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KBV Reutlingen

Informationen zur GAP aus erster Hand

Coronabedingt sind auch beim KBV Reutlingen Veranstaltungen ausgefallen, allen voran die Ortsobmännertagungen und die traditionelle Lichtmesstagung am 2. Februar in St. Johann: Grund genug für den Kreisbauernverband Reutlingen am 12. Februar eine digitale Web-Konferenz auf die Beine zu stellen. Um im politischen Bereich weiter auf dem Laufenden zu bleiben, brachte Dr. Konrad Rühl, Abteilungsleiter Landwirtschaft im MLR, die Mitglieder auf den neuesten Stand der Entwicklungen.

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  Dr. Konrad Rühl, Abteilungsleiter Landwirtschaft im MLR, setzt sich dafür ein, dass Forschung und Förderprogramme im Land praxisnah gestaltet werden.
Dr. Konrad Rühl, Abteilungsleiter Landwirtschaft im MLR, setzt sich dafür ein, dass Forschung und Förderprogramme im Land praxisnah gestaltet werden.MLR
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Der Start für die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) war ursprünglich für 2021 vorgesehen. Jetzt soll es Anfang 2023 soweit sein. Wie Dr. Rühl weiter berichtete, sei es positiv, dass die Budgets im europäischen Finanzrahmen für die neue Förderperiode 2021 bis 2027 auf dem bisherigen Niveau erhalten bleiben. Für die 1. Säule sind es nach heutigen Berechnungen minus 0,8 Prozent. Bei der 2. Säule gibt es sogar ein Plus von 5,5 Prozent. Die Sorge also, dass das Budget gekürzt wird, habe sich nicht erfüllt. Auch Befürchtungen, dass dem Land die Mittel ausgehen könnten, wenn zum Beispiel immer mehr Betriebe FAKT-Maßnahmen beantragen oder auf ökologischen Landbau umstellen, trat Rühl entgegen. Die Finanzierung (Stand heute) ist gesichert.

Neuerungen in diesem Jahr

In Sachen Umweltmaßnahmen kündigte Rühl an, dass ab dieses Jahr mehrjährige Blühmischungen gefördert werden mit 730 Euro pro Hektar. Als Erfolg der Landespolitik wertete Rühl auch, dass es gelungen sei, die Kulisse für die „benachteiligten Gebiete“ im Sinne der Landwirtschaft positiv zu gestalten. So nehmen jetzt Gebiete „mit spezifischen Nachteilen“ landesweit einen relativ großen Umfang ein. Auch hierfür kann man im Gemeinsamen Antrag die Ausgleichszulage beantragen.

Struktur der künftigen GAP

Bei der künftigen GAP ab 2023 soll es als Sockel wieder ein obligatorisches Paket geben, mit Mindestanforderungen an Wasser, Boden, Klima, Biodiversität und Düngung. Obendrauf kommen die so genannten Eco-Schemes sowie die Maßnahmen aus der 2. Säule. Beides sind freiwillige Maßnahmen, die man also beantragen kann, aber nicht muss.

Der Zeitdruck ist hoch

Den Zeitplan für die neue GAP bezeichnete Rühl als „sehr eng“. Spätestens bis zum Januar 2022 müsse der nationale GAP-Plan stehen. Anfang 2022 wird der Plan in Brüssel eingereicht. Nach einer Genehmigung wird die Landesverwaltung die Neuerungen in ihre EDV-Systeme einpflegen. Derzeit laufen auch noch die Trilog-Verhandlungen, also Gespräche zwischen dem europäischen Rat, der EU-Kommission und dem EU-Parlament. Hier wird unter anderen auch die Ausgestaltung der Eco-Schemes verhandelt. „Wir hoffen, dass diese Verhandlungen spätestens im April abgeschlossen werden, weil wir unsere nationalen Entscheidungen vor der Sommerpause treffen sollten, um das nationale Direktzahlungsdurchführungsgesetz noch vor der Bundestagswahl verabschieden zu können“, so Rühl. Für Entscheidungen zur 2. Säule bleibt noch Zeit bis zum Herbst 2021. „Hier sind wir offen, für gute Vorschläge“, so Rühl.

Erste Ergebnisse - Verhandlungen gehen weiter

Bei der Agrarministerkonferenz am 5. Februar konnten die Bundesländer laut Rühl bei fünf von insgesamt 14 Punkten Einvernehmen herstellen. Unter anderen sollen Junglandwirte mehr Geld bekommen, Zahlungsansprüche sollen abgeschafft oder Regelungen für Nebenerwerbslandwirte erhalten bleiben. Ebenso soll für alle Betriebe eine einheitliche Basisprämie pro Hektar ausbezahlt werden. Das Grünlandumbruchverbot soll es künftig für alle Länder geben. Strittig sind nach die vor Umschichtungen von der 1. in die 2. Säule. Zentraler Punkt sind auch Umverteilungsprämien. Bei den Zuschlägen auf die Direktzahlungen für die ersten Hektare will Baden-Württemberg die Prämien an sich erhöhen und auch bei den Hektaren weiter hochgehen. Ein Preis dafür könnte sein, dass man im Gegenzug die Direktzahlungen für die großen Betriebe im Osten doch nicht kappt oder weniger degressiv gestaltet als bislang angedacht. Im Gespräch ist auch, ob für Schafe und Ziegen wieder eine gekoppelte Direktzahlung einführen soll. Hier könnte auch die Mutterkuhhaltung mit rein.

