"Die meisten Schweinebetriebe verfügen über genügend Flächen"
Prof. Dr. Hans Schenkel, der frühere Leiter der Landesanstalt für Landwirtschaftliche Chemie an der Universität Hohenheim, beschäftigt sich auch nach seiner Pensionierung als Hochschullehrer intensiv mit Fütterungsfragen bei Schweinen. Welche Folgen die neue Düngeverordnung für die Ferkelerzeuger und Mäster im Land hat, darüber haben wir uns mit Hans Schenkel am Rande einer Fachtagung des Landesarbeitskreises Fütterung (LAF) vor kurzem in Erbach-Dellmensingen unterhalten.
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BWagrar: Herr Prof. Schenkel, ab Januar 2018 sind Betriebe mit mehr als 2,5 Großvieheinheiten (GV) pro Hektar (ha) und mehr als 30 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche (LN) oder mehr als 50 GV angehalten, eine Stoffstrombilanz zu erstellen. So sieht es der Entwurf für ein neues Düngegesetz vor, das am 22. September endgültig verabschiedet werden und ab 1. Januar 2018 in Kraft treten soll. Was bedeutet das für die Schweinehalter im Land?
Schenkel: Nimmt man den GV-Schlüssel der Düngeverordnung (Mastschweine über 50 kg LG: 0,16 GV; Zuchtschweine über 50 kg LG: 0,30 GV) wird es eine Reihe von Betrieben geben, die diesen zusätzlichen Aufwand einer Stoffstrombilanz in Kauf nehmen müssen. Stand in einem früheren Entwurf der Stoffstrombilanzverordnung, dass diesen Betrieben dafür der Nährstoffvergleich nach Düngeverordnung erspart bleibt, ist diese Formulierung in der letzten Fassung nicht mehr vorhanden.
Allerdings sind sowohl von staatlicher wie auch von privater Seite Programme vorhanden, die einem die Rechenarbeit abnehmen. In die Berechnung des Nährstoffvergleichs Düngeverordnung) und Stoffstrombilanz (Stoffstrombilanz-verordnung) gehen unterschiedliche Größen ein, so dass die Salden von einander abweichen können. In der Fassung vom 15. Juni 2017 taucht nun plötzlich auf, dass die Stickstoffdeposition aus der Luft am Betriebsstandort ebenfalls angegeben werden soll, allerdings wird sie bislang im Gegensatz zur Stickstoffbindung durch Leguminosen (noch) nicht in die Stoffstrombilanz eingerechnet.
Nach den Angaben des Umweltbundesamtes liegen die N-Depositionen zum Beispiel in den Räumen Schwäbisch Hall und Alb Donau in einer Größenordnung von zwölf bis 17 kg pro ha und Jahr. Im Vergleich dazu erreichen sie in einigen Regionen Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens zwischen 25 und 30 kg/ha und Jahr.
BWagrar: Ab 2023 sollen alle Betriebe mit mehr als 20 ha LN oder mehr als 50 GV eine Stoffstrombilanz erstellen. Ohnehin, wenn sie Wirtschaftsdünger aus anderen Betrieben aufnehmen. Wie können die Schweinehalter auf diese weitere Verschärfung reagieren?
Schenkel: Dies ist eigentlich keine Verschärfung der Anforderungen, aber eine sehr starke Ausweitung der betroffenen Betriebe. Das Bundesministerium rechnet in der Bundesrepublik für 2018 mit 26 000 Betrieben, die eine Stoffstrombilanz vorlegen müssen, 2023 rechnet das Ministerium mit 152 000 betroffenen Betrieben.
Man muss allerdings sehen, dass das Bundesministerium für Ende 2021 eine Evaluierung der Massnahmen und Auswirkungen der Stoffstrombilanzierung vorgesehen hat. Es kann sich also durchaus noch etwas ändern.
BWagrar: Gibt es Regionen im Südwesten, die von der neuen, restriktiven Düngeverordnung besonders betroffen werden sein, wie beispielsweise die Schweine starken Landkreise Schwäbisch Hall und die Alb-Donau-Region? Dort sind die Befürchtungen groß.
Schenkel: Rechnet man die Schweine in diesen beiden Landkreisen in Großvieheinheiten um, entfallen auf diese beiden Landkreise fast 37 Prozent der Schweine-GV im Lande. Trotzdem verfügen die Betriebe in der Regel über eine ausreichende Flächenausstattung.
Man muss allerdings sehen, dass vor allem im Alb-Donau Kreis die Ackerflächen in einigen Gemeinden eine P-Versorgung in den Versorgungsstufen D und E aufweisen. Nach der derzeitigen Regelung muss die Zufuhr der Abfuhr entsprechen., das heißt die Betriebe sollten dies bei der Düngeplanung und Fruchtfolgegestaltung (Strohabfuhr)und vor allem bei der Fütterung (P-Reduktion) beachten.
Bei hoher Leistung der Tiere ist eher der Phosphor und weniger der Stickstoff der begrenzende Faktor beim Flächenanspruch. Eng würde es dann werden, wenn in einigen Bereichen die Landesregierung von den Sonderregelungen welche die Düngeverordnung wegen der Gefährdung der Oberflächengewässer durch Phosphat vorsieht, Gebrauch machen würde.
BWagrar: In Ihrem Vortrag auf der LAF-Tagung Mitte Juni haben Sie die pauschale Kritik an der Nutztierhaltung als Haupteintragsquelle von Nitrat ins Grundwasser zurück gewiesen. Vielmehr stellten Sie bei Ihren Recherchen erhebliche Einträge durch intensiven Maisanbau und Sonderkulturen Was bedeutet das für Entscheidungen der Landesregierung in Stuttgart, denen es die neue Düngeverordnung ermöglicht, auf solche Hotspots, also Regionen mit hohen Nitrat-Einträgen, länderspezifisch zu reagieren?
Schenkel: Dass alle Bereiche der Landwirtschaft an dem Problem arbeiten müssen, ist glaube ich Konsens. Ich wollte lediglich darauf verweisen, dass hohe Nitratgehalte nicht grundsätzlich mit intensiver Tierhaltung einhergehen. Wobei die Nitratkonzentrationen allein auch nur begrenzt aussagefähig sind. Man muss auch die Grundwasserneubildung und verschiedene Bodenparameter im Blick haben.
Dass die Landesregierung ein Augenmerk auf die Sanierungsbereiche der Wasserschutzgebiete bzw. auf Bereiche richten wird, die bei der Wasserrahmenrichtlinie auffällig sind, hat sie bereits zum Ausdruck gebracht. Ob sie im Zusammenhang mit den mit Phosphat hoch versorgten Flächen Regelungen treffen wird, ist offen. Hier ist auch aus angrenzenden Bundesländern noch nichts zu vernehmen.
BWagrar: Herr Prof. Schenkel, letzte Frage: Was denken Sie? Werden die Schweinehalter im Südwesten mit der neuen Düngeverordnung zurechtkommen oder wird der Strukturwandel dadurch ein weiteres Mal forciert?
Schenkel: Ich denke, dass die Schweinehalter gut damit zurecht kommen. Die meisten Betriebe verfügen über eine ausreichende Fläche und haben den Pflanzenbau und die Tierernährung gut im Griff.
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