Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Kernobst-Ernteprognose

Mit Optimismus in die neue Ernte

Nach dem annähernden Desaster auf den Obstmärkten in ganz Europa waren Erzeuger und Vermarkter ganz besonders auf die neuen Erntezahlen gespannt, die auf der Prognosfruit vorgestellt wurden. Die Prognosfruit gilt als führende jährliche Veranstaltung für den Apfel- und Birnensektor. Sie fand vom 2. bis 4. August in Trentino, Italien, statt.

Veröffentlicht am
/ Artikel kommentieren
Apfelernte: Am Bodensee wird eine im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent geringere Ernte erwartet. 
Apfelernte: Am Bodensee wird eine im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent geringere Ernte erwartet. Dr. Manfred Büchele
Artikel teilen:

Im Jahr 2022 waren die Erzeuger von einer Reihe ungünstiger Rahmenbedingungen betroffen: Angefangen von schlechten klimatischen Bedingungen über deutlich gestiegene Kosten für Energie, Dünger und Pflanzenschutz, Arbeit, Dienstleistungen aller Art. Hinzu kam eine allgemeine Unsicherheit durch die Inflation und eine Konsumzurückhaltung beim Verbraucher. Die eingelagerten Qualitäten waren nach der Sommerhitze 2022 vielfach nicht befriedigend. In der Folge stand die Obstwirtschaft, insbesondere in Deutschland, bis in den April hinein unter Druck. Die vorherrschende Meinung war, dass es eigentlich nur besser werden kann. Dabei war der Vegetationsverlauf auch im laufenden Jahr von einigen Extrema gekennzeichnet. Wesentlichen Einfluss auf die Erntemengen hatten die Trockenheit auf der Iberischen Halbinsel oder langanhaltende Regenfälle in Mitteleuropa im Frühjahr aber bislang nicht. Das Blühwetter war in Belgien und Niederlande nass. Stärkere Blütenfröste oder starke Hagelereignisse traten bis auf Ausnahmen in Italien nicht auf. Die Birnenerzeuger in der Emilia-Romagna wurden mit Frost, dann Flut, Hitze und Hagel hintereinander heimgesucht. Italienische Abate werden dieses Jahr knapp sein.

Europaweit meist gute Erntemengen

In der Europäischen Union liegt die Ernte mit 11,4 Mio. t nach 11,8 Mio. Tonnen 2022 erneut knapp unter den guten Ernten der beiden Vorjahre. Der Rückgang ist insbesondere auf eine um 10 Prozent beziehungsweise 500.000 Tonnen (t) verringerte Ernte in Polen zurückzuführen, während die in 2022 trockenen Länder Frankreich mit 1,47 Mio. t, Spanien 0,53 Mio. t und Ungarn 0,55 Mio. t auf Durchschnittsniveau zulegen. Italien hat mit 2,1 Mio. t eine normale Ernte wie im Vorjahr. Österreich, Tschechien, Belgien und die Niederlande verschlechtern sich dagegen deutlich.Mit Blick auf die Erntemengen einzelner Sorten zeigen die Hauptsorten Golden Delicious einen Zuwachs um 12 Prozent auf 2,17 Mio. t beziehungsweise Gala mit 1,52 Mio. t eine Rekordmenge. Weiter im rückläufigen Trend sind Jonagold/Jonagored mit 0,53 Mio. t und vor allem östliche Idared, immer noch mit 0,6 Mio.t, sowie Red Jonaprince mit 0,49 Mio. t. Elstar wird es deutlich weniger geben, seit langem unter 0,3 Mio. t. Die bei deutschen Konsumenten beliebte, aber im Anbau schwierige Sorte, scheint an Bedeutung zu verlieren. Mit guten Qualitäten sollten dieses Jahr deutlich stabilere Preise zu erzielen sein. Braeburn (0,2 Mio. t) und Fuji (0,31) werden wie im vergangenen Jahr knapper verfügbar sein, Pinova (0,2 Mio. t) bleiben konstant. Der Wechsel zu neuen Sorten, insbesondere Clubsorten, setzt sich mit 0,59 Mio. t weiter fort, dominant mit 0,23 Mio. t bleiben Pink Lady, gefolgt von Kanzi, Jazz, Ambrosia und Envy. Eine Reihe weiterer interessanter Clubsorten sind im Aufwind. Die Südtiroler Versuchsstation Laimburg hat 69 Logos von Sorten festgestellt. Nicht alle werden sich durchsetzen, aber ohne wird es auch nicht gehen. Die Preise und Erzeugererlöse bei diesen Sorten waren in den vergangenen Jahren deutlich höher.