Biodiversität und Umweltmaßnahmen

Für den KBV-Vorsitzenden Gebhard Aierstock ist es unter anderen wichtig, dass das Biodiversitätsstärkungsgesetz im Land jetzt nicht durch das geplante Insektenschutzgesetz im Bund ausgehebelt wird. Bei dem vom Land im vergangenen Jahr verabschiedeten Biodiversitätsstärkungsgesetz geht es um einen Ausgleich zwischen Landwirtschaft und Naturschutz. Rühl rief die KBV-Mitglieder auf, aktiv an der Umsetzung der Ziele dieses Gesetzes mitzuarbeiten. Die Landesregierung versuche gemeinsam mit den Landwirten praktische Lösungen zu finden. Der aus Dr. Rühl´s  Sicht einzige Punkt, bei dem es harte Einschränkungen in der Bewirtschaftung gebe, sei das Verbot des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in Naturschutzgebieten. Betroffen sind hier laut Rühl 185 ha Wein- und Obstbau sowie 2200 ha Ackerfläche. „Hier sind wir dabei, individuelle Lösungen für die betroffenen Betriebe zu finden“, meinte Rühl.

Weniger Pflanzenschutzmitteleinsatz

Ziel der Landesregierung ist es, den Pflanzenschutzmitteleinsatz insgesamt zu reduzieren. Bis 2030 soll zum einen der PM-Einsatz in der Menge um 40 bis 50 Prozent zurückgehen. Zum anderen soll der Ökoanbau ausgeweitet werden. Dafür gibt es im Land bereits 14 Bio-Musterregionen und auf allen Landesbetrieben werde es eine Teilumstellung auf Ökoanbau geben, um die Entwicklung mit angewandter Forschung zu begleiten. Für den Erfolg dieser Ziele entscheidend seien stabile Marktpreise, egal ob für Öko- oder konventionelle Ware. Deswegen sei ein nachfrageorientiertes Wachstum gefragt. Rühl betonte, dass es nicht darum gehe, einseitig nur noch für Ökolandwirtschaft zu werben. Denn selbst wenn die Ökowaren 2030 rund 30 Marktanteile erreichen würden, blieben immer noch 70 Prozent konventionell erzeugte Erzeugnisse, die qualitativ sehr hochwertig seien. Die volatilen Märkte zu stabilisieren, bezeichnete Rühl als eine der größten Herausforderungen für die kommenden Jahre.

Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Bei der Reduktion des PM-Einsatzes gehe es keinesfalls nur um die Landwirtschaft, sondern auch um den PM-Einsatz in Kleingärten, in öffentlichen Einrichtungen (Parks, Gärten, Straßenbau etc.) oder an den Schienenstrecken. Um sich ein Bild über den Mitteleinsatz zu verschaffen, ist man gerade dabei, Daten zu erheben, wie viel Pflanzenschutzmittel im Land tatsächlich ausgebracht werden. Nur mithilfe konkreter Zahlen, die dann in einem jährlichen Bericht vorgestellt werden sollen, könne man die Reduktionsziele Stück für Stück erreichen. Klar ist für Rühl aber auch:  Landwirtschaft ganz ohne Pflanzenschutzmittel wird es nicht geben.

Verlässliche Zahlen sind gefragt

Laut Rühl werden heute schon vom Bund über das Julius Kühn-Institut (JKI), Dresden, Daten auch mithilfe von Betrieben aus Baden-Württemberg erhoben. Diese Daten würden anonymisiert über die Verbände an das JKI gemeldet. Dies möchte man jetzt ausweiten. So sollen Daten über die Verbände künftig auch an das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) nach Karlsruhe geschickt werden, um daraus eine Statistik fürs Land aufzubauen. „Wir brauchen klare Antworten, wenn wir gefragt werden, was und wie viel Pflanzenschutzmittel wir in Baden-Württemberg ausbringen“, so Rühl. Dadurch erhoffe man sich, die bislang oft ideologisch geführten Diskussionen beim Pflanzenschutz zu versachlichen und vor allem auch die Forschung weiter voranzutreiben – zum Beispiel den Einsatz neuer Methoden in der Pflanzenzüchtung.

Breitangelegtes Versuchswesen soll Daten liefern

Im Land wurden 35 Demonstrationsbetriebe ausgewählt, um Maßnahmen zur PM-Reduktion zu testen und auszuprobieren, berichtete Rühl.  Er betonte, dass es auch in den Schutzgebieten insgesamt keine Verbote geben soll, sondern eine integrierte Produktion (IP) stattfinden. Eingerichtet werden auch je zwei Biodiversitäts-Demonstrationsbetriebe in den Landkreisen. Konrad Rühl war es in seinem Vortrag ein Anliegen, den Landwirten Zukunftsperspektiven aufzuzeigen. Bei den vielen Veränderungen, die  auf die Betriebe zukommen, sei es wichtig, nicht alles gleichzeitig verändern zu wollen. „Hier muss es eine Brandmauer geben“, so Rühl. Zu dem in der vergangenen Woche im Bund vorgestellten Entwurf zum Insektenschutzgesetz meinte Rühl, dass man viele Dinge, die ursprünglich geplant waren, noch hätte drehen können. Er kündigte an, dass sich das Land mit weiteren Änderungsanträgen einbringen werde.

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