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DKB Landwirtschaftsforum

Tierhalter brauchen Planungssicherheit

„Blick nach vorn – Tierhaltung im Jahr 2030”, lautete das Thema der Podiumsdiskussion beim diesjährigen digitalen Landwirtschaftsforum der Deutschen Kreditbank (DKB) Ende Januar. Im Zentrum stand die Frage, wie die Tierhaltung im Jahr 2030 aussehen wird.

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  Auf dem Podium diskutierten (von links, Reihe oben) Matthias Kopp, Head of Sustainable Finance des WWF; Peter Wesjohann, Vorstandsvorsitzender der PHW-Gruppe; (Reihe unten v.l. ) Prof. Dr. Folkhard Isermeyer, Präsident des Thünen-Instituts; Dr. Leif Balz, Bereichsleiter Food & Agrar der Schwarz-Gruppe und René Döbelt, Geschäftsführer der Milchgut Nemt GmbH.
Auf dem Podium diskutierten (von links, Reihe oben) Matthias Kopp, Head of Sustainable Finance des WWF; Peter Wesjohann, Vorstandsvorsitzender der PHW-Gruppe; (Reihe unten v.l. ) Prof. Dr. Folkhard Isermeyer, Präsident des Thünen-Instituts; Dr. Leif Balz, Bereichsleiter Food & Agrar der Schwarz-Gruppe und René Döbelt, Geschäftsführer der Milchgut Nemt GmbH. Borlinghaus, Matthias
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Eine Revolution wird es in der Praxis nicht geben. Die Grundtrends des Strukturwandels laufen bemerkenswert stabil weiter”, meinte Professor Dr. Folkhard Isermeyer, Präsident des Thünen-Instituts Braunschweig, in der virtuellen Talkrunde unter Leitung von Simon Michel-Berger, Chefredakteur von agrarheute. Für Isermeyer bedeutet das: „Die Tierhaltung insgesamt wird rückläufig sein in Deutschland und wir werden eine wachsende Zahl an Betrieben mit einem hohen Tierwohlniveau haben.”

Ohne Borchert-Konzept wird es schwierig

Für Isermeyer gibt es zwei mögliche Szenarien – das eine mit Umsetzung des Borchert-Konzepts und das andere ohne. Wenn die Borchert-Pläne nicht umgesetzt werden, wird der Wandel in der Tierhaltung durch die Marktkräfte und die Aktivitäten der Initiative Tierwohl und des Lebensmitteleinzelhandels getrieben. Der LEH wird versuchen, zumindest im Frischesegment, nur noch Produkte mit hohem Tierwohl zu listen. Dabei handelt es sich lediglich um ein bestimmtes Segment, weshalb dies bei den Betrieben große Unsicherheit hinterlasse, was Verträge und Preise betrifft. „Bei diesem Szenario dürften viele verstärkt über einen Ausstieg nachdenken”, befürchtet Isermeyer.  

Gesamtpaket muss stimmen

Mit Borchert-Konzept gibt es für die Landwirte deutlich mehr Planungssicherheit. Sie würden langfristige Verträge schließen, in denen ihnen Tierwohlprämien zugesichert werden. So könnten die Tierhalter wesentlich unbeschwerter die Transformation beschreiten. Isermeyer betonte, dass die Kennzeichnung nur ein Element der Borchert-Pläne sei. „Ein hohes Tierwohl-Niveau werden wir aber niemals allein über die Kennzeichnung schaffen. Das ist eine Illusion. Das Verbraucherverhalten ist ein anderes", so Isermeyer. Der ökonomische Kern der Borchert-Pläne besteht vielmehr in der Kombination aus Investitionsförderung, Tierwohlprämie und einem angepassten Bau- und Umweltrecht. „Das ist das Gesamtpaket und das Gesamtpaket muss stimmen”, so Isermeyer. Nach diesen Plänen soll es zwei Einkommensquellen geben: Eine über die Marktpreise, die weiterhin vergleichsweise niedrig bleiben werden. „Wir können Erlöse deutlich über denen vom restlichen Europa nicht durchsetzen. Das wird nicht funktionieren”, so Isermeyer. Deswegen braucht es zusätzlich eine Tierwohlprämie und Planungssicherheit. Die Grundsatzfrage lautet: „Wollen wir mehr Tierwohl nur für ein relativ überschaubares Marktsegment. Dann würde die Kennzeichnung allein reichen. Dann braucht man die Politik nicht. Oder will man den gesamten Sektor transformieren? Dann braucht man das Gesamtpaket.” Die Transformation der Tierhaltung würde drei bis fünf Milliarden Euro pro Jahr kosten. Das Geld dafür könnte aus einer Fleischabgabe oder Mehrwertsteuererhöhung kommen. Isermeyer favorisiert die Mehrwertsteuer. „Sie ist schnell und unbürokratisch umsetzbar. Sie ist gut berechenbar. Eine pragmatische Lösung.” Dass das Geld dann tatsächlich auf die Höfe kommt, da müsse man auf den Staat vertrauen.

