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Milchwerke Schwaben

Gut aufgestellt

Die Milchwerke Schwaben sind gut durch das Corona-Jahr 2021 gekommen, Vermögens- und Finanzlage sind gestärkt. Der Umsatz hat sich gegenüber dem Vorjahr um 9,1 Mio. Euro auf 248,3 Mio. Euro erhöht. Der Rohertrag stieg um 6,6 Prozent, sodass sich das Betriebsergebnis um 1 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr erhöht hat. Auch wenn der Absatz der Milchprodukte derzeit brummt, wie schon lange nicht und sich die Milchwerke in einer hervorragenden Ausgangssituation für 2022 befinden, nehmen die externen Risiken immer mehr zu. Explodierende Energie- und Beschaffungskosten und eine begrenzte Verfügbarkeit der Rohstoffe und Materialien könnten das Wachstum im Jubiläumsjahr, in dem die Genossenschaft 100 Jahre alt wird, empfindlich ausbremsen.

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Selbstbewusst: Die Generalversammlung der Milchwerke Schwaben war ein Plädoyer für die Milcherzeugung in Süddeutschland. Durch die Kostenexplosion insgesamt ist ein höherer Milchpreis dringend geboten, um die Produktion gewinnbringend sicherzustellen, mahnte Joachim Keller, der Vorsitzende des Vorstands.
Selbstbewusst: Die Generalversammlung der Milchwerke Schwaben war ein Plädoyer für die Milcherzeugung in Süddeutschland. Durch die Kostenexplosion insgesamt ist ein höherer Milchpreis dringend geboten, um die Produktion gewinnbringend sicherzustellen, mahnte Joachim Keller, der Vorsitzende des Vorstands.Borlinghaus
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"Wir sind mutig, und wir können auch mutig sein. Unsere Bücher sind gefüllt", zeigte sich Karl Laible gegen Ende seiner über einstündige Rede auf der Generalversammlung am 28. April zuversichtlich. Laible, gemeinsam mit Dr. Johann Meier geschäftsführender Vorstand der Milchwerke Schwaben, kündigte an, dass der Milchauszahlungspreis ab April auf 50 Cent pro kg angehoben wird. Für die Bio-Produzenten soll der Preis zunächst noch auf 55 Cent bleiben, aber auch hier will man über Preiserhöhungen "zu einem späteren Zeitpunkt nachdenken", hieß es in der Donauhalle in Ulm. Seit Anfang des Jahres steigen die Auszahlungspreise für die Milch weiter an – bei den Milchwerke Schwaben im Januar, Februar auf 43, dann im März auf 46 Cent. Der Kieler Rohstoffwert liegt mittlerweile bei 67 Cent pro kg für die Basis-Verwertungen Butter und Magermilchpulver.

Knappheit allenthalben

Gründe für diese Preiserhöhungen sind neben einem vielerorts knappen und energiearmen Grundfutter und den explodierenden Kraftfutterkosten ein insgesamt geringeres Milchaufkommen, berichtete der Vorsitzende des Vorstands, Joachim Keller. Er meinte:  "Ich möchte keine schlechte Stimmung verbreiten, aber Themen wie Haltungsformen, Tierwohl, Emmissionsrichtlinie, TA-Luft, Erneuerbare Energien oder Stickstoffreduktion, all das sind Punkte, die den Rückgang der Tierzahlen im Jahr 2021 um minus 8,9 Prozent im Rinderbereich erklären. Und ich befürchte, dass wir bei dieser Entwicklung erst am Anfang stehen.“ Von der Politik verlangte Keller, dass sie ihre Verantwortung für die Ernährungssicherheit in Deutschland angesichts weltweiter Versorgungsengpässe endlich wahrnehme. Er warnte vor einer zunehmenden Knappheit an Nahrungsmitteln weltweit.

Gesamte Verarbeitungskette schwer belastet

Karl Laible unterstrich, dass der Ukrainekrieg die gesamte Verarbeitungskette schwer belastet: „Wir alle denken über die weitere Entwicklung nach und keiner kann seriös einschätzen, wie sich die geopolitische Lage in den kommenden Monaten entwickeln wird.“ Teure Verpackungsmaterialien und Zusatzstoffe, die Unterbrechung von Lieferketten und starke Kostensteigerungen bei der Energie und im Rohstoffbereich: Die Kuhbestände seien seit bereits 2015 sinkend und es gebe keinen Hinweis darauf, dass sich daran etwas ändert. Bei den Molkereien wachse die Sorge um den Rohstoff Milch.

