Tierwohl-Ansprüche in Mastställen steigen
Vollspaltenböden in den Buchten, keine getrennten Liege-und Laufflächen und ohne weiche Beläge für das Ruhen und Wiederkäuen: Ein verbreitetes Verfahren für die Bullenmast. Niedersachsen möchte das nun ändern und hat im vergangene Jahr Leitlinien für Mastrinderställe aufgelegt. Die sind zwar nicht rechtsgültig, sollen aber für Neu- und Umbauten bindend sein. Ein Vorstoß, der Folgen haben könnte, auch hierzulande – so der Tenor auf einem Workshop für Bullenmäster vergangene Woche in Bad Boll (Landkreis Göppingen).
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Wer nach konkreten Vorgaben für die Rindermast sucht, sucht bisher vergeblich. Denn anders als für Kälber bis zu einem Alter von sechs Monaten, gibt es keine gesetzliche Regelung in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNtV) für Mastrinder ab einem Alter von sieben Monaten. Für diese Tiere gilt der gesetzliche Rahmen des Tierschutzgesetzes. Genauer gesagt: Paragraf zwei, wonach die Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden müssen und die Möglichkeit zu artgemäßer Bewegung nicht so eingeschränkt werden darf, dass den Tieren dadurch Schmerzen, vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden.
Mehr Komfort für Neu- und Altställe
Eine Gesetzesgrundlage, die den Initiatoren der nun aufgelegten Leitlinie in Niedersachsen nicht weit genug geht beziehungsweise die sie konkretisieren wollten. Und von der sich die Verfasser erhoffen, dass deren Inhalte „einmal bundeseinheitlich umgesetzt werden“, wie Heidi Meine-Schwenker von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen den Teilnehmen des Workshops darlegte. Die Haltungsexpertin aus Oldenburg gehörte dem Arbeitskreis an, der den Erlass mit auf den Weg gebracht hat.
Damit soll es für die Behörden in dem nördlichen Bundesland künftig einfacher werden, Neu- und Umbauten größeren Umfangs aus tierschutzfachlicher Sicht zu beurteilen und Mindestanforderungen zu formulieren. Verpflichtend ist die Leitlinie dabei nicht. „Es handelt sich um kein Gesetz und um keine Verordnung“, erläuterte die Referentin, vielmehr um ein abgestimmtes Papier unterschiedlicher Institutionen, das, so meinte Heidi Meine-Schwenker „bei Gerichten Gewicht haben dürfte“.
Besonders Augenmerk richtet die niedersächsische Tierschutzleitlinie denn auch auf den Platz, den der einzelne Mastbulle in seiner Bucht hat. Für die Referentin, die ihren Dienstsitz an der Landwirtschaftskammer in Oldenburg hat, reicht dieser verügbare Raum inzwischen nicht mehr aus: „Die Bullen sind in den vergangenen 20 Jahren im Schnitt 100 Kilogramm schwerer geworden. Da sind 2,7 Quadratmeter Gesamtfläche für einen Endmastbullen mit durchschnittlich 650 Kilogramm Lebendgewicht zu wenig. Unabhängig von bestehenden Genehmigungen, ist das tierschutzfachlich nicht mehr zu vetreten“, kritisiert sie, „zumal Verbraucher längst anders auf die Haltung der Tiere sehen“.
Gummimatten auf den Liegeflächen fördern Tierwohl
Studien zeigten, dass sich mehr Platz in den Buchten und weiche Liegeflächen auf das Liegeverhalten, Gesundheit, nicht zuletzt auf die Zunehmen der Mastrinder auswirkten. Ein probates Mittel: Gummimatten. Sie isolieren den Untergrund, senken die Zahl von Gelenksproblemen und werden, weil sie weicher und bequemer sind, von den Rindern gerne angenommen. Allerdings, das räumt die Referentin vor den gut 50 Zuhörern im Gasthaus „Löwen“ ein, steige die Gefahr, dass die Buchtenböden durch die Matten feuchter und rutschiger werden und die Tiere dadurch stärker verschmutzen.
Umso wichtiger sei es, den Schlitzanteil auf mindestens zehn, besser 15 Prozent zu erhöhen. Das ist bei Spalten mit einer Auftrittsbreite von 13 bis 14 Zentimetern nicht gewährleistet. Ohnehin, so Meine-Schwenker, sollten nur wenige Schlitze mit Gummimatten bedeckt werden. Genügend Kot treten die Tiere den Erfahrungen von Meine-Schwenker zufolge auf Spaltenböden mit vier Zentimeter breiten Schlitzen durch. Auf Matten reicht eine Schlitzweite von 3,5 Zentimetern aus. Die Tränken sollten in der Nähe des Fressplatzes installiert werden. Ansonsten nässen die Tiere ihre Liegeflächen ein. Für den nötigen Klauenabrieb sorgen Spalten im vorderen Teil der Buchten.
Fehlt den Buchten hierfür die nötige Tiefe, rät die Tierschutzleitlinie in solchen Fällen dazu, die Buchten komplett mit Gummimatten auszulegen. Wenn es geht, denn nicht alle Spaltenböden in Altbauten seien hierfür geeignet. „In Neubauten raten wir dazu, die Buchten von vorneherein tiefer zu konzipieren, um die gewünschte Strukturierung zu erreihen“, erläutert die Referentin.
Mit Folgen für das Tier-Fressplatz-Verhältnis, das dann auf mehr als das gewünschte 1:1-Verhältnis steigt. Hier differenziert die Leitlinie zwischen einer rationierten Fütterung, bei der ein Verhältnis von 1:1 eingehalten werden muss und einer ständigen Vorlage von Grundfutter, wie beispielsweise TMR. „Dann kann das Tier-Fressplatzverhältnis auf 2:1 ausgedehnt werden“, ergänzt Heide-Schwenker.
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