Geringere Ernte in Deutschland

Die deutsche Apfelernte wird mit 0,95 Mio. t und elf Prozent weniger als im Vorjahr wieder unter der Eine-Million-Tonnen-Grenze liegen. Am Bodensee erwartet man eine im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent geringere und im langjährigen Schnitt schlechtere Ernte als etwa 2021 oder 2016. Betroffen sind vor allem Jonagold und Idared, die preislich zuletzt nicht mehr überzeugen konnten. Erfreulich ist der geringere Rückgang bei Elstar und der Zuwachs an Clubsorten.

Unterschiedliche Marktaussichten

Helwig Schwartau von der AMI gab optimistische Aussichten für die kommende Vermarktung. Die Vorräte aus der vergangenen Saison sind europaweit weitgehend bereinigt. Die Qualitäten sind heuer besser, die Lagerung vermutlich stabiler. Die Hausgartenernte ist deutlich unterdurchschnittlich. Es wurde betont, dass es für den Herbstmarkt gilt, möglichst früh in den Verkauf einzusteigen, um bei auskömmlicheren (höheren) Preisen auch für stetigen Abfluss der Mengen zu sorgen. Bei zuletzt geringen Marktpreisen werden weniger Importe aus der Südhemisphäre erwartet.Absehbar ist, dass die Erzeuger in Polen erhebliche Schwierigkeiten mit dem Absatz ihrer mit Abstand EU-weit größten Erntemenge bekommen werden. Das weiterhin bestehende strukturelle Mengenproblem mit inzwischen 33 Prozent Anbauflächenanteil Polens trifft zunehmend auf Absatzschwierigkeiten in Richtung traditionelle Märkte im Osten Europas. So mussten in Polen im vergangenen Jahr ein mit 70 Prozent sehr hoher Anteil der Ernte mangels Absatzalternativen in die Verarbeitung gebracht werden. Es ist zu hoffen, dass der hohe Verarbeitungsanteil beibehalten wird. Hilfreich waren hier weiter deutlich steigende Preise am Weltmarkt für Apfelsaftkonzentrat. Negativ wird vermerkt, dass der Konsum an Äpfeln seit Jahren europaweit rückläufig ist. Bessere Produkte, also moderne Sorten wie Clubsorten, aber auch eine wesentliche Verbesserung der Qualität sollen die Attraktivität für den Verbraucher steigern. Hier haben die Erzeuger Hausaufgaben. Von der Politik wurde gefordert wieder mehr für die Verteilung an Schulen zu tun. Diskutiert wurde auch eine stärkere Kooperation zwischen Obsterzeugung und Lebensmitteleinzelhandel. Dies war bislang allerdings Wunschdenken. Allein eine stärkere Kooperation unter den Erzeugern oder zwischen Erzeugern und regionalen Vermarktern wäre schon ein wertvoller Ansatz.

Blick über die EU-Grenzen

Erneut eine wie im Vorjahr deutlich unterdurchschnittliche Ernte erwarten China mit 37 Mio. t. und die USA mit weiterhin schwachen 4,5 Mio. t. Eine weitere Zunahme zeigt erneut die Türkei mit nun 4,6 Mio. t nach noch etwa 2,5 Mio. t. im Schnitt der Jahre 2012 bis 2017. Damit wird der gute türkische Inlandskonsum von 2,8 Mio. t deutlich überschritten. Die Türken nutzen ihre günstigen Preise, logistische Marktnähe und politischen Verbindungen auf den auch für die EU bedeutenden Exportmärkten Indien, Libyen, Naher Osten und scheinen Russland zu übernehmen. Die traditionellen Obstanbauländer Serbien und Moldavien erzeugen jeweils etwa 0,5 Mio. t und drängen in die EU. Moldavien erzeugt als traditionelles Anbaugebiet der Sowjetunion 200 kg/Äpfel je Einwohner (Italien 37 kg, Polen 100 kg) und hat einen hohen Exportbedarf. Eine wichtige Entlastung des Marktes wird von dem von allen Seiten als „sehr aufnahmebereit“ bezeichneten Verarbeitungsmarkt erwartet. Die Ausgangspositionen für einen guten Herbst in der Verarbeitung sind bei geringen Beständen und weiter spürbar anziehenden Preisen bei Apfelsaftkonzentrat gegeben. Der aktuelle Weltmarktpreis liegt mit 1,80 bis 2 Euro/l um 100 Prozent über dem Preis vor zwei Jahren. Eine Ursache ist der Austausch von Orangensaftkonzentrat gegen Apfelsaft im Multivitaminsaft. Orangensaft ist wegen einer weltweit grassierenden Viruskrankheit (citrus greening disease) sehr teuer. In Baden-Württemberg ist von einer deutlich geringeren Streuobsternte auszugehen. Bei hohen Preisen für Apfelsaftkonzentrat sowie steigenden Lkw-Frachtkosten aus Polen und anderen Herkünften sind die Voraussetzungen für ausreichend gute Mostobstpreise gegeben. Dies erleichtert die Entscheidung, schlechtere Qualitäten gleich in die Verarbeitung zu geben und wieder mehr für das Qualitätsversprechen für „Obst vom Bodensee“ zu tun. Es wird sich zeigen, ob es der Obstwirtschaft gelingt, berechtigte Forderungen um 15 Euro/dt durchzusetzen.

