Der Personalausweis des Pferdes
Der Equidenpass sorgt bei Pferdebesitzern und Pferdehaltern immer wieder für Verwirrung. Wir haben uns mit Dr. Britta Geiger unterhalten, um Klarheit in die Thematik zu bringen. Sie ist als Leiterin dsr Geschäftsteils Amtstierärztlicher Dienst beim Landratsamt Ludwigsburg immer wieder mit den Fragen von Pferdeleuten konfrontiert.
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BWagrar: Frau Dr. Geiger, warum ist das Thema Equidenpass bei Pferdehaltern so unbeliebt?
Geiger: Da muss man zunächst differenzieren, geht es um den Pferdehalter oder den Pferdebesitzer. Der Pferdehalter ist nämlich meistens nicht der Pferdebesitzer, sondern der Pensionsstallbetreiber. Das Thema ist allerdings bei beiden gleichermaßen unbeliebt. Häufig sind beide über ihre Rechte und Pflichten nicht gut informiert. Dann gibt es Unsicherheiten, insbesondere bei den Haltern über die Interaktionen mit den Besitzern. Viele Besitzer wiederum denken, dass die Equidenpässe ihnen gehören. Sie bewahren die Pässe dann bei sich zuhause auf, was den Pferdehalter in Schwierigkeiten bringt bei Kontrollen.
Bei den Pferdebesitzern kommt manchmal, als emotionale Komponente hinzu, dass sie den Equidenpass gerne behalten würden, wenn das Pferd nicht mehr lebt. Der Pass muss jedoch an die ausgebende Stelle zurückgeschickt werden oder unter amtlicher Aufsicht im Schlachthof zerstört werden. In der neuen Equidenpassverordnung gibt es hier jedoch eine Änderung, wenn die Verfahrensvorschriften der ausgebenden Stelle es zulassen, kann der Pass dort ungültig gemacht und wieder zurückgegeben werden an den Besitzer.
BWagrar: Worin liegt der Sinn und Zweck des Equidenpasses?
Geiger: Der Equidenpass ist vergleichbar mit dem Personalausweis des Menschen oder, ganz funktionell gesehen, mit dem Fahrzeugschein des Autos. Es ist ein Dokument, das ausschließlich der Identifikation des Pferdes dient und ist keinesfalls ein Nachweis des Eigentums am Pferd. Das wiederum sind die Eigentumsurkunde oder der Kaufvertrag.
Der Equidenpass begleitet ein Pferd immer. Nicht nur beim Verkauf, sondern auch wenn das Pferd verreist, wenn es auf einen längeren Wanderritt geht oder wenn es geplant in die Klinik kommt. Der Pass muss immer dabei sein und zwar unabhängig davon, ob der Besitzer ebenfalls dabei ist.
BWagrar: Seit 1. November 2016 gibt es einen neuen Equidenpass. Welche Änderungen beinhaltet dieses neue Dokument?
Geiger: Es gibt viele Änderungen. Ich greife einige heraus, die für die Pferdehalter von Belang sind. Zum einem gab es eine EU-weite Vereinheitlichung der Equidenpässe mit dem Ziel, eine mehrfache Ausstellung des Passes und einen Missbrauch mit dem Schlachtstatus der Pferde zu unterbinden. Dazu wurden europaweit die zentralen Datenbanken weiterentwickelt. In Deutschland ist das die Datenbank HI-Tier.
Neu ist auch, dass die Ausstellung des Passes innerhalb von zwölf Monaten nach der Geburt und in jedem Fall spätestens beim Verlassen des Geburtsbetriebes erfolgen muss. Das ist eine Erleichterung für die Halter, vorher waren es sechs Monate. Aber: Wenn diese zwölf Monate nicht eingehalten werden, dann wird ein Ersatzpass ohne Schlachteignung ausgestellt. In Baden-Württemberg weist der Landeskontrollverband (LKV) dezidiert auf die Ausschlussfristen hin und sagt, bis elf Monate nach der Geburt des Tieres muss der Pass beantragt sein, sonst klappt es nicht mehr mit der fristgerechten Ausstellung und es gibt einen Ersatzpass ohne Schlachteignung.
Weiter sind die Antragsunterlagen seit 1. Juli 2016 umfangreicher geworden. Es muss ein Abzeichendiagramm gezeichnet werden, eine Beschreibung in Textform gehört dazu und auch die Zeichnung der Kastanien beim Pferd. Beim Pferdezuchtverband Baden-Württemberg ist zudem das Layout geändert worden. Der Pferdezuchtverband Baden-Württemberg hat die Reihenfolge der Abschnitte im Pass geändert und druckt den Abschnitt 1, wo es um die Identifizierung des Tieres geht, nun auf farbigem Sicherheitspapier.
BWagrar: Wie gehe ich als Pferdebesitzer beziehungsweise Pferdehalter vor, um einen Equidenpass zu beantragen?
Geiger: Es kommt auf den Typ oder den Einsatz des Pferdes an. Geht es um ein registriertes oder unregistriertes Pferd, also um ein Zuchtpferd oder ein Pferd, das an Turnieren teilnimmt, oder ein Freizeitpferd, das keine Papiere hat.
Voraussetzung für die Beantragung des Passes ist die Kennzeichnung des Tieres und das Vorliegen einer Tierhalterregistrierung. Darauf folgt dann eine HIT-Registrierung. Somit kommt dem Pensionspferdehalter eine zentrale Rolle zu.
Aber auch, wenn ich mein Pferd privat hinterm Haus halte, bin ich Tierhalter. Dann melde ich mich beim zuständigen Veterinäramt als Tierhalter und bekomme dort eine Tierhalterregistriernummer zugeteilt, worauf eine HIT-Registrierung erfolgt. Diese brauche ich, um den Pass zu beantragen.
