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Infotag für Obstbauern

Ein Eispanzer schützt vor Frost

Die Frostnächte im April haben in den Obstanlagen am Bodensee zu gravierenden Ernteeinbußen geführt. Wenig verwunderlich, dass das Interesse an Schutzmaßnahmen gegen die Minustemperaturen zur Blüte wächst. Das belegte der Infotag der Marktgemeinschaft Bodenseeobst (MaBo) und der Württembergischen Obstgenossenschaft (WOG) in Langenargen-Oberdorf, der sich mit Möglichkeiten der Frostberegnung befasste.
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Klaus Wenzler (2. v. l.) ist einer der wenigen Obstbauern am Bodensee, die ihre Anlagen zum Schutz vor Frost beregnen können. Dazu nutzt er das Wasser der Argen. Beim Infotag erläuterte er seine Vorgehensweise.
Klaus Wenzler (2. v. l.) ist einer der wenigen Obstbauern am Bodensee, die ihre Anlagen zum Schutz vor Frost beregnen können. Dazu nutzt er das Wasser der Argen. Beim Infotag erläuterte er seine Vorgehensweise.Werner-Gnann
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Rund 200 Hektar Obstanlagen am Bodensee können beregnet werden. Die Hälfte davon liegt im Raum Langenargen-Oberdorf. Nicht ohne Grund. Denn dort kann das Wasser der Argen genutzt werden. Damit ist auch bereits das zentrale Problem einer Frostschutzberegnung angerissen: das Wasser. Denn Frostschutz braucht immense Mengen, vor allem dann, wenn – wie dieses Mal im April – das Thermometer über viele Stunden deutlich unter die Null-Grad-Grenze fällt.
„Pro Hektar brauche ich 35 bis 40 m³ pro Stunde und die Pumpen liefen in der Nacht vom 19. auf 20. April 13 Stunden lang“, nennt Klaus Wenzler eine Größenordnung für den Wasserbedarf. 25 Hektar seiner Anbaufläche kann er mittlerweile durch Überkronenberegnung vor Frost schützen. Der Obstbauer aus Oberdorf berichtete über die Entwicklung seines Beregnungssystems, das er 2003 installiert und nach und nach ausgebaut hat mit einem Investitionsvolumen von 250. 000 bis 300.000 Euro. Zusammen mit Berufskollegen gründete er einen Wasserentnahmeverband, dem die Verwaltung im Jahr 2011 eine zehnjährige Wasserentnahmegenehmigung erteilt hat.


Keine zu großen Einheiten wählen


Doch zuvor war so manche Hürde zu nehmen. Beispielsweise durfte im Naturschutzgebiet am Flusssaum keine Pumpe installiert werden. Erlaubt wurde nur ein Standort am Rand des Schutzgebiets. Dort kommt nun das Wasser über eine Freispiegelleitung mit einem Prozent Gefälle an. Mittlerweile laufen für sein Beregnungsnetz acht Pumpen mit einer Abdeckung von einem bis sieben Hektar. „Größer würde ich einen Verband nicht machen. Optimal sind fünf Hektar. Denn je weiter das Wasser gepumpt werden muss, umso mehr Druck ist nötig“, gibt Wenzler seine Erfahrung beim Vororttermin in seinen Obstanlagen weiter. Versorgt werden die Pumpen, die mit fünf bis sieben Bar Druck laufen, über zwei Motoren mit 220 und 160 PS Leistung. Pro Frostnacht hat er in diesem Jahr rund 1000 l Diesel verbraucht. Versprüht wird das Wasser über Schlagregner mit 4,2 mm Düsen, die im Dreiecksverband in einem Abstand
von 18 Meter in der Anlage an den Stangen des Hagelnetzes angebracht sind, wobei sich die Beregnungskreise gut überlappen sollten. „Die Installation der Regner muss vor allem am Rand noch verbessert werden, denn auf den ersten zehn Metern sind die Bäume oft leer“, hat Wenzler beobachtet.
Alles in allem mag der Obstbauer nicht nur Begeisterungsstürme für diese Form des Frostschutzes wecken. „Bei der empfindlichen Sorte Jonagold war die Beregnung am Limit, auch wenn ich fast alle Blüten gerettet habe“, erklärt er. Wichtig sei es, Erfahrungen zu sammeln und das Beregnungssystem stetig fortzuentwickeln. Zudem sei eine ständige Wartung nötig. „Es ist eben nicht so: Man wirft den Motor an und dann läuft alles“, gibt er zu bedenken, ist aber optimistisch, dass sich seine Mühen angesichts des guten Behangs auszahlen sollten.


Gefahr von Blütenfrösten wächst


Bei der anschließenden Vortragstagung unterstrich MaBo-Obstbauberater Matthias Günthör, dass die Frostberegnung den besten Schutz bietet. Windmaschinen zeigten nur bei Strahlungsnächten Effekte und Heizen mit Paraffinkerzen sei mit einem hohen Aufwand und hohen Kosten verbunden. Der Druck, die Kulturen zu schützen, aber wächst. Der Grund ist die während der letzten 40 Jahre um 14 Tage nach vorne verlagerte Blüte, die dann bei Aprilfrösten stark gefährdet ist.
Interessenten an Frostschutzanlagen riet der Obstbauberater zu einer durchdachten Planung, wobei die Berechnungen durch eine Fachfirma erfolgen sollten. Bei einer Investition geht er von Installationskosten bei rund 30 Regnern/ha sowie den nötigen Wasserschläuchen in der Anlage von 6000 bis 10.000 Euro/ha aus. Dazu kommen die Kosten für die Zuleitung sowie für ein Dieselpumpenaggregat, das er, ausgelegt für sechs Hektar, auf rund 22.000 Euro veranschlagt.


Das Problem mit den Ökopunkten


Die alles entscheidende Frage aber ist die Verfügbarkeit von Wasser, wenn die Obstanlagen eben nicht an fließenden Gewässern liegen. Dann bleiben nur Tiefbrunnen oder Rückhaltebecken. Für letztere gilt es allerdings noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Bislang werden Rückhaltebecken als technische Bauwerke betrachtet. Damit ist bei einer Anlage ein Ausgleich über Ökopunkte nötig, was nach derzeitigem Stand für einen Hektar Fläche eine sechsstellige Summe verschlingt.
Hubertus Beutler von einer Würzburger Behälterbaufirma, die Rückhaltebecken mit gewebeverstärkter PE-Folien baut, wollte das so nicht gelten lassen. Zum einen könnten solche Rückhaltebecken problemlos binnen ein bis zwei Tagen zurückgebaut werden. Zum anderen warb er dafür, mit der Verwaltung über eine passende Zusatznutzung zu verhandeln. Frostberegnung müsse nicht in jedem Jahr erfolgen. So könnte solch ein Rückhaltebecken beispielsweise auch als Feuerlöschreservoir in einer Kommune dienen.

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