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DBV-Fachforum Milch

Wo bleibt das Wohl der Milchbauern?

Milchbauern stehen unter einem wachsenden ökonomischen Druck verbunden mit schwindender gesellschaftlicher Anerkennung. Wie kommt die Branche aus diesem Dilemma heraus und wer kann sie dabei unterstützen? Diese Fragen wurden beim Milchforum des Deutschen Bauernverbands (DBV) auf der Grünen Woche in Berlin erörtert.

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In drei Interviewrunden kamen die Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zum Thema „Milch. Kuh. Wohl“ zu Wort. Befragt wurden sie zum einen von Fachjournalisten und zum anderen von Milcherzeugern.
In drei Interviewrunden kamen die Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zum Thema „Milch. Kuh. Wohl“ zu Wort. Befragt wurden sie zum einen von Fachjournalisten und zum anderen von Milcherzeugern. Fischer
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„Die Herausforderung der Milchbranche ist es, die Wettbewerbsfähigkeit in zunehmend globalen Milchmärkten zu stärken. Die Molkereien sind gefordert, verstärkt attraktive Absatzmärkte zu erschließen, um damit zusätzliche Wertschöpfungspotentiale zu generieren. Darüber hinaus ist die Entwicklung neuer innovativer Produkte erforderlich. Zudem sollten Molkereien und Milcherzeuger gemeinsam Vermarkungsstrukturen weiterentwickeln und Lieferbeziehungen marktgerechter gestalten.“ Dies betonte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, auf dem Milchforum des DBV auf der Internationalen Grünen Woche. Im liberalisierten Milchmarkt seien stark schwankende Preise stete Realität. EU und Bund müssen deshalb die bestehenden Leitplanken für den Milchmarkt wie Direktzahlungen, Private Lagerhaltung und Intervention beibehalten sowie steuerliche Anreize zur Risikovorsorge ausbauen, erklärte Rukwied.

Milchbranche muss sich weiterentwickeln

„Die vorhandenen Instrumente wie Warenterminbörsen zur Absicherung der Erzeugerpreise müssen endlich weiterentwickelt und umgesetzt werden“, erklärte Milchbauernpräsident Karsten Schmal. Die angekündigten Pilotprojekte der Molkereien Hochwald und DMK im Jahr 2018 zur Etablierung von Festpreismodellen seien vielversprechend und gingen in die richtige Richtung. Auch andere Molkereien haben Festpreismodelle angekündigt. „Damit folgen diese Molkereien den internationalen Konkurrenten, doch noch ist die Entwicklung der gesamten Branche zu zögerlich“, kritisierte Schmal. Auch die Milchbauern selbst seien gefordert. Die moderne Milchviehhaltung rücke zunehmend in das Interesse der Öffentlichkeit und werde kritisch hinterfragt. „Als Milchbranche machen wir den laufenden Fortschritt und die erzielten Erfolge durch eine offensivere Öffentlichkeitsarbeit sichtbar“, appellierte Schmal. Die Milchbauern entwickelten ihre Betriebe beim Tierwohl und bei den Parametern der Nachhaltigkeit weiter. Damit sei die Praxis weiter, als politische und öffentliche Diskussionen über gesetzliche Standards vermitteln würden.

Den Lebensmittelhandel forderte Schmal auf, sich nicht durch öffentliche Debatten zu Aktionismus treiben zu lassen. Anforderungen an die Produktion und die Produktqualität müssten praxisgerecht sowie sachgerecht sein. „Der Handel darf seine Marktmacht nicht missbrauchen. Verbraucher wollen einheimische und regionale Lebensmittel, die unter hohen Standards, wie wir sie in Deutschland haben, produziert werden. Insofern sollte dem Handel bewusst sein, dass für ihn die deutsche Landwirtschaft essentiell ist,“ stellte der Milchbauernpräsident fest. Den bei QM-Milch aufgenommenen Dialogprozess würden Bauernverband und Milcherzeuger weiter fortsetzen.

Klare Forderungen

Der Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), Joachim Rukwied, stellt in seinem Eröffnungsplädoyer klar, dass der Export im Milchsektor ein weiter wachsender Markt ist. Nachbarländer haben sich besser, aktiver aufgestellt. Hier fordert Rukwied von der Politik eine offensivere Herangehensweise. Im Hinblick auf weitere Krisen am Milchmarkt erteilte der Verbandspräsident der Milchmengensteuerung eine weitere Abfuhr. „Ein besseres Modell als die abgeschaffte staatliche ist nicht absehbar. Dennoch werden Sicherheitssysteme benötigt. So rät er dazu, auf die Suche nach anderen Lösungen zu gehen. Lösungsansätzen könnten Milcherzeuger bei der EEX sowie im 2-Säulen-Modell der Gemeinsamen Agrarpolitik finden.

Wie kann die Politik unterstützen?

Dr. Hermann Onko Aeikens, Staatssekretät im Bundeslandwirtschaftsministerium, rät dazu, sich sowohl bei den Lieferbeziehungen als auch der Vermarktung besser aufzustellen. Preisvolatilitäten waren schon immer vorhanden, jedoch müssen die Auswirkungen auf die Erzeuger abgemildert werden. Hier werde auch in Zukunft die Intervention ein Mittel sein. Aeikens räumt jedoch ein, dass man bei der letzten Preiskrise noch interveniert habe, als man es hätte längst nicht mehr tun müssen. Das führe nun dazu, dass die hohen Bestände von über 370.000 t Magermilchpulver abgeschmolzen werden müssen.

Abfuhr an Milchkontingent

Für die Idee eines europaweiten ablieferbaren Milchkontingentes (AMIKO), wie es kürzlich von Kees de Vries gefordert wurde, zeigt Aeikens wenig Verständnis. Bessere Chancen räumt der Staatssekretär privatwirtschaftlich organisierten Bonus-Malus-Systemen oder Strafzahlungen bei Überlieferung durch die Molkereien selbst ein.

Wer setzt die Standards?

Franz-Martin Rausch, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes des Deutschen Lebensmittelhandels (LEH), fordert eine funktionierende Gesprächsplattform, zu der sich das QS-System (Qualität und Sicherheit) entwickelt hat. Mit QM (Qualitätsmanagement Milch) bestehe ein guter Ansatz, allerdings müssen sich die Grundlagen aus 2001 dringend weiterentwickeln. Dass der LEH die Erzeuger immer mehr mit zusätzlichen, nicht honorierten Leistungen fordert, will Rausch nicht bestätigen.

Was kann Öffentlichkeitsarbeit?

Prof. Dr. Matthias Kussin, Hochschule Osnabrück, erklärt die Nachhaltigkeit zum zentralen Thema. Früher war die CMA für die Vermarktung zuständig. Heute ist die Landwirtschaft auf sich selbst gestellt. Welche Strategie sich zu welchem Anlass eignet muss fallbezogen entschieden werden. Mal wirkt die direkte Kommunikation authentisch, ein anderes Mal gilt eine Brancheninitiative als organisierte Interessensvertretung. Wichtig sei das Spiel mit Emotionen, das im Storytelling perfekt umgesetzt werden kann. Hier werden Geschichten erzählt, die mit glaubwürdigen Fakten zu unterlegen sind. „An eine gute Geschichte erinnert sich ein Verbraucher eher als an eine nüchterne Exceltabelle,“ so der Kommunikationsfachmann. Landwirte sollen zudem Weitblick entwickeln und Verständnis für branchenfremde Themen entwickeln.


 

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