Ländle leben lassen
Im Frühjahr reichte ein Bündnis von 26 Umwelt- und Landwirtschaftsorganisationen 53.000 Unterschriften für einen Volksantrag gegen den Flächenverbrauch beim Landtag ein. In einer gemeinsamen Sitzung von fünf Landtagsausschüssen hörten sich die Abgeordneten die Argumente der Initiatoren des Volksantrages und weiterer Experten an.
von Guido Krisam erschienen am 17.06.2024
Zentrales Anliegen des Volksantrages ist die rasche Reduzierung des Flächenverbrauchs auf 2,5 ha/Tag und längerfristig auf Netto-Null. Erreicht werden soll dieses Ziel durch verbindliche Obergrenzen für die Ausweisung neuer Bebauungspläne. Bündnissprecher Gerhard Bronner, Vorsitzender des Landesnaturschutzverbands, betonte, dass die Schaffung von neuem Wohnraum und Gewerbeflächen auch dann möglich sei, wenn man mit Fläche sparsamer und effizienter umgeht. Handlungsbedarf bestehe dabei weniger in den Ballungsräumen als im ländlichen Raum, wo 80 Prozent des Flächenverbrauchs stattfindet. Bauen in die Höhe und nicht in die Breite sei eine Strategie. Noch wichtiger sei es aber, die Potenziale im bebauten Bereich wie Baulücken und Leerstände zu mobilisieren. Bronner verwies darauf, dass der Flächenverbrauch in Baden-Württemberg nach dem Jahr 2000 deutlich reduziert werden konnte, sich aber seit 2014 nichts mehr tut. Er plädierte für verbindliche Obergrenzen für die Flächeninanspruchnahme auf Landesebene.
Schutz landwirtschaftlicher Flächen
Marco Eberle, Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes, ging insbesondere auf den Schutz der landwirtschaftlichen Flächen ein. Eberle verknüpfte das Thema Boden auch mit der Ernährungssicherheit, die auf europäischer, deutscher und baden-württembergischer Ebene intensiv diskutiert werden müsse. Fruchtbare Erde müsse weiterhin für die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln bereitstehen und dürfe nicht weiter versiegelt werden. Dazu müssten endlich verbindliche Vorgaben zum Schutz der Böden erlassen werden. Eberle kritisierte, dass die Belange der Landwirtschaft heute zwar immer wieder vorgetragen würden, es aber trotzdem nicht zu einem ausreichenden Schutz der Böden komme. Er forderte wirksamere Instrumente statt unverbindlicher Soll-Vorschriften. Auch der Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbands bekräftigte die Forderung des Bündnisses, im neuen Landesplanungsgesetz das von der Regierungskoalition beschlossene Flächensparziel als „Ziel“ und nicht als „Grundsatz“ der Raumplanung festzusetzen.
Bei der Anhörung kamen auch die Kommunalverbände und verschiedene Experten zu Wort, von denen etliche den Volksantrag kritisch sahen. Michael Makurath, stellvertretender Präsident des Städtetags Baden-Württemberg und Oberbürgermeister der Stadt Ditzingen, verwies darauf, dass die Gefahr bestehe, dass die Kommunen in Zielkonflikte geraten. Makurath wies darauf hin, dass viele Flächeninanspruchnahmen gesetzlich veranlasst seien, etwa durch Vorgaben zum Ausbau erneuerbarer Energien oder den Rechtsanspruch auf Kindergartenplätze. Ein Zielkonflikt entstehe, wenn das Land gleichzeitig Flächensparziele vorgebe.
Steffen Jäger, Präsident und Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags Baden-Württemberg, betonte, dass die wachsende Bevölkerung bis 2040 zusätzlichen Wohnraum benötige, was durch die vom Bund zugesagten, aber nicht erreichten Wohnungsbauziele unterstrichen werde.
Der Landtag wird sich in den nächsten Wochen und Monaten weiter mit dem Thema beschäftigen und über den Volksantrag entscheiden.
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