DLG-Wintertagung: "Signal aus der Politik dringend erforderlich"
Wenn die bäuerliche Sauenhaltung und Ferkelerzeugung eine Zukunft haben sollen, drängt langsam aber sicher die Zeit für eine Entscheidung der Politik zu Kastenstand und Kastration, so die einhellige Meinung beim Impulsforum des Fachausschusses Schwein auf der DLG-Wintertagung in Münster/Westfalen
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In einer schonungslosen Ist-Analyse zur Ferkelerzeugung in Deutschland stellte Dr. Frank Greshake von der Schweinevermarktung Rheinland in Sonsbeck (Nordrhein-Westfalen) fest, dass die Politik die Sauenhalter bei mehreren Themen seit nunmehr drei Jahren in der Luft hängen lasse.
Handel hegt Vorbehalte gegenüber Eberfleisch
Zum Thema Kastration stellte er fest, dass Ebermast und Eberimpfung als hinreichend erprobt bewertet werden können, die Schlachtunternehmen aber beiden Systemen quasi eine Absage erteilten. Separate Schlacht- und Zerlegelinien sowie die mangelnde Abnahmebereitschaft des Handels seien hier als Hauptgründe zu nennen.
Hinzu komme, dass sich Eberfleisch oft für bestimmte Vermarktungslinien als zu mager gezeigt habe. Dies habe schon 2017 zu einer Verschlechterung der Preismaske geführt, für 2019 sei hier ein weiterer Rückgang der Erzeugerpreise zu erwarten.
Verschärftes Umweltrecht erschwert Umbauten
Hinzu kommt die Umsetzung des „Kastenstandurteils“: Zur Umsetzung zusätzlicher Tierwohlmaßnahmen in der Sauenhaltung sind Um- oder Neubauten notwendig. Vor allem der Verzicht oder die eingeschränkte Nutzung von Kastenständen im Deck- und Abferkelstall bedeuteten oft ganz andere Stallgrundrisse und Buchtenmaße.
Die erforderlichen An- oder Erweiterungsbauten scheiterten aber häufig an Genehmigungshürden durch ein verschärftes Umweltrecht (Emissionen). Bis zu einer bundeseinheitlichen Regelung der beiden Probleme würden Investitionen wohl noch weiter zurückgehalten. Wenn man aber bedenke, dass ein Zurückhalten von Investitionen über einen Zeitraum von zehn Jahren einer – bewusst oder unbewusst getroffenen – Ausstiegsentscheidung für diesen Betriebszweig gleichkomme, dränge in beiden Fragen langsam aber sicher die Zeit, so Greshake.
Der „typische“ westdeutsche Ferkelerzeuger sei über 50 Jahre alt, ohne Hofnachfolger und mit zu wenig Fläche ausgestattet. Da in Dänemark, den Niederlanden und in Ostdeutschland hingegen in Großanlagen investiert werde, sei ohne Gegensteuerung ein Aussterben der bäuerlichen Ferkelerzeugung zu befürchten.
Andere Wege gingen einzelne Erzeuger, wie der Sauenhalter Gereon Albers aus Lengerich in Niedersachsen berichtete. Er konnte sich mithilfe der Unterstützung durch die niedersächsische Ringelschwanzprämie das Know-how für eine „Langschwanzhaltung“ aneignen.
Nachdem sich eine anfänglich geplante Direktvermarktung nicht als der geeignete
Langschwanz-Schweine für Nischenmarkt
Vertriebsweg herausstellte, setze er nun für etwa 10.000 Schweine im Jahr auf einen kurzen Vertriebsweg von speziellen Nischenmarken in den Lebensmittel-einzelhandel. Er könne so flexibel auf spezielle Anforderungen am Point of Sale reagieren und erhalte den Mehraufwand für diese Kundenwünsche auch vergütet.
Die in Sachen Tierschutz vielgelobten schweizerischen Bemühungen stellte Prof. Dr. Xaver Sidler von der Universität Zürich vor. Ob Flächensanierungen für EP und APP, die Atemwegserkrankungen quasi ausgerottet haben, Langschwanz, freies Abferkeln oder Kastration unter Isofluran-Betäubung, hier scheinen bereits viele Dinge in einem kleinen, aber hochpreisigen Markt umgesetzt.
Allerdings sieht der Experte für Schweinemedizin in der Isofluran-Narkose wie auch in der durch den Tierarzt durchzuführenden Injektionsnarkose viele stressbedingten Nachteile für das Ferkel. Daher beobachte man in der Schweiz gespannt die Diskussionen um einen „vierten Weg“ in Deutschland. So weit die Schweiz in Tierschutzthemen aber auch ist: Ein Fünftel des konsumierten Schweinefleischs werde aus Kostengründen in Deutschland eingekauft, Tendenz trotz fallendem Konsum insgesamt steigend.
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