensiert”, erklärt Hildebrand das Prinzip der Absicherung.
Käufer aus der ganzen Welt
Als Käufer treten an der EEX Unternehmen auf, die sich ebenfalls absichern wollen: Molkereien, Milchhändler, Schokoladenhersteller, Bäcker, Käsereien oder Firmen des Lebensmitteleinzelhandels. All diese Unternehmen kaufen zu verschiedenen Zeitpunkten, einfach deshalb, weil sie Risikomanagement betreiben müssen. Wenn die Milcherzeuger der Hohenloher Molkerei bei 50 Cent vermarkten wollen, dann muss man sich die Frage stellen, wer soll das kaufen? Als Käufer treten Unternehmen auf, die sich ebenfalls absichern wollen. Wenn zum Beispiel eine Großbäckerei von ihrem Abnehmer aufgefordert wird, einen festen Preis für die Zukunft anzubieten. Dann kann sie sich am Terminmarkt absichern, Mengen kaufen und damit dann ihren Preis kalkulieren. Die Kontrakte sind cashgesettelt – ein reines Finanzgeschäft, bei dem keine physische Ware geliefert werden muss.
Einfach aufgebaut und freiwillig
Das Webportal der Hohenloher Molkerei ist einfach und übersichtlich aufgebaut. Wer von den Erzeugern der Molkerei möchte, kann sich mit seinem Betrieb anmelden, einloggen und mitmachen oder auch nur den Markt beobachten. Die Teilnahme ist freiwillig. Über das Portal wird die Gesamtmenge aller Erzeuger der Molkerei pro Monat zusammengestellt und an StoneX gemeldet. Das Börsenhandelsunternehmen versucht dann, diese Milchmengen mit den hinterlegten Preisen zu verkaufen.
Hinweis: Schulungstermine zur Milchpreisabsicherung gibt es über das ife-Institut. Für den März 2022 sind noch Plätze frei. Mehr unter http://www.ife.de
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