Einschleppungsrisiko für Afrikanische Schweinepest gestiegen
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Stuttgart, 15. September 2017
BWagrar-Interview
Minister Peter Hauk MdL zur Afrikanischen Schweinepest (ASP)
BWagrar: Im Juni dieses Jahres wurde die Afrikanische Schweinepest erstmals in der Tschechischen Republik festgestellt. Besteht die Gefahr der Einschleppung dieser Tierseuche auch nach Deutschland?
Hauk: Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine anzeige- und bekämpfungspflichtige Tierseuche, die ursprünglich nur in Afrika vorkam. Seit 2007 breitete sie sich, ausgehend von Georgien, über Armenien, Aserbaidschan, die Russische Föderation, Ukraine und Weißrussland in die EU-Mitgliedsstaaten Litauen, Polen, Lettland und Estland aus. In der Tschechischen Republik wurde sie erstmals Ende Juni 2017 bei Wildschweinen in der Grenzregion zur Slowakei festgestellt. Dadurch erhöht sich das Risiko der Einschleppung dieser Tierseuche nach Deutschland weiter.
"Experten schätzen Risiko des Eintrags als hoch ein."
Bedroht ist insbesondere die heimische Wildschweinpopulation. Bei Unachtsamkeit kann die ASP jedoch auch auf Hausschweine übertragen werden. Die Experten schätzen das Risiko des Eintrags von ASP nach Deutschland durch die mögliche illegale Verbringung und Entsorgung von kontaminiertem Gegenständen und Erzeugnissen, wie beispielsweise kontaminiertem Schweinefleisch und daraus hergestellten Wurstwaren, als hoch ein.
BWagrar: Welche Tierarten werden von der ASP betroffen und wie äußern sich die Krankheitssymptome?
Hauk: Die ASP ist eine Virusinfektion, von der Haus- und Wildschweine betroffen sind.
Bei den derzeit vorkommenden Viren treten circa vier Tage nach der Ansteckung der Schweine schwere, unspezifische Krankheitssymptome auf, wie zum Beispiel hohes Fieber, Teilnahmslosigkeit, Futterverweigerung, Erkrankungen des Atmungs- und Verdauungstrakts sowie Blutungsneigungen und Hautverfärbungen, die in der Regel innerhalb einer Woche bis zu zehn Tagen zum Tod der betroffenen Tiere führen. Weniger ansteckende ASP-Viren können auch vorübergehende Infektionen mit sehr geringen Symptomen auslösen. Chronische Infektionen sind ebenfalls bekannt. Im Blut genesener Tiere lässt sich das Virus noch über Monate nachweisen. Die Erkrankung ist auf der Basis klinischer Symptome nicht von der Europäischen oder Klassischen Schweinepest (KSP) und anderen schweren Allgemeinerkrankungen zu unterscheiden.
"Frühzeitige Erkennung und schnelle Labordiagnose für die erfolgreiche Seuchenbekämpfung entscheidend."
Bei gehäuftem Auftreten von verendeten Schweinen, Kümmern, fieberhaften Erkrankungen mit einer Körpertemperatur über 40,5°C und Totgeburten sowie erfolgloser antimikrobieller Behandlung sind unverzüglich nach der Schweinehaltungshygieneverordnung durch den bestandsbetreuenden Tierarzt die Ursachen festzustellen und anzeigepflichtige Tierseuchen, wie zum Beispiel die ASP, auszuschließen.
Bei einer Einschleppung nach Deutschland sind eine frühzeitige Erkennung der Erkrankung und eine schnelle Labordiagnose für eine erfolgreiche Seuchenbekämpfung entscheidend.
BWagrar: Wie wird die ASP übertragen?
Hauk: Die Virusübertragung kann sowohl direkt über Tierkontakte mit infizierten Schweinen als auch indirekt über Vektoren erfolgen. In Europa ist die direkte Übertragung des Erregers durch Kontakt zu infizierten Schweinen sowie über tierische Produkte, virushaltige Gegenstände sowie Speiseabfälle möglich. Der Kontakt mit Blut infizierter Schweine stellt den wichtigsten Übertragungsweg dar.
Das ASP-Virus ist besonders widerstandsfähig. Nicht nur frisches, sondern auch gefrorenes, gepökeltes oder geräuchertes Fleisch sowie Wurstwaren können über Monate für Haus- und Wildschweine ansteckungsfähig sein.
BWagrar: Gibt es einen Impfstoff gegen die ASP?
Hauk: Gegen die Afrikanische Schweinepest ist bisher kein Impfstoff vorhanden; dies macht die Bekämpfung bei Wildschweinen so schwierig. Ganz entscheidend sind daher die Verhinderung der Einschleppung der ASP in den Hausschweine- und Wildschweinebestand sowie eine geringe Wildschweinedichte. Mit abnehmender Wildschweinedichte sinkt das Risiko der Einschleppung und einer schnellen Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest.
BWagrar: Welche vorbeugenden Maßnahmen können Schweinehalter ergreifen, um ihren Tierbestand vor einem ASP-Ausbruch zu schützen?
Hauk: Die in der Schweinehaltungshygieneverordnung enthaltenen Regelungen zur Verhinderung der Einschleppung von Tierseuchen in einen Schweinebestand sowie zur frühzeitigen Erkennung des Verdachts eines Tierseuchenausbruchs müssen ständig konsequent umgesetzt werden, um Schaden vom Betrieb und von den Tieren abzuwenden.
Im Einzelfall können dies insbesondere folgende Maßnahmen sein:
- Verhinderung des Kontakts von Hausschweinen mit Wildschweinen. Dies gilt insbesondere für die Auslauf- und Freilandhaltung durch Einfriedungen.
