Wetterfestes Getreide: Sortenempfehlungen für den Anbau unter extremen Bedingungen
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Deutschland muss sich auf insgesamt wärmere Bedingungen einstellen. Zugleich läuft es auf eine Umverteilung der Niederschläge hinaus: trockenere Sommer und nassere Winter. „Der nasse Winter zeigt sich aktuell deutlich“, erklärte Johannes Roeb von der Landwirtschaftskammer NRW. Zudem gibt es mehr stabile Wetterlagen und Starkwetterereignisse, die die Produktion und den Anbau beeinflussen können. Das beeinflusst direkt die Entwicklung der Pflanze und die Kulturführung. Auch die Zu- oder Abnahme von bestimmten Erkrankungen, Schädlingen und Unkräutern muss bedacht werden. „Nicht alle Folgen sind negativ für die Landwirtschaft, aber die Bedingungen für den Anbau ändern sich und wir müssen uns anpassen“, erklärte Roeb.
Kritische Fenster für den Ertrag
Mehrere Kulturen weisen kritische Zeitfenster für die Ertragsbildung auf. Für Winterraps zählt beispielsweise die Zeit von April bis Mai, bei der Ackerbohne die Zeit zwischen Mai und Juni für den Ertrag. Bei Winterweizen zählt vor allem die Zeit von April bis Mitte Mai rund um die Blüte.
Große Sommerhitze fühlte 2023 beispielsweise zu einem hohen Anteil Schmachtkorn in Winterweizen in den LSV in Nörvenich. Am Standort Allagen in den LSV kam es nach Niederschlägen zur Ernte dagegen zu offenem Auswuchs der Getreidekörner. „Hier spielt die Sorte eine entscheidende Rolle“, erklärte Roeb.
„Weizen ist eigentlich eine Pflanze für gemäßigte Zonen“, erklärte Roeb. Temperaturen von 35 bis 40 Grad mag der Weizen überhaupt nicht und geht in die Frühreife. Genau das ist am Standort Greven geschehen. Dort fielen nur rund 70 mm Niederschlag zwischen dem 11. April und dem 19. Juli zur Ernte. Dort sank der Weizenertrag 2022 auf 56 dt/ha. Frühreife Sorten brachten hier überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Spätreife Sorten schnitten ertraglich laut Roeb deutlich schwächer ab. Die Reife war hier entscheidender, als ob es sich bei der Sorte um einen TKG-Typ handelt oder um einen Bestandsdichte-Typ. Sorten, die die Blätter länger offenhalten und später schließen, schnitten ebenfalls besser ab.
Eine Frage des Typs
Bestandsdichte-Typen haben einen hohen Wasserbedarf, reagieren aber gut, wenn sie schon eine hohe Dichte ausgebildet haben. Kornmasse-Typen können frühe Stressphasen kompensieren, sind aber empfindlich für vorzeitige Abreife. Kompensations-Typen reagieren durchschnittlich am wenigsten sensibel auf Hitze- und Trockenphasen.
Frühreife Sorten entwickeln oft auch die Wurzeln früh und nutzen die Winterfeuchte gut aus. Die Ertragsbildung findet in der Regel vor den ersten Hitzetagen statt. Eine frühe Ernte sichert die Qualität bei nachfolgend feuchter Witterung. Bei kühl-feuchter Witterung erzielen sie laut Roeb geringere Erträge und reagieren oft empfindlicher auf Kälte wie Spätfröste.
Sorte auf Bedingungen anpassen
- Zu nass zur Ernte: Bei Nässe zur Ernte steigt auch die Gefahr von Lager, Halmknicken und Spindelbruch. Es kommt häufig zu Auswuchs und witterungsbedingter Belastung der Fallzahl. Nur wenige Sorten halten die Qualität trotz Nässe oder Auswuchs gut.
- Zu kalt: Alle Sorten gehen in den Sortenversuchen auch durch eine Prüfung der Kältetoleranz. Das spielt auf Grenzstandorten eine besondere Rolle. „Hier sollten unbedingt mehrjährig geprüfte Sorten gewählt werden, die schon ein Kältejahr abbekommen haben“, sagte Loeb.
- Zu nass zur Aussaat: Bei verfrühter Aussaat Sorten mit zögerlicher Jugendentwicklung wählen, geringe Anfälligkeit für Herbstkrankheiten, gute Standfestigkeit und Winterhärte und bei Wintergerste GVV-Toleranz. Bei verspäteter Aussaat Sorten mit gutem Feldaufgang unter schwierigen Bedingungen wählen, mit zügiger Jugendentwicklung, Frühreife und guter Winterhärte.
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