Solide Finanzen

Die Bilanzsumme der Milchwerke Schwaben ist 2021 um 2,3 Mio. Euro auf 80,7 Mio. Euro gestiegen. Der Jahresüberschuss beträgt rund 1,35 Mio. Euro. Hiervon gehen 700.000 Euro in die gesetzliche Rücklage und knapp 650.000 Euro in die Betriebsrücklage. Unter Berücksichtigung des Jahresüberschusses beläuft sich das Eigenkapital der Milchwerke Schwaben eG auf 41,1 Mio. Euro. Das ist eine Eigenkapitalquote von 50,1 Prozent. "Wir stärken unsere Finanzkraft", so Laible. Auch der Verschuldungsgrad gehe weiter zurück. Die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten haben sich um 1,0 Mio. Euro auf rund 8,3 Mio. Euro vermindert, bis im Jahr 2024/25 sollen diese Kredite komplett getilgt sein. Erhöht haben sich 2021 die Finanzanlagen unter anderen durch den Kauf der Anteile der Marke Axel Frischmilch von Lactalis. "Wir sind jetzt 100-prozentiger Inhaber der Marke und sind dabei hiermit neue Produkte zu entwickeln", kündigte Laible an.

Bau der Käserei war richtig

Patrick Schmälzle vom Genossenschaftsverband bezeichnete die wirtschaftlichen Grundlagen der Milchwerke als geordnet, die Geschäftsentwicklung als gut. Im Vergleich mit anderen Unternehmen in der Branche seien die Neu-Ulmer weiterhin hoch effizient. „Die Kennzahlen sind im Vergleich zu anderen Molkereien als sehr gut einzustufen“, so Schmälzle. Rückblickend sei die Investition in die Käserei 2013/2014 absolut zielführend gewesen, die Erweiterungs- und Instandhaltungsinvestitionen hätten sich ebenfalls rentiert.  Der Aufsichtsratsvorsitzende Paul-Martin Seiffert zeigte sich stolz darauf, dass der baden-württembergische Genossenschaftsverband für das Geschäftsjahr 2021 seinen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hat. Rücklagen und Investitionen seien auf einem sehr guten Niveau. Seiffert rief die Erzeuger zur Solidarität auf, wenn sich der Abstand zum Biomilchpreis neuerdings nochmals verringert hat. Für ihn ist das eine marktbedingte Entwicklung, die sich jeder Zeit auch wieder in die andere Richtung drehen könne. Mit 55 Cent pro kg Biomilchpreis brauche man sich nicht zu verstecken. Im Gegenteil.

Milchauszahlungspreise 2021

Der Milchauszahlungspreis für Milch ohne Gentechnik stieg von Januar 2021 mit 34 Cent im Jahresverlauf auf 40 Cent im Dezember 2021 kontinuierlich an, bei Bio entsprechend von 48 auf 52 Cent. So lag der durchschnittliche Brutto-Auszahlungspreis (10,7% MwSt.) inklusive Nachzahlung bei 4,2 Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß für Milch ohne Gentechnik bei 42,49 Cent/kg und bei konventioneller Milch bei 41,38 Cent/kg. Für Biomilch wurden durchschnittlich 57,20 Cent/kg brutto gezahlt. Ausschlaggebend waren die Butter- und die Käsepreise im Jahr 2021. Die Butter stieg im Jahresvergleich 2020 zu 2021 von 3,48 auf 4,20 Euro pro kg und der Käse von 3,09 auf 3,29 Euro pro kg. Im ZMB Milchpreisvergleich lagen die Milchwerke Schwaben 2021 nach eigenen Angaben um 0,9 Cent über dem Durchschnittspreis in Deutschland, 0,7 Cent über Baden-Württemberg und 0,6 Cent über Bayern. Auch im mehrjährigen Vergleich schneiden die Milchwerke überdurchschnittlich ab. Für 2021 gab es eine Nachzahlung in Höhe von 1,5 Cent pro kg, das seien umgerechnet 6,2 Mio. Euro netto an Milchgeld gewesen.

