Blick auf die Fleisch- und Nutzviehmärkte 2021
Bei den in der VG/VZ-Gruppe organisierten Tierhaltern sind die Herausforderungen für 2021 groß. Angesichts der Verwerfungen im vergangenen Jahr suchen Erzeuger, Vermarkter und Abnehmer nun noch mehr den Schulterschluss. Die Aussichten fürs laufende Jahr scheinen besser, als es die aktuelle Marktlage vermuten lässt. So zumindest die Einschätzungen auf der VZ-Winterversammlung, die am 28. Januar online via „Teams“ mit rund 160 Teilnehmern durchgeführt wurde.
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„Unsere Branche ist auf einem großen Ozeandampfer unterwegs und plötzlich teilt der Kapitän mit, dass der Motor ausgefallen ist. Er drückt jedem ein Paddel in die Hand. Die ersten Meter gehen noch ganz gut, dann kommen Hunger und Durst, man weiß nicht, welcher Kurs eingeschlagen werden soll.“ Mit diesem Bild beschreibt der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Reinhard Funk zu Beginn der Online-Tagung die Situation. Jetzt müsse es darum gehen, möglichst schnell wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen. Geschäftsführer Dr. Sebastian Hill erinnerte an die Verwerfungen am Schweine- und auch am Rindfleischmarkt 2020. „Wir spüren die Folgen deutlich.“ Die Fleischpreise hat es nach unten gezogen.
Gemeinsam neue Märkte erschließen
Rewe, Kaufland und die Edeka Südwest haben ihrerseits Ende 2020 auf die desaströsen Preise reagiert. Edeka Südwest hat ab Kalenderwoche 40 den Preis für die Schweine auf 1,40 Euro stabilisiert. Allein dadurch konnte die VZ über 380.000 Euro zusätzlich auszahlen. Die Schlachthöfe haben die Masken geöffnet und es kam zu einem Solidaritätsbonus des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) für die Bauern. „Solche Maßnahmen stimmen mich vorsichtig optimistisch, dass hier ein gewisses Umdenken stattfindet“, so Hill. Für die Stärkung des Absatzes in der Region, sprach sich auch Stefan Müller, Geschäftsführer von Müller Fleisch aus. „Die Exportmärkte können unsere Märkte in Zukunft nur noch ergänzen. Den Markt, den wir brauchen, ist der regionale Markt hier im Süden“, meinte Müller. Laut Müller hätten sich der LEH und der Discount, die regionalen Fleischwarenerzeuger und die Wurstfabriken darauf verständigt, dass die Haltungsstufe II ab Jahresmitte 2021 Voraussetzung für den Absatz sein werde. Die Bauern forderte er auf: „Gehen Sie den Weg mit. Das wird Ihnen den Marktzugang für die Zukunft sichern.“
VZ entgegen dem Marktrend gewachsen
Gehandelt wurden in der VG/VZ-Gruppe 2020 insgesamt 115.000 Stück Schlacht- und Großvieh, was entsprechend dem Strukturwandel einem leichten Minus gegenüber dem Vorjahr entspricht. Beim Nutzvieh/Kälber waren es 122.000 Stück, bei den Schlachtschweinen blieb die Zahl mit 1,1 Mio. Tieren entgegen dem Markttrend nahezu gleich, bei den Sauen waren es 34.100 Tiere. Ein deutliches Plus gab es bei den Ferkeln (fast 1,5 Mio.) mit 10 Prozent mehr entgegen dem Trend. Bei den Lämmern hat man gut 82.000 Tiere gehandelt.