Plädoyer für heimische Produkte

„Wir stehen in der Tat an einem Scheideweg und sind alle gespannt, ob der Bundestag in der Lage ist, zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen“, meinte Dr. Leif Balz, Bereichsleiter Food & Agrar der Schwarz-Gruppe. Die Frage, wie die Tierhaltung 2030 aussehen wird, entscheide sich in den nächsten Wochen und Monaten. „Ich glaube, wir werden weniger Tiere halten und wir werden sie besser halten, als das gegenwärtig der Fall ist”, so Balz. Dafür brauche es eine staatlich verbindliche Haltungskennzeichnung für alle Vertriebskanäle. Wichtig sei, dass da nicht nur der LEH, sondern auch die Gastronomie, das Metzgerhandwerk, die Außer-Haus-Verpflegung und jede Mensa und jeder Schnellimbiss erfasst werden. Für den LEH bekräftigte Balz: „Wir wollen weiter auf deutsche und heimische Ware und Landwirtschaft setzen. Das Frischfleischangebot kommt bei uns zu über 95 Prozent aus Deutschland.”

Tierwohlmaßnahmen finanzieren

Beim Geflügel gehen heute 60 Prozent in den Großverbraucher- und Gastronomiebereich und 40 Prozent in den LEH. „Wir brauchen die Sicherstellung eines Selbstversorgungsgrads von hundert Prozent. Im Geflügelbereich ist dies heute schon nicht mehr der Fall. Bei einer Komplettumstellung in höhere Haltungsstufen wären es nur 50 bis 60 Prozent Selbstversorgungsgrad”, schätzt Peter Wesjohann, Vorstandsvorsitzender der PHW-Gruppe. Dann könnte man die Nachfrage des LEH saisonal nicht mehr decken, sodass Ware aus dem Ausland zugekauft werden müsste. Wesjohann plädiert für ein verpflichtendes Tierwohl-Label auch in der Gastronomie. „Aktuell wird die Gastronomie mit Haltungsstufe 1 oder niedriger bedient. Das kann es nicht sein“, so Wesjohann. Es müsse sichergestellt werden, dass die Tierwohlaufwendungen finanziert werden, seiner Einschätzung nach am besten mit einer Tierwohlabgabe. Dass das Investieren schwerer wird, berichtete René Döbelt, Geschäftsführer der Milchgut Nemt GmbH. „Wir sind schon auf einem extrem hohen Niveau. Entscheidungen fallen schwerer und sie dann tatsächlich umzusetzen. Was fehlt, ist die Planungssicherheit“, sagt Döbelt. Er befürchtet einen verschärften Strukturwandel.

Nachhaltigkeit im Trend

Die DKB will den Transformationsprozess auf jeden Fall begleiten, so der Vorstandsvorsitzende Stefan Unterlandstättner. 80 Prozent des Kreditportfolios der Bank seien heute schon in nachhaltige Branchen investiert. Gerade in der Landwirtschaft gebe es enorme Herausforderungen.  

Die Podiumsdiskussion gibt es zum Nachhören unter https://www.youtube.com/watch?v=uXYBmRsnpVM

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