Früher Einstieg in die Vermarktung

Für die Erzeuger und Vermarkter am Bodensee bietet die kleinere Ernte Chancen für eine dringendst notwendige Erholung bei den Preisen. Voraussetzung ist dabei eine konsequentere Qualitätsorientierung. Positiv die gute Verfügbarkeit von Elstar und Clubsorten. Auch wenn man sich nicht von den europäischen Entwicklungen gänzlich abkoppeln können wird, sollte die geringere Ernte, gute Qualitäten vorausgesetzt, zu guten Preisen am deutschen Markt platziert werden können. Keinesfalls sollten abfallende Qualitäten kostenträchtig eingelagert werden in der Hoffnung im Frühjahr doch einen kleinen Schnitt zu machen. Ein Ansatzpunkt für ein attraktiveres Angebot ist das vom MLR geförderte Projekt „Echt Bodensee Apfel“. Mit neuen schorfresistenten Sorten sollen vermehrt qualitativ überzeugende und als Alleinstellungsmerkmal mit weniger Pflanzenschutzmittel behandelte Äpfel angeboten werden.

Bio-Äpfel weiter zunehmend

Der Ökologische Anbau von Äpfeln wurde in den vergangenen Jahren deutlich ausgedehnt, zeigt aber eine erste Stagnation. Besonders stark waren die Zuwächse in Frankreich, Italien und teilweise in Polen. Lag die europaweite Produktion in 2020 noch bei 560.000 t, in 2022 bei 658.000 t werden im laufenden Jahr 683.000 t erwartet. Das ist ein Erzeugungsanteil von sechs Prozent. Nach der sehr guten Absatzlage im Jahr 2021 sieht Gerhard Eberhöfer vom Europäischen Bioobstforum (EBF) auch für die kommende Saison sehr gute Vorzeichen. Das EBF repräsentiert etwa 50 Prozent der Europäischen Bioobstmengen. Bislang sei es dem EBF gut gelungen, die zunehmenden Mengen zu höheren Preisen am Markt zu platzieren. Mit den Themen Regionalität und Klimawandel, Ökologie liege man im gesellschaftlichen Trend. Eberhöfer forderte eine aktive Entwicklung des Marktes mit breiterem Angebot, die eine stärkere Nachfrage nach sich ziehen wird. Im LEH sei Bio wie die übrige Ware in mehreren Preissegmenten zu positionieren und stärker zu bewerben.

Birnen werden knapp

Nach der schon bescheidenen Ernte von mit 2 Mio. t im Vorjahr, wird für 2023 wieder eine sehr knappe Ernte von nur 1,75 Mio. t erwartet. Das wäre die schlechteste Ernte seit 15 Jahren. Einzig Belgien hat eine Rekordernte von 0,41 Mio. t und Spanien eine Erholung auf Normalniveau von 0,3 Mio. t. In Italien ist die Lage wie schon in 2021 geradezu desaströs, in Frankreich ebenfalls schlecht. Der Biosektor hat mit 58.000 t leider nur einen Marktanteil von drei Prozent. Dies spiegelt sich in den Sorten: Die Hauptsorte Conference wird mit 0,9 Mio. t über 50 Prozent des Angebotes bringen. Nach dem starken Ausfall 2021 werden Abate Fetel auch 2023 wenig verfügbar sein. Auch bei den Birnen werden zunehmend neue Cluborten präsentiert, allen voran Xenia sowie Celina, Cipuna/Migo und Sweet Sensation für das gehobene Preissegment. Die Preise für Birnen sollten 2023 durch wieder steigenden Konsum und noch gutem Potenzial im Export festbleiben. Die deutschen Erzeuger können mit 37.000 t gegenüber deutschem Konsum von 146.000 t noch nicht von diesen  günstigen Bedingungen profitieren. Die Produktion am Bodensee erreicht lediglich 8.000 t. Erfreulich ist der Einstieg in die neuen Sorten, allen voran Xenia, die mit guten Preisen aufwarten konnten. 

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.