In die Diskussion einsteigen
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Öffentlichkeitsarbeit ist ein wichtiger Produktionsfaktor geworden“, sagt Manfred Haas, Kreisobmann des Bauernverbands Rottweil. Wer am Samstagmittag Gülle neben einem Wohngebiet fährt, ziehe das Image aller Landwirte runter. „Die Folgen von sowas kriegen wir alle zu spüren“, sagt Haas.
Verbraucher und Landwirte müssten gemeinsam an einem guten Verhältnis arbeiten, wie es im Kreisgebiet geschehe. Dr. Clemens Dirscherl, Agrarbeauftragter der evangelischen Kirche und Mitglied des Tierschutz-Beirats der Bundesregierung, erklärte, wo inmitten von Verordnungen der Landwirt als Mensch bleibt.
Mein Hof, meine Regeln?
„Heute müssen Erzeuger damit klarkommen, dass sich Verbraucher in ihre Arbeit einmischen“, sagt Dirscherl. In Brüssel frage sich niemand, mit welcher Bürokratie er die Landwirte quälen könnte. „Neue Verordnungen kommen, weil in der Öffentlichkeit Fragen an die Bauern gestellt und Vorgänge hinterfragt werden“, meint Dirscherl. Das Hinterfragen sei ein Markenzeichen entwickelter Gesellschaften, in denen alle Grundbedürfnisse befriedigt sind. Die Leute beginnen zu fragen, was um sie herum passiert. Wohlbefinden, Fitness und Schutz stehen hoch im Kurs.
Diese Ideale werden auf die Landwirtschaft übertragen. Plötzlich sind Bauern in der Pflicht, Schutzbedürfnisse von Verbrauchern zu erfüllen: Gesundheitsschutz, Tierschutz, Umweltschutz. Diese Bedürfnisse solle man als Landwirt ernst nehmen. Wer Landwirtschaft seine Berufung nennt, handelt laut Dirscherl ohnehin selbstkritisch und frage sich, ob seine Arbeitsweise den eigenen Ansprüchen genügt.
Heikel sei in insbesondere das Tierwohl: Selbst wer hohe Ansprüche hat, könne beim Stallbau nur aktuelle Erkenntnisse zum Tierwohl berücksichtigen. Ein Neubau sei schnell überholt, wenn neue Tierwohl-Kriterien entdeckt und vorgeschrieben werden.
Wer neu baut, braucht Sicherheit
„Damit jemand mit Passion arbeiten kann, muss er sich auf die Politik verlassen können“, erklärt er, da man nicht bei jedem Wechsel des Regierungsstils einen neuen Stall nach neuen Anforderungen bauen kann.
Nach Dirscherls Aussage brauche es drei bis fünf Mrd. Euro pro Jahr, um das Tierwohl auf das von Verbrauchern gewünschte Niveau zu heben. „In einem Umfeld, dass so anspruchsvoll ist, muss es doch möglich sein, eine Fleischabgabe von Verbrauchern zu erheben, die dann exklusiv in der Landwirtschaft investiert wird“, merkt Dirscherl gesellschaftskritisch an.
„Gehen Sie raus aus dem Aufregen und rein in die Diskussion“, sagt er. Man müsse den Mut aufbringen, mit Kritiker zu bereden, wie man Tierwohl und das Erwirtschaften eines Einkommens unter einen Hut bringt. „Dazu gehört auch die Fortentwicklung der Landwirtchaft nach humanitären Gesichtspunkten, eine Landwirtschaft mit menschlichen Arbeitsbedingungen“, meint Dirscherl.
Einsatz ausgezeichnet
Ehrungen gab es auf der Jahreshauptversammlung der Kreisbauernverbände Rottweil e.V. und Tuttlingen e.V. fürs Ehrenamt und für Öffentlichkeitsarbeit (von links nach rechts): Hans Klaiber, Leiter des Landwirtschaftsamtes Rottweil, Helmut Merkle aus Deißlingen, der sich durch 25 Jahre ehrenamtliche Mitarbeit als Berichterstatter des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg verdient gemacht hat und der Landrat des Landkreises Rottweil, Dr. Wolf-Rüdiger Michel.
Gerhard Wössner und Margarete Wössner aus Aichhalden-Rötenberg und Martin Stern-Fautz aus Dunningen-Seedorf erhielten eine Urkunde für die Teilnahme an der Landesaktion „Gläserne Produktion“ des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Jahr 2017.
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