Waldbesitzer sind auf gute Betreuung angewiesen
Sturmholz, Käferholz, neue Baumarten: Auf die Waldbesitzer im Land wartet jede Menge Arbeit. Viele können ein Lied davon singen, wenn der Förster nicht erreichbar ist, der Dienstleister einen erst einmal auf die Warteliste setzt und man beim Holzverkauf womöglich noch draufzahlen muss. Wie sich die Situation verbessern lässt, darum ging es beim Runden Tisch Privatwaldbetreuung, zu dem die Landesforstverwaltung nach Freiburg, Gaildorf, Haslach im Kinzigtal sowie nach Laupheim eingeladen hat.
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Was eine gute Betreuung konkret ausmacht, das durften sich die teilnehmenden Waldbesitzer und Dienstleister in Gruppen selbst erarbeiten. Einer der Teilnehmer ist schon im Rentenalter. Als ehemaliger Landwirt kümmert sich der rüstige 72-Jährige um seinen 5 Hektar großen Wald. Wie er gleich zu Beginn in der Vorstellungsrunde in Laupheim berichtet, musste er in den vergangenen Jahren mindestens drei Mal mehr Holz aus dem Wald herausholen, als an Zuwachs wieder aufgebaut wurde. „Dieses Jahr fielen nach einem Sturm 250 Festmeter Holz an. Da waren wir machtlos“, berichtet Müller (Name von der Redaktion geändert). Beim Aufarbeiten mussten Traktoren und Rückefahrzeuge selbst bei schlechtem Wetter in den Wald fahren. Der Termindruck bei den Dienstleistern ließ keine andere Möglichkeit zu. Entsprechend wurde der Boden in Mitleidenschaft gezogen, und viele Stämme, jeweils auch noch von verschiedenen Besitzern, wurden alle auf einem großen Haufen abgelegt, was die spätere Vermarktung nochmals deutlich erschwerte. „Da verliert man den Überblick und die Lust. Und wenn irgendwie alles keinen richtigen Wert mehr hat, kommt man sich ganz klein vor“, schildert Müller seine Erlebnisse.
Handlungsdruck ist groß
Kalamitäten und Klimawandel zwingen die Waldbesitzer zum Handeln. Und wie Müller geht es derzeit vielen Waldbesitzern im Land. Um den Privatwald kümmern sich rund 260.000 private Waldeigentümer, darunter viele bäuerliche Betriebe. Ihr Ansprechpartner ist der Revierförster, der für den Kommunal- und Privatwald zuständig und übers Forstamt ans Landratsamt angeschlossen ist. Für den Staatswald trägt seit 1. Januar 2020 eine landeseigene Anstalt des öffentlichen Rechts, Forst Baden-Württemberg (ForstBW), die Verantwortung. Der größte Anteil der baden-württembergischen Wälder (knapp 1,3 Millionen Hektar) mit 40 Prozent befindet sich im Besitz von Körperschaften (vor allem Städte und Gemeinden), 36 Prozent sind in privater Hand und 24 Prozent gehören dem Land Baden-Württemberg (rund 330.000 Hektar).
Dialog und Erfahrungsaustausch
„Mit den Runden Tischen wollen wir mit den Waldbesitzerinnen, Waldbesitzern und forstlichen Dienstleistern in den Dialog gehen, ihre Erfahrungen mit der Beratung und Betreuung durch die Landesforstverwaltung aufnehmen sowie Wünsche und Verbesserungsvorschläge kennenlernen“, meinte Peter Hauk MdL, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, in einem per Video zugeschalteten Grußwort. Die Ergebnisse der Runden Tische dienen dem Ministerium als wichtige Grundlage für die weiteren verwaltungsinternen Beratungen, um die Privatwaldbetreuung weiter zu optimieren, erläuterte Michael Gerster, der beim Ministerium der Referent für die Privatwaldbetreuung und deren Förderung ist.
Das sind die Herausforderungen
Klimawandel: Steigende Temperaturen, weniger Niederschläge und Wetterkapriolen setzen dem Wald zu. Mit Jungpflanzungen und auch neuen Baumarten versucht man den Wald zukunftsfähig zu machen (Waldumbau/Waldstrategie 2050). Welche Baumart für welchen Standort am besten geeignet ist und wie und wo Jungpflanzen beschafft werden können, sind bei der Beratung und Betreuung wichtige Themen.
Strukturelle Nachteile: „Als Kleiner kommt man immer zum Schluss“, hieß es in den Arbeitsgruppen mit Blick auf die Dienstleister. Die Automatisierung schreitet auch im Wald immer weiter voran. „Doch der Vollernter pflanzt mir aber keinen Baum und schneidet mir auch nichts aus“, so ein Statement. Ums so wichtiger sei es, massiv in die Ausbildung von jungen Leuten zu investieren, die Freude an der Waldarbeit haben. Gerade im Privatwald gebe es viele kleinere Einsätze, bei denen sich große Maschinen oft nicht lohnen.