Anteil GVO-freie Milch steigt weiter

Die Milchwerke Schwaben hatten 2021 zu Jahresbeginn 858 Mitglieder und sind dann mit 36 weniger Milcherzeugern (822) ins Jahr 2022 gestartet. Die Milchanlieferung ging von 411 Mio. kg auf 410,7 Mio. kg leicht zurück. Insgesamt wurden knapp 442 Mio. kg verarbeitet. Die durchschnittliche Anlieferungsmenge pro Betrieb und Jahr liegt bei rund einer halben Million Kilogramm. Der Anteil GVO-freie Milch stieg gegenüber dem Vorjahr von 72 auf 77 Prozent (315,7 Mio. kg) und liegt mittlerweile bei knapp 80 Prozent. Der Anteil Biomilch lag bei 2 Prozent (knapp 9 Mio. kg) und der Anteil von konventionell erzeugter Kuhmilch (ohne den GVO-Zuschlag) lag bei 21 Prozent. Der Trend geht weiter in Richtung GVO-frei, wobei die Molkerei diesen Schritt den Erzeugern freistellt. "Bei uns sind auch die Betriebe, die noch nicht Milch ohne Gentechnik liefern, herzlich willkommen", so Laible. Die Biomilch wird komplett im Unternehmen verarbeitet, hier sieht Laible weiteres Wachstumspotenzial: "Ich denke, wir werden die nächsten Jahre 3 bis 5 Mio. kg mehr Biomilch verarbeiten können." Im ersten Quartal 2022 wurden insgesamt bereits 4 Mio. kg weniger Milch angeliefert, das sind 400 t weniger Käse oder 19 Lkws weniger, veranschaulichte Laible den Rückgang.

Blick auf die Produktionszahlen

Die Produktion von Käse und SB-Käse konnte 2021 um 2,4 Prozent auf 33.722 Tonnen (320 Mio. kg Milch) ausgebaut werden. Bei den verkauften Kleinbechern Milchreis ging der Absatz gegenüber dem Vorjahr um 22 Prozent zurück. In diesem Bereich machte sich der Ausstieg aus einem Kontrakt bemerkbar. Der Verkauf an Butter verminderte sich um 6,6 Prozent auf 5.183 Tonnen. In dem für die Milchwerke Schwaben klassischen Segment von Joghurt und Dessert im Ein-Kilogramm- bzw. 800-Gramm-Gebinde verringerte sich der Absatz um 2,2 Prozent auf 57.244 Tonnen. Verwertungsbedingt ging der Absatz bei Milchpulver auf 3640 Tonnen zurück. Demgegenüber ergab sich bei Molkepulver ein Anstieg der Verkaufsmengen. In Summe wurden mit 22.991 Tonnen rund 6,5 Prozent weniger Trockenmilcherzeugnisse verkauft als im Vorjahr. Auf Grund des erhöhten Abverkaufs von Käse und SB-Käse wurden die Versandmengen an Rahm reduziert. Der durch den Pandemiebeginn induzierte Anstieg beim Verkauf von Rohmilch wurde im Berichtsjahr nicht wiederholt. Insgesamt sank 2021 der Absatz an flüssigen Produkten um 54,7 Prozent auf 10.228 Tonnen. Im ersten Quartal 2022 sind die Umsätze der Milchwerke Schwaben bei Butter um knapp 26 Prozent und bei Käse um 24 Prozent bereits deutlich gestiegen. Dennoch liegt der Gesamtumsatz um 2,7 Prozent niedriger als im Vorjahr, wobei sich dies wieder aufholen lasse, hofft Laible. Dank neuer Kontrakte könnten zum Beispiel ab Mitte des Jahres um die 5 Mio. Sahnejoghurts zusätzlich produziert werden.  

Aktionen im Jubiläumsjahr

Wie Laible berichtete, war die Aktion "Ulmer Münster Winterbutter 2021 erneut sehr erfolgreich. Bei der Spendenaktion kamen 67.000 Euro zusammen (Vorjahr: 50.000). Das Geld geht hälftig je an die Münsterbauhütte für den Erhalt des Münsters sowie an Familien Not. In diesem Jahr gibt es mit Blick auf 100 Jahre Milchwerke Schwaben ein Gewinnspiel, in dem fünf E-Bikes verlost werden. Für die bewährten 1-kg-Joghurts werde es einen Relaunch geben, ein neuer Bio-Reibekäse komme auf den Markt. Unter dem Hashtag #100Jahremiteiander gibt es eine breit angelegte Marketingkampagne mit Videoclips, mit dem Gewinnspiel auf allen Social Media-Kanälen, einer nationalen Radiowerbung von Kiel bis Pfronten und außerdem befindet sich eine neue Website im Aufbau, so Laible. Demnächst werde zudem Jubiläumsbuch in den Druck gehen, ausgearbeitet vom langjährigen Geschäftsführer Jacob Ramm.

