Bekämpfung von Rapsschädlingen im Frühjahr 2023
Die lang anhaltende Trockenheit des vergangenen Jahres hat sich in vielen Gebieten auch auf die landwirtschaftlichen Erträge ausgewirkt. Für Betriebe, die trotz des Extremsommers 2022 gute Rapserträge erzielen konnten, war das vergangene Jahr angesichts der unfassbar hohen Rapspreise ein sehr erfolgreiches Jahr.
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Der Winter 2022/2023 verlief bislang extrem ungewöhnlich. Erst hatten wir im Anfang Dezember frostige Temperaturen bis -15° C, dann den mildesten Jahreswechsel seit Wetteraufzeichnung mit fast fühlingshaften Temperaturen von bis zu 20° C mit anschließendem Absturz wieder zu winterlichen Verhältnissen. Der Große Rapsstängelrüssler sowie der Gefleckte Kohltriebrüssler sind die ersten Frühjahrsboten in den Rapsfeldern. Die Stängelschädlinge können im Raps erhebliche Schäden anrichten und mit den ansteigenden Temperaturen im Februar ist auch schnell mit einer ersten Zuwanderung dieser Schädlinge zu rechnen. Die rechtzeitige Überwachung des Zufluges der Käfer ist daher von großer Bedeutung.
Mit Gelbschalen den Zuflug der Stängelschädlinge überwachen
Mit Gelbschalen kann man den Zuflug des Großen Rapsstängelrüsslers sowie des Gefleckten Kohltriebrüsslers sehr gut überwachen und durch zählen der gefangenen Käfer feststellen, ob die Bekämpfungsrichtwerte der beiden Schädlinge überschritten werden. Die beiden Arten unterscheiden sich deutlich hinsichtlich ihrer Schadwirkung. Darum ist es wichtig, beide Arten beim Auszählen auch unterscheiden zu können. Für ein sicheres Erkennen der Tiere empfiehlt es sich, die nassen Käfer aus der Gelbschale zu entnehmen und auf ein trockenes weißes Tuch zu legen. Bei trockenen Käfern sind die Merkmale (Abb. 1) besser zu erkennen. Der Große Rapsstängelrüssler hat eine einheitlich schwarz-graue Färbung, einschließlich der Füße. Der Gefleckte Kohltriebrüssler dagegen ist deutlich heller, unregelmäßig gefleckt, hat einen hellen Fleck auf dem Rücken und rötliche Füße. Da die Stängelschädlinge bereits während den ersten sonnigen Tagen bei Tagestemperaturen über 10° C in die Bestände einfliegen, müssen die Gelbschalen gleich Ausgangs des Winters, bevor die kritischen Temperaturen erreicht werden, im Feld aufgestellt sein und bei ansteigenden Temperaturen möglichst täglich auch kontrolliert werden. Die milden Temperaturen zum Jahreswechsel haben dazu geführt, dass in Gelbschalen, die bereits zu diesem frühen Zeitpunkt im Feld aufgestellt waren, Stängelschädlinge gefangen wurden. So wurden zum Beispiel im Kreis Backnang unmittelbar nach Neujahr in einer Gelbschale bereits 12 Rapsstängelrüssler gefangen! Ob dieses frühe Auftreten der Schädlinge zu Schäden in den Beständen führen wird, kann man nicht vorhersehen – solche frühen Fänge wurden bislang nicht beobachtet. Der Zuflug erfolgt in der Regel nicht gleichmäßig über das Rapsfeld verteilt, sondern kann erheblich je nach Windrichtung oder Lage der im Vorjahr geschädigten Rapsfeldern variieren. Besser ist es daher auf jeden Fall, pro Schlag mehr als eine Gelbschale aufzustellen. Auch wenn bereits im Februar bei entsprechenden Temperaturen der Zuflug auf die Rapsfelder beginnt, sollten die Kontrollen der Gelbschalen den März über fortgeführt werden, weil es nach dem ersten „Ansturm“ auf die Rapsfelder nochmal zu einer zweiten oder sogar dritten “Welle“ im März kommen kann. Dies kann unter Umständen sogar eine weitere Behandlung notwendig machen.
Kriterien, die beim Aufstellen von Gelbschalen beachtet werden sollten:
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Vorgaben des Biodiversitätsstärkungsgesetzes müssen beachtet werden.