- Teile erlegter oder verendet aufgefundener Wildschweine sowie Gegenstände, mit denen Wildschweine in Berührung gekommen sein können oder sind, dürfen nicht in eine Schweinehaltung verbracht werden, wie beispielsweise Einstreu oder betriebseigene Futtermitteln. Personen, die mit Wildschweinen oder Tierkörpern in Kontakt gekommen sind, dürfen ohne Kleiderwechsel sowie Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen der Hände keine Schweinehaltungen betreten; insbesondere Jäger mit Kontakt zu eigenen Schweinen bzw. schweinehaltenden Betrieben sind aufgerufen, verstärkt auf Hygienemaßnahmen zu achten, da sie das Virus über Jagdtrophäen, Kleidung, Jagdmesser oder ihren Jagdhund in Hausschweinebestände einschleppen können. Futter, Einstreu und sonstige Gegenstände, mit denen Wildschweine in Berührung kommen können, sind für Wildschweine unzugänglich aufzubewahren. Hunde und Katzen sind von Schweinebeständen fernzuhalten beziehungsweise eine regelmäßige Schadnagerbekämpfung ist durchzuführen.
- Unterweisung von Saisonkräften hinsichtlich der Einhaltung von Hygienemaßnahmen gemäß der Schweinehaltungshygieneverordnung, insbesondere wenn die Erntehelfer Kontakt zu Schweinen auf dem Betrieb haben.
- Arbeitskräfte aus EU-Staaten, in denen die ASP bereits ausgebrochen ist, sollten keine Lebensmittel tierischen Ursprungs, die den ASP-Erreger enthalten können (Rohwursterzeugnisse, roher Schinken, rohes Fleisch – auch tiefgekühlt) aus ihren Heimatländern mitbringen bzw. das Mitbringen aus Nicht-EU-Staaten ist untersagt, da das ASP-Virus in diesen Erzeugnissen monatelang überleben kann.
- Schweinefleischhaltige Speiseabfälle (Salami, roher Schinken, Rohwursterzeugnisse) müssen in geschlossenen Müllbehältern entsorgt werden, so dass sie nicht in Berührung mit Haus- oder Wildschweinen kommen können; sie dürfen in keinem Fall an diese verfüttert werden.
- Tierische Lebensmittel dürfen nicht mit in den Schweinestall genommen werden.
- Beim Betreten von Schweineställen muss Einwegkleidung getragen werden, die anschließend entsorgt wird, oder stalleigene Schutzkleidung, die regelmäßig gewaschen wird. Betriebsfremde Personen sollten Schweineställe so wenig wie möglich betreten und dann nur mit Schutzkleidung.
- Geeignete Reinigungs- und Desinfektionsmöglichkeiten an den Ein- und Ausgängen der Schweineställe oder sonstigen Standorte werden auch bei kleinen Schweinebeständen dringend empfohlen.
- Dokumentation von Tierzugängen und –abgängen, Anzeige der Übernahme von Schweinen in der HI-Tierdatenbank (HIT); regelmäßig aktualisiertes Bestandsregister
- Möglichst keine Nutzung von Gerätschaften durch mehrere Betriebe
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Landwirtschaft und Jägerschaft sollten bei der Reduzierung der Wildschweinebestände eng zusammenarbeiten. Beispielsweise können auf den Feldern Bejagungsschneisen angelegt werden, um den Abschuss von Schwarzwild zu erleichtern.
"Bei speziellen Fragen können Sie sich an das Veterinäramt wenden."
Die vollständigen Biosicherheitsmaßnahmen in Schweinehaltungen sowie die Dokumentations- und Kennzeichnungspflichten sind in der Schweinehaltungshygieneverordnung sowie in der Viehverkehrsverordnung geregelt.
Bei speziellen Fragen, können Sie sich an das für Sie zuständige Veterinäramt wenden.
BWagrar: Welche Auswirkungen hat ein ASP-Ausbruch in Deutschland auf die Schweinehaltung?
Hauk: Die Einschleppung der ASP nach Deutschland hätte weitreichende Folgen und würde neben den Auswirkungen für die Tiere auch schwere wirtschaftliche Folgen für die schweinehaltenden Betriebe mit sich bringen. Kritisch wäre eine Einschleppung in die Wildschweinepopulation, da sich hier die Seuchenbekämpfung besonders schwierig darstellt.
"Beim Ausbruch müssten alle Schweine des betroffenen Bestands getötet werden."
Beim Ausbruch in einem Hausschweinebestand müssten alle Schweine des betroffenen Bestands getötet und unschädlich beseitigt werden. Zudem würden großflächige Sperrbezirke und Beobachtungsgebiete eingerichtet, in denen das Verbringen von Tieren und deren Erzeugnissen in und aus den Betrieben untersagt beziehungsweise eingeschränkt wird. Sowohl Schweinebestände als auch Wildschweine in diesen Zonen müssten intensiv untersucht werden. Darüber hinaus würden durch die zuständige Veterinärverwaltung umfangreiche Untersuchungen zur Einschleppung des Erregers durchgeführt werden.
Wird ASP beim Schwarzwild festgestellt, wird ein sogenannter gefährdeter Bezirk eingerichtet. Das Verbringen von Hausschweinen in dieses Gebiet und aus diesem Gebiet ist dann grundsätzlich verboten. Innerhalb dieses Bezirks würde eine extrem starke Bejagung des Schwarzwildes sowie die Untersuchung aller erlegten und verendet aufgefundenen Wildschweine behördlich angeordnet werden.
Darüber hinaus wären weitere seuchenhygienische Maßnahmen zu ergreifen, wie beispielsweise die unschädliche Entsorgung verendeter Tiere und des Aufbruchs von Wildschweinen.





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