
Neues Blauzungenvirus breitet sich rasant aus
Seit im Herbst 2023 in den Niederlanden insgesamt 7735 Rinder und über 50.000 Schafe an einer Infektion mit dem neuen Blauzungenvirus (BTV-3) verendet sind, hat sich die Tierseuche auch in andere Länder ausgebreitet. Inzwischen ist eine Impfung möglich und wird dringend empfohlen.
von Dr. Hans-Jürgen Seeger, Rinder- und Eutergesundheitsdienst, Aulendorf erschienen am 16.07.2024Am 3. September 2023 trat das Blauzungenvirus vom Serotyp 3 (BTV-3) in den Niederlanden zum ersten Mal auf. Schon im Folgemonat wurde es auch in Belgien, Deutschland und England nachgewiesen.
Vor allem bei Schafen kommt es durch die Infektion zu einer akuten fieberhaften Erkrankung mit schweren Verläufen und Todesfällen. Auch bei Rindern können akute Erkrankungen mit Entzündungen der Schleimhäute auftreten. Meist stehen bei den Kühen jedoch massive Milchleistungsverluste im Vordergrund.
Die Erkrankung wird durch Gnitzen übertragen, die vor allem in der warmen Jahreszeit aktiv sind. Das Virus ist lange Zeit im Blut nachweisbar und kann über Viehtransporte in bisher nicht betroffene Regionen verschleppt und hier von Gnitzen aufgenommen werden.
Rasante Ausbreitung erwartet
Das BTV-3-Virus hat sich im Herbst 2023 in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ausgebreitet. Beginnend mit dem ersten klinischen Ausbruch nach den Wintermonaten am 21. Mai 2024 hat das Seuchengeschehen in diesem Jahr bereits an Fahrt aufgenommen. Es ist zu erwarten, dass sich das Infektionsgeschehen bis zum Spätsommer und Herbst auf große Teile Deutschlands ausdehnt. Der BTV-3-Ausbruch in Hessen zeigt, dass trotz dem Einhalten der rechtlichen Vorgaben auch eine Verschleppung durch Tiertransporte möglich ist.
Parallelen zu 2006 bis 2008
Im August 2006 wurde das Blauzungenvirus (damals Serotyp 8) erstmalig in Deutschland nachgewiesen und breitete sich bis Ende der Gnitzensaison vor allem in Nordrhein-Westfalen aus. Der erste Ausbruch im Folgejahr wurde Anfang Juni festgestellt. Im weiteren Verlauf des Jahres 2007 kam es während der Hauptaktivitätszeit der Gnitzen zu einer rasanten Verbreitung des Virus. Erst im Rahmen der Impfkampagne im Mai 2008 wurde das Virus schließlich zurückgedrängt.
Schnelles Handeln nötig
Nur über eine Impfung können schwere Verläufe der Erkrankung und wirtschaftliche Einbußen vermieden werden. Leider schützen die bisher gegen die Serotypen 4 und 8 eingesetzten Impfstoffe nicht gegen BTV-3. Aktuell ist deshalb per Eilverordnung in Deutschland die Anwendung von drei Impfstoffen gegen BTV-3 gestattet. Alle drei Impfstoffe sind verfügbar und können von den Tierarztpraxen bestellt werden. In den vergangenen Wochen wurden deutschlandweit bereits circa 130.000 Rinder und 100.000 Schafe geimpft.
Impfung wird bezuschusst
Die Tierseuchenkasse (TSK) Baden-Württemberg und das Land Baden-Württemberg unterstützen die Impfung durch einen Impfzuschuss. Dieser liegt beim Rind bei 2,00 Euro pro Impfung, beim Schaf bei 1,90 Euro pro Impfung und bei der Ziege bei 0,90 Euro pro Impfung. Voraussetzung für die Gewährung der Impfzuschüsse ist die Eintragung der Impfung in HIT. Die Impfzuschüsse zur Impfung gegen BTV-4 und BTV-8 bleiben unverändert nach Impfzonen gestaffelt. Für Tierverluste infolge einer Blauzungeninfektion werden keine Entschädigungs- und Beihilfeleistungen gewährt.
„Erwartbar ist eine Infektionsdynamik wie 2007 – mit dem Unterschied, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Impfung möglich ist.“ Dr. Hans-Jürgen Seeger, Rinder- und Eutergesundheitsdienst, Aulendorf
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