Wenn ich ein Zucht- oder Sportpferd habe, beantrage ich die Kennzeichnung bei der Zucht- oder Wettkampforganisation, bei einem Freizeitpferd geht der Antrag direkt an den LKV. Von dort aus wird der Transponder bestellt, dieser wird an den Tierhalter bei nichtregistrierten Pferden, oder im Falle von Zuchtpferden an die Zuchtorganisation abgegeben. Dann wird der Kennzeichnungsberechtigte beauftragt, das kann ein Tierarzt oder ein Brennmeister der Zuchtverbände sein, das Tier zu kennzeichnen. Danach füllt man schließlich den Antrag auf einen Equidenpass aus und reicht diesen ein.
Der Tierhalter hat die zentrale Rolle und zwar sowohl bei den Zucht- und Sportpferden als auch bei den nichtregistrierten Pferden. Es läuft alles über den Halter. Wenn ich meine Pferde selber halte, dann muss ich mich selbst darum kümmern, wenn die Tiere in Pension stehen, muss der Pensionspferdehalter die Kennzeichnung veranlassen. Ich weiß, das klappt nicht immer und vor allem klappt es deshalb häufig nicht, weil der Besitzer denkt, er wäre der Zuständige. Die sogenannte Holschuld liegt allerdings beim Pensionspferdehalter. Nur er hat eine HIT-Nummer, um einen Antrag zu stellen. Ohne HIT-Nummer kein Antrag.
BWagrar: Welche Pflichten hat damit der Betreiber eines Pensionsstalls? Ist er für das Vorhandensein des Equidenpasses verantwortlich und wo ist der Pass aufzubewahren?
Geiger: Ja, der Pensionsbetreiber steht in der Verantwortung, sobald das Pferd in seinem Stall steht. Streng genommen, darf er ein Pferd ohne Pass überhaupt nicht in den Stall aufnehmen. Nach der Viehverkehrsverordnung besteht ein Übernahmeverbot für Pferde ohne Equidenpass. In der Praxis lässt sich das nicht immer durchhalten, das wissen wir. Der Pass ist immer beim Pferd aufzubewahren und der Pensionspferdehalter muss ständig unmittelbar Zugriff auf den Pass haben.
Und immer wenn das Pferd den Stall verlässt, muss der Equidenpass das Pferd begleiten. Das gilt nicht für einen einfachen Ausritt, aber auf jeden Fall bei einem Turnierbesuch oder einem geplanten Klinikbesuch. Dann steht im Übrigen der Pferdebesitzer in der Pflicht, er ist dann auch Halter und damit verantwortlich für den Pass.
BWagrar: Finden Kontrollen der Equidenpässe statt?
Geiger: Auf einem Turnier werden die Pässe auf jeden Fall kontrolliert. Sie müssen für den Veranstalter vor Ort einsehbar sein und natürlich für die Turniertierärzte. Seltener sind Kontrollen auf den Betrieben. Die Veterinärämter als untere Verwaltungsbehörde sind jedoch befugt, diese Kontrollen durchzuführen und zwar im Rahmen des Tierseuchenrechts, zu dem auch die Viehverkehrsverordnung gehört. In der Praxis finden solche Kontrollen zum Beispiel bei einem Ausbruch der Infektiösen Anämie statt, wenn es darum, welche Tiere mit dem infizierten Pferd zuletzt Kontakt hatten. Hier dient der Pass dann zusammen mit dem Transponder und den vermerkten Abzeichen der sicheren Identifizierung des untersuchten Tieres.
Die Veterinärämter können auch im Rahmen des Arzneimittelrechts kontrollieren. Wenn die Schlachteignung nicht ausgenommen ist, gelten Pferde ja grundsätzlich als lebensmittelliefernde Tiere. Und auch bei Pferdehaltern, die einen gemeinsamen Antrag gestellt haben und Cross-Compliance unterliegen, wird kontrolliert. Es ist also wichtig, dass die Pässe dem Pferdehalter vorliegen und er Zugriff darauf hat.
BWagrar: Was ist bei der Einstufung als Schlachttier oder Nicht-Schlachttier zu beachten?
Geiger: Nach der neuen Equidenpassverordnung wird ein Pferd grundsätzlich als lebensmittelieferndes Tier eingestuft. Das ist sinnvoll, denn diese Entscheidung ist jederzeit änderbar. Ich kann jederzeit ein Schlachtpferd zu einem Nicht-Schlachtpferd machen. Etwa wenn ich einen Therapienotstand habe und ich ein Mittel einsetzen muss, das nicht für lebensmittelliefernde Tiere zugelassen ist. Die Einstufung kann dann durch eine Unterschrift des behandelnden Tierarztes und des Eigentümers im Equidenpass geändert werden, die Änderung ist vom Tierhalter an die Datenbank zu übermitteln.
Der umgekehrte Fall geht jedoch nicht. Wenn ich einmal entschieden habe, mein Pferd ist ein Nicht-Schlachtpferd, dann ist das nicht mehr rückgängig zu machen. Deshalb empfehle ich immer, den Schlachtstatus auf jeden Fall beizubehalten. Denn ohne Schlachtstatus können alte Pferde, die nicht mehr nutzbar und damit wirtschaftlich nicht mehr tragbar sind, nicht der Verwertung zur Entlastung ihrer Besitzer zugeführt werden. Darüber sind sich die Wenigsten im Klaren, wenn sie die Schlachteignung ausschließen. Im Übrigen zwingt mich nichts und niemand, ein „Schlachtpferd“ tatsächlich zu schlachten. Es kann bei einem unheilbaren Leiden ebenfalls euthanasiert werden.
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