Holzvermarktung: Auch hier haben es die „Kleinen“ schwer. So gibt es einen Qualitätsabschlag „Sturm“, einen Qualitätsabschlag „Käfer“ und viele Kleinstmengen lassen sich nur schwer vermarkten. Viele fühlen sich von der Sägeindustrie mit schlechten Preisen über den Tisch gezogen. Gefragt sei eine neutrale Person, die die Klassifizierung der Stämme verbindlich für alle Beteiligten vornimmt. Es müssen wieder zentrale Holzverträge ausgehandelt werden. Mit den derzeit 45 verschiedenen Holzverkaufsstellen werde man lediglich gegeneinander ausgespielt. „Das ist eine Katastrophe. Das muss alles besser koordiniert werden“, hieß es in einer Kleingruppe. Auch beim Borkenkäfer sei der Förster dringend gefragt: „Da bist Du allein auf weiter Flur und wir sind hier vollkommen auf die Forstverwaltung angewiesen.“ Es gab aber auch lobende Worte: „Mit unserem Revierförster kommen wir gut klar. Wenn man ihn braucht, ist er da.“
Förderung: Waldbesitzer brauchen klare Informationen über die Fördermöglichkeiten, die es ebenfalls am besten über den Förster gibt. Wichtigstes Instrument ist die Privatwaldvereinbarung, von der bereits im ersten Jahr (2020) 22.000 Stück abgeschlossen wurden. Besonderheit an der fallweisen Betreuung mittels Privatwaldbetreuung ist, dass kein separater Förderantrag gestellt werden muss. Sowohl die fallweise als auch die ständige Betreuungsförderung erfolgt als sogenannte De-minimis-Beihilfe. Die Privatwaldvereinbarung muss man ausfüllen, wenn man als Privatwaldbesitzer mit einer forstlichen Betriebsfläche von unter 50 Hektar in Baden-Württemberg eine geförderte fallweise Betreuungsleistung mit einem ermäßigten Betreuungsgeld von derzeit 16,50 Euro/Stunde zuzüglich anfallender gesetzlicher MwSt. auf den jeweiligen Netto-Gestehungskostensatz des Dienstleisters in Anspruch nehmen möchte.
Weiter Info: Die Förderanträge zu den forstlichen Förderverfahren sowie die Privatwaldvereinbarung und die Verträge zur ständigen Privatwaldbetreuung finden sich alle auch über den im Förderwegweiser im Internet unter https://foerderung.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Foerderwegweiser/Forstwirtschaftliche+Foerdermassnahmen
Ohne Forstamt und ohne Revierleiter wüssten 90 Prozent der Waldbesitzer nicht, wie sie an die Anträge kommen und wie sie sie ausfüllen müssten. Die Gefahr sei groß, dass die Förder-Info beim Praktiker vor Ort nicht ankommen. Hier gebe es einen großen Handlungsbedarf. Vorschlag: „Entweder, indem man die Anträge vereinfacht oder indem man den Förstern mehr Zeit einräumt, um sich darum zu kümmern.“
Tipp: In die App „WaldExpert“ lässt sich jedes einzelne bewirtschaftet Grundstück (Flurstücksnummer) eingeben und hinterlegt ist der entsprechende Ansprechpartner der Landesforstverwaltung für den Wald, mit Adresse und Telefonnummer. Über die Karten in der App lassen sich konkrete Fragen vor Ort beantworten und Entscheidungen treffen. Die wichtigsten Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen fasste der Landesforstpräsident und Leiter der Forstabteilung des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR), Martin Strittmatter, in drei Punkten zusammen:
- Die Förster müssen auf der Fläche präsent sein. Sie müssen kompetent sein, sie dürfen nicht so oft wechseln und sie müssen dafür sorgen, dass die Informationen bei den Waldbesitzern ankommen. Um das leisten zu können, dürfen ihre Reviere nicht zu groß sein.
- Förderangebote sind wichtig. Sie müssen aber auch ankommen und angenommen werden. Hier sind die Dinge teilweise selbst für die Fachleute noch zu komplex. Der Informationsfluss muss besser und die Förderverfahren einfacher werden.
- Für den Holzverkauf braucht es gute Vermarktungspartner. Das Land kann hierfür nach dem Kartellverfahren nicht mehr bereitstehen. Das Land unterstützt den Aufbau von Holzvermarktungsgemeinschaften, aber die grundsätzlichen Strukturen müssten von den Waldbesitzern selbst aufgebaut werden. Gefragt sei eine gute Mischung aus großen und kleinen Waldbesitzern, um die Mengensteuerung bestmöglich zu optimieren. Dies müsse jedoch ohne den Staatswald gelingen.
„Wir haben uns die Verwaltungsreform alle nicht ausgesucht, müssen jetzt aber das Beste daraus machen“, meinte Martin Strittmatter und bedankte sich bei allen Teilnehmern fürs Mitmachen.
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