Prognosen für 2021 positiv
Schweinemarkt: „Wir hoffen, dass wir bis Ende Februar wieder auf dem Laufenden sind“, hieß es aus dem VZ-Gebiet Süd mit Blick auf den Schweinestau. Stand Ende Januar sei man noch etwa 14 Tage im Verzug. Zugenommen habe im Jahr 2020 vor allem der Anteil an Programm-Schweine (Gutfleisch/Kaufland/Hofglück). Auf dem VZ-Schweinemarkt Nord (Kassel bis Flensburg) war die Lage 2020 noch prekärer als im Süden. Wegen Schlachthofschließungen mussten dort knapp 120.000 Schweine auf andere Schlachthöfe verteilt werden, teilweise auch bis nach Süddeutschland bis Crailsheim oder nach Vilshofen, was durch den Verbund in der Viehzentrale möglich war. „Wir bauen den Berg Woche für Woche ab“, hieß es. Von einer echten Entspannung könne noch keine Rede sein. Eine Besserung könnte es ab Mitte März geben.
Bei den Gutfleisch-Schweinen gibt es nun ab Januar 2021 neue Verträge, mit einem Zuschlag aus der Initiative Tierwohl (ITW) in Höhe von 5,28 Euro pro Mastschwein und einen ITW-Ausgleich von 3,50 pro Mastschwein. Der Regionalbonus beträgt 0,02 Euro pro kg SG und der Gutfleischbonus 0,03 Euro pro kg SG. Zudem gibt es eine Preisstützung ab einem Preis unter 1,30 Euro pro kg SG und auch eine Pool-Lösung zur Absicherung der Ferkelerzeuger
Beim Hofglück-Programm für Edeka Südwest, welches über die VZ und die Erzeugerorganisation Süd (EZO) für besonders Artgerechte und Umweltschonende Tierhaltung w. V. beliefert wird, gibt es derzeit insgesamt 33 Mastbetriebe, 16 Ferkelerzeuger sowie 8 geschlossene Betriebe. Ziel sind 2000 geschlachtete Schweine pro Woche bis Ende 2021. Für dieses Programm werden Betriebe gesucht.
Ferkelmarkt und Sauenbestände: Die Zahl der Zuchtsauen in Deutschland geht bis Ende 2021 vermutlich um 150.000 bis 200.000 Sauen zurück, das wären 5 bis 6 Mio. weniger Ferkel. Außerdem rechnet man mit 2 bis 2,5 Mio. weniger Ferkel auch den Niederlanden beziehungsweise 70.000 bis 80.000 weniger Sauen. Dort gibt es ein Produktionsstopp-Programm, über das Ausstiegsbetriebe staatlich gefördert werden. Diese Knappheit bei den Ferkeln in Deutschland und Holland sollte in den kommenden Monaten eigentlich zu steigenden Ferkelpreisen führen. Der heute schon leichte Preisanstieg, sollte sich in den nächsten Monaten weiter verstärken, sobald die Rahmenbedingungen mit Corona, ASP und den Exportmärkten dies zulassen.
Rindfleischmarkt: Bei Jungbullen und Kühen sind die Preisaussichten positiv. Die Jungbullenpreise konnten sich 2020 trotz Corona insgesamt auf dem Niveau des Vorjahres halten. Grund dafür ist, dass das Fleisch vorwiegend im LEH verkauft wird. Für 2021 wird mit „vernünftigen“ Preisen gerechnet. Während des Lockdowns deutlich stärker eingebrochen sind die Preise für die Kühe. Kuhfleisch geht verstärkt in die Gastronomie. Derzeit scheint das Kuhfleisch deutlich unterbewertet, sobald die Gastronomen wieder öffnen können, sollte es 2021 wieder aufwärtsgehen. Die VZ sucht derzeit Milchviehbetriebe für das Best-Beef-Programm aus Baden-Württemberg Nord. Bei den Färsen gab es 2020 einen massiven Preisverfall. Derzeit sind die Preise wieder auskömmlich, die Preisprognose für 2021 ist gut. Vor allem gute Qualitäten dürften deutlich über dem Durchschnittspreisniveau vermarktet werden. Die Nachfrage nach Haltungsstufe II steigt. Hier wünscht sich die VZ von den Abnehmern mehr Informationen darüber, wie die Tiere künftig vermarktet werden sollen.