In Landschaftsschutzgebieten und Natura 2000-Gebieten sowie auf intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen in Kern- und Pflegezonen von Biosphärengebieten, in gesetzlich geschützten Biotopen und bei Naturdenkmalen müssen entsprechend des am 31.07.2020 in Kraft getretene Biodiversitätsstärkungsgesetzes bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln neben den allgemeinen Grundsätzen des integrierten Pflanzenschutzes weitere zusätzliche landesspezifischen Vorgaben zum integrierten Pflanzenschutz berücksichtigt werden. Die Verwendung von Gelbschalen zur Überwachung der Rapsschädlinge, die Berücksichtigung der Bekämpfungsrichtwerte und das Anlegen von Spritzfenstern zur Erfolgskontrolle sind dabei für die Schutzgebiete zwingend vorgeschrieben (https://ltz.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Arbeitsfelder/Integrierter+Pflanzenschutz).
Hierbei ist zu beachten:
- bis 2 ha Schlaggröße oder Bewirtschaftungseinheit mindestens eine Gelbschale ca. 20 m vom Feldrand entfernt aufstellen,
- bis 10 ha eine weitere Gelbschale
- darüber pro 10 ha eine weitere Gelbschale (Bsp. bei 13 ha – 3 Gelbschalen)
Im Sinne des integrierten Pflanzenschutzes sollten Gelbschalen aber auch außerhalb der Schutzgebiete zum Einsatz kommen.
Die Weibchen des Großen Rapsstängelrüsslers beginnen unmittelbar nach dem Zuflug mit der Eiablage am Haupttrieb des Rapses. Ein Reifungsfraß findet praktisch nicht statt. Die später schlüpfenden Larven bohren sich in den Rapsstängel ein und ernähren sich vom Mark. Sobald der Bekämpfungsrichtwert von 5 Käfer in drei Tagen überschritten wird, besteht die Gefahr von ernsthaften Schäden und eine Bekämpfungsmaßnahme sollte innerhalb der nächsten drei Tagen erfolgen (Tabelle 1).
Im Gegensatz zum Stängelrüssler führt der Gefleckte Kohltriebrüssler vor der Eiablage einen für die Rapspflanzen unschädlichen zwei- bis dreiwöchigen Reifungsfraß durch und beginnt erst dann mit der Eiablage. Für Bekämpfungsmaßnahmen hat man hier also ein größeres Zeitfenster. Nach der Überschreitung des Bekämpfungsrichtwertes von 15 Käfern in drei Tagen ist es daher sinnvoll, mit der Bekämpfung noch bis zu zwei Wochen abzuwarten, um auch die später einfliegenden Käfer zu erfassen In vielen Fällen werden in den Gelbschalen auch Rapsglanzkäfer gefangen. Solange beim Raps noch keine Knospen vorhanden sind, verursachen die Rapsglanzkäfer aber noch keine Schäden. Die in der Tabelle 1 genannten Bekämpfungsrichtwerte für Rapsschädlinge sind so festgelegt, dass erst bei einer Überschreitung dieser Werte Ertragseinbußen zu erwarten sind.
Der intensive Insektizideinsatz im Winterraps hat dazu geführt, dass viele Schädlinge vor allem gegen die häufig eingesetzten Pyrethroide Resistenzmechanismen entwickelt haben und nur noch eingeschränkt bekämpft werden können. Ein sinnvoller Wirkstoffwechsel zur Vermeidung von resistenten Schädlingen gegen eine bestimmte Wirkstoffklasse ist kaum noch möglich und wird vielleicht schon in naher Zukunft gar nicht mehr möglich sein. Neue Insektizide, vor allem auch solche mit neuen Wirkungsmechanismen, sind derzeit nicht in Sicht. Mit jedem unnötigen Insektizideinsatz werden bereits resistente Individuen in einer Schädlingspopulation gefördert und können sich ungehindert vermehren. Jede unterlassene Bekämpfungsmaßnahme schont die noch sensitiven Individuen einer Population. Es wird daher immer wichtiger, nur dann eine Bekämpfung durchzuführen, wenn die festgelegten Bekämpfungsrichtwerte auch tatsächlich überschritten werden.
