Bilanz weiter negativ
Beim Blick auf die Welt-Getreidebilanzen der letzten 20 Jahre fällt auf, dass wir inzwischen für die Versorgung der Menschheit rund 2.250 Mio.t Getreide im Jahr benötigen. 50 Prozent mehr als zu Beginn des Jahrtausends. Nach Jahren des Überschusses von 2011/12 bis 2017/2018 sind wir wieder in einer Phase defizitärer Bilanzen angekommen. Im Jahr 2022/2023 betrug das weltweite Defizit 19,2 Prozent.
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Schon vor dem Ukrainekrieg war zu spüren, dass die Bilanzen enger werden. Mit entsprechenden Folgen für Kurse und Preise. Brotweizen erzielte ex-Ernte in der Saison 2020/21 Erzeugerpreise um 15 Euro/dt im Süden. Ein Jahr später, am Ende der Saison, waren es schon 21 Euro/dt. China hatte sein Importvolumen von 20 Mio.t auf über 60 Mio.t erhöht, was so im Markt niemand auf dem Schirm hatte. 2021/22 brachte dann, trotz optimistischer Schätzungen zum Start, erneut eine leicht defizitäre Bilanz. Preislich startete diese Saison mit 18 Euro/dt für Brotweizen, aber die von Monat zu Monat knapperen Schätzungen der Getreidebilanz befestigten die Erzeugerpreise für Weizen auf 27 Euro/dt bis Jahresende 2021.
Turbulentes Jahr 2022
Im Januar und Februar 2022 beruhigten sich Preise und Kurse etwas. Bis zum 24. Februar 2022. Der Einmarsch der russischen Streitkräfte in die Ukraine stürzte die Agrarmärkte in bislang unbekannte Turbulenzen. Aus Angst vor Versorgungsknappheit schossen die Erzeugerpreise auf 38 bis 40 Euro/dt im Frühjahr 2022. Erst die Verhandlungen und der Abschluss des Getreideabkommens am 22. Juli 2022 brachte gewisse Entspannung. Ex-Ernte 2022 waren die Erzeugerpreise für Weizen wieder bei 30 Euro/dt im Süden angekommen.
Kurse zuletzt rückläufig
Bemerkenswert ist, dass trotz der erneut als defizitär eingeschätzten Bilanz sich Preise und Kurse im letzten halben Jahr, und insbesondere in den letzten Wochen, rückläufig zeigen. Das liegt auch daran, dass es am 17. November 2022 gelang das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine um 120 Tage zu verlängern. Und daran, dass seither große Mengen, sowohl aus Russland als auch aus der Ukraine, den Weg auf den Weltmarkt finden konnten.
Wie geht es weiter?
Preise und Kurse liegen inzwischen wieder weitgehend auf Vorkriegsniveau. In den letzten Tagen pausierte der Abwärtstrend bei Getreide an den Börsen. Aus dem Schwarzen Meer wird berichtet, dass Exporte zu günstigen Konditionen angeboten werden, was weiter Druck ausübt. Präsident Selenskyj spricht von Gegenoffensive. Was geschieht dann mit dem Getreideabkommen, das bis Mitte März befristet ist? Vor diesen Hintergründen scheinen derzeit kaum Prognosen möglich.
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