Nutzviehmarkt
Das Jahr 2020 war geprägt von einem sehr unterschiedlichen Kaufverhalten bei den Mästern. Immer wieder kam es zu Unterbrechungen durch die Lockdowns und zu Abnahmeverzögerungen bei Bullen und Färsen. Weil Schlachtkapazitäten zeitweise fehlten, kam es zu Überhängen, was sich negativ auf die Preise der Fresser ausgewirkt hat. Bei schwachen Preisen für die Jungbullen, werden auch weniger Fresser eingestallt. Die Preise für die männlichen Aufzuchtfresser lagen bei 200 kg Gewicht zwischen 700 und 800 Euro pro Tier, Kälber für die Aufzucht waren vielfach knapp.
Ähnlich bei den Absetzern: Hier kam der Preisrückgang nach dem ersten Lockdown zeitverzögert im August/September 2020. Noch im August gab es genügend Futter, die Mutterkuhhalter waren nicht in der Not ihre Absetzer frühzeitig zu verkaufen. Im September stieg dann das Angebot an, sodass die Preise für männliche und weibliche Absetzer deutlich gefallen sind. Derzeit gibt es nur wenige Absetzer am Markt. Das Angebot ist knapp und ohne Corona wären die Preise wohl richtig gut. Insgesamt gehen die Vermarkter für 2021 sowohl für Fresser als auch für Absetzer von stabilen bis steigenden Preisen aus.
Markt bei den Holsteinkälbern weiter am Boden
Bei den Kälbern gab es coronabedingt starke Einschränkungen. Die Preise für die Fleckviehkälber lagen etwas unter 5 Euro und damit etwas unter dem Preisniveau von 2019. Härter getroffen hat es die Holsteinkälber. Hier ist die Lage nach wie vor sehr schwer. Das liegt nicht nur an Corona. Wegen der Blauzungenkrankheit kommen je nach Gebiet weitere Handelsrestriktionen hinzu. Die Kosten für die Vermarkter und für den Transport können nicht mehr durch die Erlöse gedeckt werden. Für schwere Kälber gibt es noch 60 bis 80 Euro, sie werden exportiert, für leichte Kälber gibt es gibt de facto keinen Markt mehr. Viele Mäster lassen die Ställe leer stehen. Sie nutzen die Zeit, um ihre Ställe zu modernisieren oder steigen ganz aus der Produktion aus.
Das Thema Exportstopp für noch nicht abgesetzte Kälber nach Spanien habe sich 2020 ähnlich wie 2019 wenige Wochen vor Weihnachten wiederholt. Wieder wurde ein Exportstopp erteilt, wieder wurde dagegen geklagt und wieder hat das Gericht den Erlass aufgehoben, was die VZ in ihrer Auffassung bestärkt hat, dass sie die EU-Tierschutztransportverordnung vollumfänglich einhält.
Schafe und Lämmer: Hier gab es 2019 ein großes Angebot und gleichzeitig historisch tiefe Preise, die Vermarktung ging zurück. Im Jahr 2020 war das Angebot wieder knapper. Es gab zwar Verschiebungen mit nur wenigen Stückzahlen für die Gastronomie. In der Summe aber ist die Direktvermarktung im Lämmerbereich stark angestiegen. LEH-Aktionen mussten abgesagt werden, weil nicht genügend heimische Ware vorhanden war. Ab Frühjahr 2021 wird im Zuge der religiösen Feiertage auch wieder mit einer Belebung des Absatzes gerechnet.
Tierwohl im Fokus
Bundesweit haben sich 4400 Betriebe bei der Initiative Tierwohl (ITW) für die neue Programmphase angemeldet. Einheitliche Kriterien über die gesamte Kette sollen dem LEH helfen, die Ware besser zu verkaufen. Ab 1. Juli 2021 werden die Mastbetriebe über den LEH, beziehungsweise den Schlachthof und die VZ, ausbezahlt. Bei den Schweinen wurden die Stufen Sauenhaltung und Ferkelaufzucht zusammengefasst. Die Aufzucht wird weiter über den ITW-Fonds ausbezahlt. Aufzüchter können sich nur noch im Februar 2021 für die neue Programmphase bis 2023 anmelden. Fortbildungs-Webinare gibt es am 16. und am 31. März.
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