Kosten sind bereits 2021 deutlich gestiegen

Die Energiekosten sind im Unternehmen um 16,1 Prozent gestiegen. Allein die Gaskosten stiegen um 600.000 Euro, die Stromkosten um 100.000 Euro und die Abwasserkosten 120.00 Euro. Diese Steigerungen 2021 werden dieses Jahr weiter deutlich zulegen. Ebenfalls stark gestiegen sind die Vertriebskosten um 15,3 Prozent (Frachtkosten, Provisionen an die Händler) die Erfassungskosten (Diesel) erhöhten sich moderat um 3,8 Prozent. Laible betonte, dass die Milchwerke Schwaben (rund 200 Mitarbeiter) im Branchenvergleich bei den Personalkosten mit 3 Cent pro kg Milch sehr gut aufgestellt sind.  

Kein Ende der Preiserhöhungen in Sicht

Mit den Exportkunden, so Laible, würden die Preise alle vier Wochen neu verhandelt. Da ließen sich die Preise immer aktuell anpassen. Bei den Markenprodukten hingegen, gebe es Jahresabschlüsse und diese ließen sich im Nachgang nur sehr schwer korrigieren. Deswegen müsse man hier beide Seiten sehen und Verständnis dafür haben, wenn Preissteigerungen nicht immer sofort weitergeben werden können. "Wir wissen alle nicht, wie sich die Verbraucher verhalten werden, wenn im Sommer neue Milchkontrakte mit kräftigen Preissteigerungen verhandelt werden. Das wirkt sich auf die gesamte Weiße Linie aus", ist Laible überzeugt. Butterpreise mit 3,59 Euro fürs 250 g Päckchen Markenbutter könnten zu Verschiebungen im Absatz führen. Der Butterpreis liege im April bereits um die 7 Euro, die neuen Abschlüsse für Mai zeigten schon fast 8 Euro pro kg. Ähnlich bei Käse: "Die 5 Euro haben wir schon geknackt, es geht in Richtung 6 Euro pro kg."

Unternehmen bereitet sich auf Engpässe vor

Dass sich das Unternehmen bei der Energieversorgung und der Beschaffung auf schwierigere Zeiten vorbereitet, berichtete der geschäftsführende Vorstand Dr. Johann Meier in der anschließenden Diskussion. Beim Gas, so Meier, gibt es einen bestehenden Gasvertrag bis zum Jahresende. Sollte im Bundesnotfallplan die Stufe drei erreicht werden, wird die Bundesnetzagentur anweisen, wer Gas bekommt und wer nicht – wohl wissend, dass die Milchwerke Schwaben zu den systemrelevanten Unternehmen zählen. In einer solchen Extremsituation könnten die Milchwerke zur Not aber auch immer noch den stillgelegten Öltank aktivieren und die Energieversorgung auf Heizöl umstellen. Wie realistisch so ein Szenario ist, könne heute keiner sagen. „Wir stehen vor einer neuen Welt der Preise und der Verfügbarkeit. Da lässt sich nur schwer planen“, so Meier. Bei den Neuinvestitionen gehe es schwerpunktmäßig um ein Blockheizkraftwerk, um eine PV-Anlage, um die Aufbereitung des Abwassers, um Instandhaltung und Produktentwicklungen sowie um IT-Sicherheit.

Zuverlässige Partner gefragt

Für den Einkauf von Verpackungsmaterial und sonstigen Rohstoffen unterhalten die Milchwerke langfristige Lieferbeziehungen, bei denen es nicht nur auf den Preis ankomme, sondern vor allem auch auf Zuverlässigkeit. Bei Reinigungsmitteln, wie Lauge zum Beispiel, gebe es durchaus schon deutliche Knappheiten. „Da profitieren wir von unseren langfristigen Lieferbeziehungen“, so Meier. Beim Verpackungsmaterial funktioniere die Zulieferung noch. Aber an der Preisspirale werde kräftig gedreht, die ersten Papierwerke seien bereits pleite gegangen. Der von den Milchwerken hergestellte Milchreis zum Beispiel benötige eine spezielle Reissorte, die möglicherweise irgendwann nicht mehr zu beschaffen sei. Auf solche Szenarien bereitet man sich derzeit vor.

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