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Wirtschaftsgebäude für neue Zwecke nutzen

Umnutzung statt Leerstand

Wo früher Tiere gehalten wurde, herrscht heute oft gähnende Leere. Bedingt durch den Strukturwandel wächst die Zahl von Ställen, Futterlagern und Maschinenhallen, die nicht mehr benötigt werden. Doch anstatt die Gebäude leer stehen zu lassen, kann eine Umnutzung neue Chancen auf ein Zusatzeinkommen eröffnen. Wie sehr das Thema die Landwirtschaft beschäftigt, machte das Echo auf eine vom Verband Landwirtschaftlicher Fachbildung (vlf) unter ihrem Vorsitzenden Stefan Käppeler ausgerichtete Tagung, die zusammen mit den Landwirtschaftsämtern Ravensburg, Biberach und Sigmaringen erfolgte, deutlich. Mit 180 Besuchern war die Veranstaltung in Boms im Kreis Ravensburg komplett ausgebucht.

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Unterstellplätze für Caravanfahrzeuge zählen zu den klassischen Umnutzungen aufgelassener landwirtschaftlicher Gebäude. Doch es gibt noch weitere Möglichkeiten, wie eine vlf-Tagung in Boms im Kreis Ravensburg aufzeigte. 
Unterstellplätze für Caravanfahrzeuge zählen zu den klassischen Umnutzungen aufgelassener landwirtschaftlicher Gebäude. Doch es gibt noch weitere Möglichkeiten, wie eine vlf-Tagung in Boms im Kreis Ravensburg aufzeigte. Werner-Gnann
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Eines der Ziele der Tagung war laut Eugen Maucher für dieses Thema zu sensibilisieren und Impulse zur Umnutzung zu setzen. Am Amt in Ravensburg begleitet er das Projekt „Landwirte in Not“ und begegnet in seiner Beratungspraxis einer langen Liste an Argumenten, warum für leerstehende Gebäude keine neue Nutzung angestrebt wird: Angst vor Veränderungen, Arbeitsüberlastung, Überforderung, Konflikte in der Familie, eine nicht gesicherte Hofnachfolge oder Überschuldung.

Gleichzeitig sei oft nicht klar, was baurechtlich möglich ist oder welchen Markt es für eine geänderte Gebäudenutzung gebe. Auch Fragen zum finanziellen Spielraum oder ob man dauerhaft fremde Menschen auf den Hof holen will, nannte er als Hemmnisse zum Handeln. Andererseits koste der Erhalt ungenützter Gebäude auch Geld.

Frühzeitig Überlegungen anstellen

Er plädierte dafür, sich frühzeitig mit der Hofnachfolge auseinanderzusetzen und Ängste, etwas Neues zu beginnen, abzubauen. „Damit sollte man starten, bevor das Umlaufkapital vervespert ist, denn kein Geld entwickelt meist auch keine Ideen“, so seine Erfahrung. Weitere Antriebsfeder könne sein, mit einem Zusatzeinkommen die Rente aufzubessern. „Mit dem Altersgeld allein lässt sich der Lebensunterhalt kaum bestreiten“, meinte er.

Baurecht beachten

Ist der Entschluss zur Umnutzung gefallen, gilt es das Baurecht zu beachten. Wichtig zu wissen ist dabei, dass jede Umnutzung einer Baugenehmigung bedarf, wie Klaus Bielefeld vom Baurechtsamt in Sigmaringen und Bernhard Steigmiller vom Landwirtschaftsamt in Biberach deutlich machten. Die Anforderungen sind dabei unterschiedlich, je nachdem ob sich das bislang landwirtschaftliche genutzte Gebäude im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, im nicht beplanten Innenbereich oder im Außenbereich befindet.

Vergleichsweise unproblematisch ist die Genehmigung einer Umnutzung dort, wo ein Bebauungsplan gilt. Eine Umnutzung zu Wohnzwecken oder zur Unterbringung von Gewerbe- und Handwerksbetrieben wird in aller Regel genehmigt, sofern diese den gültigen Bauvorgaben entspricht und die Erschließung gesichert ist.

Etwas strenger sind die Vorgaben bereits im nicht beplanten Innenbereich. Hier muss sich eine Umnutzung in die Umgebung einfügen, wobei vor allem das Gebot der Rücksichtnahme von Bedeutung ist. Damit soll die Wohnbevölkerung vor Immissionen oder sonstigen Beeinträchtigungen geschützt werden. Umgekehrt sollen aber auch immissionsschutzrechtliche Einschränkungen für einen bereits bestehenden Gewerbebetrieb durch eine heranrückende Wohnbebauung vermieden werden. Außerdem darf durch die Umnutzung das Ortsbild nicht beeinträchtigt werden.