Sowohl zur Bekämpfung des Großen Rapsstängelrüsslers als auch des Gefleckten Kohltriebrüsslers sind ausschließlich Pyrethroide der Klassen I und II zugelassen (Tab. 2). Beim Großen Rapsstängelrüssler konnte vom Julius Kühn-Institut bislang noch keine Pyrethroidresistenz nachweisen werden. Dies trifft für den Gefleckten Kohltriebrüssler leider nicht mehr zu.. Es kann aber noch davon ausgegangen werden, dass die Pyrethroide gegen beide Käferarten noch ausreichend wirksam sind. Dennoch gilt umso mehr, keine unnötigen Bekämpfungsmaßnahmen durchzuführen und die Bekämpfungsrichtwerte zu beachten. Werden in den Gelbschalen bereits Rapsglanzkäfer in größerer Zahl mit gefangen, soll entsprechend der Empfehlung des Fachausschusses für Pflanzenschutzmittelresistenz bevorzugt das Klasse I – Pyrethroid Trebon 30 EC verwendet werden (Tabelle 3). Trebon 30 EC hat im Gegensatz zu den Klasse II - Pyrethroiden im Feldeinsatz gegen den Rapsglanzkäfer noch eine ausreichende Wirkung. In Labortests zeichnet sich aber auch hier bereits eine Minderwirkung ab. Das zweite Klasse I – Pyrethroid, Mavrik Vita (bzw. Evure), hat gegen die Stängelschädlinge keine Zulassung und darf deshalb gegen diese nicht eingesetzt werden.
Im Gegensatz zu den Stängelschädlingen, bei denen der Schaden durch den Fraß der Larven in den Stängeln entsteht, ist der Rapsglanzkäfer selbst der Schädling. Seine Hauptnahrung ist der Pollen der Rapsblüte und um an diesen zu kommen, werden auch noch geschlossene Knospen zerbissen. Darum müssen die Bestände, sobald die ersten Knospen am Haupttrieb sichtbar werden, bis zum Blühbeginn auf Rapsglanzkäfer kontrolliert werden. Die vom Rapsglanzkäfer verursachten Fraßschäden werden oft überbewertet. Der Raps kann sehr viel kompensieren und insgesamt hat dieser Schädling in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung verloren. Durch Abklopfen der Käfer vom Haupttrieb einer Rapspflanze (an mindestens 5 Stellen im Feld) in eine Schale und Auszählen der Käfer kann ermittelt werden, ob der Bekämpfungsrichtwert von 10 Käfer/Haupttrieb überschritten ist. Nur dann ist eine Bekämpfungsmaßnahme sinnvoll. Bei schwachen Beständen halbiert sich der Bekämpfungsrichtwert.
Bei der Bekämpfung des Rapsglanzkäfers sollten Mittel verwendet werden, die die schon deutlich ausgeprägte Pyrethroidresistenz der Käfer nicht noch weiter fördern. Die Klasse II – Pyrethroide haben gegen den Rapsglanzkäfer zwar noch eine Zulassung, die Resistenz der Käfer gegen diese Wirkstoffgruppe ist aber schon soweit fortgeschritten, dass vom Einsatz dieser Mittel abgeraten werden muss. Da die EU-Kommission die Wirkstoffgenehmigung für Indoxacarb nicht erneuert hat, stehen Avaunt und Sindoxa ab 2023 nicht mehr zur Verfügung. Für Restmengen besteht Entsorgungspflicht. Mit Indoxacarb geht ein weiterer Wirkstoff für ein effektives Resistenzmanagement bei der Bekämpfung des Rapsglanzkäfers verloren. Solange noch keine offene Blüten im Bestand sind, kann Mospilan SG bzw. Danjiri eingesetzt werden. Der Anwendungszeitraum beider Mittel wurde vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit bis maximal zum Entwicklungsstadium 59 eingeschränkt („erste Blütenblätter sichtbar, Blüten noch geschlossen“), weil beide Mittel nur die Zulassung gegen den Rapsglanzkäfer haben und dieser bei geöffneten Blüten keinen Schaden mehr verursacht. Während der Blüte sind die Rapsglanzkäfer sogar nicht unwesentlich an der Bestäubung der Blüten beteiligt. Sollte eine späte Bekämpfung der Rapsglanzkäfer bei bereits ersten offenen Rapsblüten noch notwendig sein, kann hierfür Mavrik Vita bzw. Evure verwendet werden.
Zur Bekämpfung der Schotenschädlinge sind nur noch Pyrethroide zugelassen. Beim Kohlschotenrüssler wird seit ein paar Jahren eine zunehmende Resistenz gegen Pyrethroide beobachtet, daher muss hier bereits mit einer verminderten Wirkungen gerechnet werden. Es keine Rolle, ob Klasse I - oder Klasse II - Pyrethroide eingesetzt werden, die Resistenz betrifft beide Pyrethroidklassen. Vor einem Einsatz gegen die Schotenschädlinge sollte man allerdings unbedingt kontrollieren, ob überhaupt die Notwendigkeit einer Bekämpfung besteht. In vielen Jahren ist dies nicht der Fall. Die die Bekämpfungsrichtwerte (Tabelle 1) müssen unbedingt beachtet werden. Jede unnötige Bekämpfung mit einem Pyrethroid erhöht nicht nur den Selektionsdruck auf den Kohlschotenrüssler, sondern auch auf die immer noch im Bestand vorhandenen Rapsglanzkäfer und Rapserdflöhe.
