
Schnelle Hilfe für Betriebe
In zahlreichen Landkreisen gab es am ersten Juni-Wochenende lang anhaltenden Niederschlag und Starkregen-Ereignisse, die zu großen Schäden geführt haben. Landwirtschaftsminister Peter Hauk, stellte vergangenen Freitag bei einer Pressekonferenz die aktuellen Hochwasserschäden in der Land- und Forstwirtschaft in Baden-Württemberg vor.
von Redaktion erschienen am 13.06.2024Die Kreise Bodenseekreis, Ravensburg, Sigmaringen, Biberach, Alb-Donau-Kreis, Reutlingen, Tübingen, Göppingen, Ostalbkreis, Esslingen und der Rems-Murr-Kreis waren besonders betroffen – auch in der Landwirtschaft. Eine erste Schadensabfrage auf Landkreisebene ergab für Baden-Württemberg mehr als 95.000 Hektar starkregengeschädigte und 26.000 Hektar überschwemmte Ackerflächen. Zudem wurden mehr als 85.000 Hektar Grünland durch Starkregen geschädigt und mehr als 22.000 Hektar überschwemmt, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium in Stuttgart. Minister Peter Hauk hatte sich zuvor bei etlichen betroffenen Betrieben vor Ort über die Schadensituation in der Land- und Forstwirtschaft informiert.
Die vielen Niederschläge würden zwar nicht überall zu Totalausfällen führen, allerdings sei nach jetzigem Kenntnisstand von erheblichen Ertrags- und Qualitätsverlusten auszugehen. Die erste Grünfutterernte konnte bisher nur von etwa 70 Prozent der Betriebe abgeschlossen werden. „Besonders Milchviehbetriebe, wie auch Rinder- und Pferdehalter sind hiervon betroffen. Bei den Obst- und Gartenbaukulturen seien insbesondere Schäden durch aufgeplatzte Kirschen und starkregengeschädigte Erdbeeren zu verzeichnen. Punktuell kam es zu Überschwemmungen von Höfen und Ställen. Sofern notwendig, konnten die untergebrachten Tiere alle rechtzeitig evakuiert werden. Eine konkrete Schadenssumme kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden“, betonte der Minister.
„Bei den Schadereignissen im Wald handelt es sich überwiegend um Schäden an den Waldwegen, die ausgespült oder durch Hangrutschungen mitgerissen wurden. Nach ersten Schätzungen ist aufgrund des jüngsten Hochwasserereignisses landesweit mit Schäden im Wald von über drei Millionen Euro zu rechnen“, sagte Minister Peter Hauk.
Die massiven Regenfälle der letzten Tage haben auch langfristig negative Auswirkungen auf Acker- und Grünlandbestände, so der Landesbauernverband. So konnten und können auf vielen Ackerbeständen nicht die notwendigen Pflanzenschutzmaßnahmen stattfinden, was dazu führt, dass der Pilz- und Unkrautdruck hoch ist. Es kann an dieser Stelle noch nicht abgeschätzt werden, ob dies Auswirkungen auf die spätere Erntemenge und Qualität hat. Das kommt auch darauf an, wie schnell das Wasser abfließt und die Flächen abtrocknen können.
Landesbauernverband fordert Unterstützung
Da mit massiven Ernteausfällen zu rechnen ist, fordert der Landesbauernverband in Baden-Württemberg (LBV) das Land auf, zu handeln. „Die betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe haben mit massiven wirtschaftlichen Verlusten zu kämpfen. In dieser schwierigen Lage brauchen sie dringend finanzielle Unterstützung. Erleichterungen bei der Bewirtschaftung ihrer Betriebe sind darüber hinaus erforderlich. Letzteres kann beispielsweise durch eine möglichst weitgehende Flexibilisierung bei der Umsetzung der GAP-Regelungen oder von Landesprogrammen wie dem FAKT erreicht werden,“ macht Joachim Rukwied, Präsident des LBV, deutlich. Da solche Naturkatastrophen seit einigen Jahren stetig zugenommen haben, fordert der Landesbauernverband des Weiteren auf Bundesebene die Unterstützung des Aufbaus und der Finanzierung einer Mehrgefahrenversicherung, die bei Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen durch Hochwasser, Hagel, Überschwemmung, Dürre und Frost oder ähnlichem einen Ausgleich zahlt.
Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg hat finanzielle Unterstützungen und betriebswirtschaftliche Erleichterungen für die von den Unwettern der letzten Wochen betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe eingefordert. Als eine erste Maßnahme hat nun das Finanzministerium Baden-Württemberg einen entsprechenden Erlass herausgegeben, der diesbezügliche steuerliche Hilfen enthält. Die Beseitigung, insbesondere auch der Hochwasserschäden, wird bei vielen Steuerpflichtigen zu beträchtlichen, bis hin zu existenzbedrohenden finanziellen Belastungen führen. Den Geschädigten soll mit steuerlichen Maßnahmen zur Vermeidung unbilliger Härten entgegengekommen werden. Die Finanzämter wurden unterrichtet. Die Betroffenen werden gebeten zeitnah auf ihr Finanzamt zuzugehen.
Land verspricht Hilfe
Landwirtschaftsminister Peter Hauk spricht in der Pressekonferenz Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten des Landes im Falle von Liquiditätsproblemen an. Beispielsweise unterstütze das Land die baden-württembergischen Betriebe im Rahmen des Agrarumweltprogramms FAKT II. Zudem gebe es Unterstützung im Hinblick auf den Ausbau der Klimaresilienz durch verschiedene Förderprogramme, die den präventiven Schutz vor klimatischen Risiken wie Hagel, Starkfrost, Trockenheit und Hitze betreffen. Bei der Waldwegeinstandsetzung sei eine Förderung mit bis zu 70 Prozent nach Schadereignissen grundsätzlich möglich. Hauk weist allerdings darauf hin, dass die aktuellen Schäden das derzeit verfügbare Mittelvolumen übersteigen. Das Land will prüfen, ob aufgrund der Notlage die erforderlichen Mittel für die Hochwasserschäden freigegeben werden können.
Darüber hinaus prüfe das Land, ob für vom Hochwasser betroffene Kommunen eine ELR-Sonderausschreibung ‚Unwetterhilfe‘ darstellbar sei. Auch die Behebung von Unwetterschäden in Flurneuordnungsverfahren will Hauk fördern.
Hilfsangebote in der Krise
Versicherte der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), die von Frost- und Wasserschäden der vergangenen Monate oder vom aktuellen Hochwasser betroffen, können Beratungsangebote in Anspruch nehmen: Beratung zum Gesundheitsschutz bei Aufräumarbeiten, Telefon: 0561/785-16038. Mit einem formlosen Antrag können SVLFG-Versicherte eine zinslose Stundung aller fälligen Beiträge bis zur jeweiligen Oktober-Fälligkeit beantragen. Kontakt: E-Mail: versicherung@svlfg.de oder Tel. 0561/785-0) Kostenlose Unterstützung von Psychologen in der Krise gibt es rund um die Uhr unter Tel. 0561/785-10101.
Die Landwirtschaftliche Rentenbank öffnet dauerhaft ihr Programm „Liquiditätssicherung“ für Betriebe, die von Wetterextremen betroffen sind. Antragsberechtigt sind alle landwirtschaftlichen Betriebe – unabhängig von ihrer betriebswirtschaftlichen Ausrichtung – die einen auf Wetterextreme zurückzuführenden Umsatz- und/oder Ergebnisrückgang von mindestens 30 Prozent nachweisen können. Das Programm ermöglicht es den Landwirten, Darlehen zu „LR-TOP“-Konditionen aufzunehmen. Mit Laufzeiten von vier, sechs oder zehn Jahren können die Mittel für notwendige betriebliche Ausgaben genutzt werden. Der Nachweis erfolgt gegenüber der Hausbank.
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