Da die Schotenschädlinge von außen zufliegen, sind auch in Befallsjahren oftmals nur die Randbereiche der Rapsfelder betroffen. Der Bekämpfungsrichtwert beim Kohlschotenrüssler liegt bei einem Käfer pro Haupttrieb einer Pflanze. Bei starkem Auftreten der Kohlschotenmücke erhöht sich der Bekämpfungsrichtwert auf ein Käfer pro Haupttrieb von zwei Pflanzen (Tab. 1). Es sollten immer mehrere Pflanzen kontrolliert werden und die Kontrollen vor allem auch im inneren Bereich des Feldes vorgenommen werden. Wenn überhaupt eine Behandlung erforderlich wird, dann ist in vielen Fällen eine Randbehandlung völlig ausreichend!
Bienengefährdung bei Tankmischungen von Insektiziden mit Azolfungiziden beachten
Bei Tankmischungen von Pyrethroiden mit Azolfungiziden für eine kombinierte Schotenschädlings- und Sklerotiniabekämpfung ändert sich bei den als bienenungefährlich (B4) eingestuften Insektiziden (z. B. Mavrik Vita, Evure, Karate Zeon, Kaiso Sorbie, Jaguar, Tarak, Nexide, Hunter WG, Lambda WG und Lamdex forte) die Bienenschutzauflage in B2, so dass diese Tankmischungen während der Rapsblüte nur nach dem täglichen Bienenflug bis 23:00 Uhr angewendet werden dürfen. Von der Änderung ausgenommen sind nur Tankmischungen von B4-Pyrthroiden mit Fungiziden mit dem alleinigen Wirkstoff Prothioconazol, diese Tankmischungen behalten die B4-Einstufung (Tab. 2). Bienen beenden gegen 19:00 Uhr ihre Aktivität im Raps und verlassen die Felder. Es verbleibt also für den Einsatz von B2- Mitteln eine Zeitspanne von ca. 4 Stunden. Der Spritzbelag muss bis zum nächsten Morgen angetrocknet sein. Zu beachten ist ferner, dass Mospilan SG und Danjiri zum Schutz der Bienen nicht in Kombination mit Netzmitteln angewendet werden dürfen (Auflage VV553).
Tabelle 1: Bundesweit abgestimmte Bekämpfungsrichtwerte für Rapsschädlinge vom Frühjahr bis zur Blüte für das Jahr 2023
Schädling |
Kontrollzeitraum |
Feststellung des Befalls durch |
Bekämpfungsrichtwerte |
Großer Rapsstängelrüssler
|
ab Vegetationsbeginn bis April |
Gelbschalen bei Temperaturen über 10 °C |
5 Käfer/Gelbschale in 3 Tagen mit Gitter
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Gefleckter Kohltrieb-rüssler
|
15 Käfer/Gelbschale in 3 Tagen mit Gitter
|
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Rapsglanzkäfer |
Frühjahr ab Knospenbildung bis Blühbeginn |
Abklopfen der Blütenbüschel vom Haupttrieb, zählen der Käfer |
mehr als 10 Käfer pro Haupttrieb
bei schwachem Bestand: mehr als 5 Käfer pro Haupttrieb |
Kohlschotenrüssler und Kohlschotenmücke |
Blühbeginn bis Blühende |
Abklopfen vom Haupttrieb |
bei schwachem Auftreten der Kohlschotenmücke: 1 Käfer/Pflanze
bei starkem Auftreten der Kohlschotenmücke: 1 Käfer/2 Pflanzen |
Tabelle 3: Vom Fachausschuss für Pflanzenschutzmittelresistenz - Insektizide und Akarizide empfohlene Bekämpfungsstrategie für das Jahr 2023
Schädling |
Auftreten des Rapsglanzkäfers (RGK) |
Strategie/empfohlene Mittel |
Stängel- und Kohltriebrüssler |
keine RGK |
Pyrethroide Klasse II |
RGK vorhanden |
Trebon 30 EC (B2) |
|
Rapsglanzkäfer |
RGK unter Bekämpfungsrichtwert |
keine Bekämpfung |
RGK über Bekämpfungsrichtwert |
Bis BBCH 59 Mospilan (B4) In Beständen mit ersten offenen Blüten: Mavrik Vita/Evure (B4) |
|
Schotenschädlinge |
RGK in der Regel nicht bekämpfungswürdig |
B4 Pyrethroide |
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