Strengere Vorgaben im Außenbereich

Komplexer werden die Vorgaben für eine Umnutzung im Außenbereich. Nicht selten ist dabei eine Einzelfallentscheidung notwendig. Grundsätzlich ist ein Bauvorhaben im Außenbereich nur zulässig, wenn öffentliche Belange dem nicht entgegenstehen, die Erschließung gesichert ist und es einem landwirtschaftlichen Betrieb dient, wobei nur ein untergeordneter Anteil der Fläche in Anspruch genommen werden darf. Dabei sind beispielsweise auch Ferienwohnungen oder ein Hofladen zum Verkauf selbst erzeugter Produkte als mitgezogene Nutzung zulässig.

Um dem Strukturwandel in der Landwirtschaft Rechnung zu tragen, können vorhandene landwirtschaftliche Gebäude im Außenbereich umgenutzt werden und das mittlerweile auch mehrfach. Dazu muss allerdings die Bausubstanz noch erhaltenswert sein, das äußere Erscheinungsbild im Wesentlichen gewahrt bleiben, die Aufgabe der bisherigen Nutzung eines mindestens sieben Jahre alten Gebäudes darf nicht länger als sieben Jahre zurückliegen und es muss in einem räumlichen Zusammenhang mit den landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden stehen. Sollen Gebäude zu Wohnzwecken umgenutzt werden, so dürfen neben Betriebsleiter- und einer eventuell vorhandenen Altenteilerwohnung maximal fünf zusätzliche Wohnungen entstehen. Außerdem darf als Ersatz für die aufgegebene Nutzung keine Neubebauung erfolgen. 

Aufgrund der unterschiedlichsten Fallkonstellationen bei einer privilegierten Umnutzung im Außenbereich riet der Sigmaringer Leiter des Baurechtsamtes bei Fragen im Vorfeld den Kontakt zur Behörde zu suchen. Auch eine Bauvoranfrage könnte als kostengünstigere Möglichkeit für eine Entscheidungsfindung vor einem Bauantrag in Frage kommen.

Wirtschaftlichkeit prüfen und Versicherungsfragen klären

Neben dem Baurecht gilt es weitere Aspekte zu klären. Karl-Heinz Müller vom Landwirtschaftsamt in Sigmaringen zählte dazu unter anderem Fragen der Wirtschaftlichkeit, der Erschließung, zum Brandschutz sowie zu Versicherungen und Steuern. Am Anfang stehe die Frage, ob das Gebäude abbruchreif oder erhaltenswert sei, danach gelte es die Frage nach einer sinnvollen Nutzung zu klären.

Müller riet dazu, Beratung in Anspruch zu nehmen und dabei auch verschiedene Fördermöglichkeiten zu prüfen (ELR-Programm, LEADER, AFP oder möglicherweise auch eine Förderung durch die Gemeinde). Aber auch über die Zufahrt, einen Stromanschluss, die Abwasserentsorgung sowie Internetanschluss sollte man sich Gedanken machen. Ferner riet er dazu, eine Versicherungsberatung einzuholen, um Fragen zum Brandschutz, zur Haftpflicht, Rechtschutz, Diebstahl und gegebenenfalls zur Fahrzeugversicherung einzuholen.

Steuerliche Fragen sollten mit einem Steuerberater geklärt werden. Sein Tipp: Vermietet ein Aufgabebetrieb an eine Privatperson oder einen Gewerbebetrieb, ist zu überlegen, das Gebäude vor der Nutzungsänderung vom Betriebs- in das Privatvermögen zu überführen, um so durch den dann noch geringeren Gebäudewert eine geringere Steuerlast auszulösen. Als gutes Hilfsmittel, um bei einem Umbau die Kostenfrage annähernd zu klären, riet er zu einem Kalkulationsdatenblatt (Kostenformular DIN 276).   

Umbau zu Ferienwohnungen

Wie Umnutzungen konkret aussehen können, machten drei Betriebsbeispiele deutlich. Berthold und Birgit Jung aus Meßkirch-Schnerkingen haben eine ehemalige Greiferhalle zu Ferienwohnungen umgenutzt. Nach dem Wechsel vom Haupt- in den Nebenerwerb suchte das Landwirtsehepaar für die 1978 errichtete Bergehalle mit einer Fläche von 300 m² und einer Höhe von elf Meter eine neue Nutzung. Die erste Idee zum Einbau einer barrierefreien Wohnung zur späteren Eigennutzung wurde wieder verworfen. Zwei Versuche, eine Förderung über das ELR-Programm (Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum) zu erhalten, scheiterten.

Schließlich stießen Jungs auf das LEADER-Programm, über das Ferienwohnungen finanziell unterstützt werden, um den Tourismus anzukurbeln. So reifte der Entschluss, in die Halle zwei Ferienwohnungen und eine Mietwohnung (zwischenzeitlich ebenfalls zu einer Ferienwohnung umfunktioniert) einzubauen. Um sich von anderen Anbietern abzuheben, bauten Jungs zusätzlich den Güllebehälter zu einem Schwimmteich um – ein Angebot, das die Feriengäste heute sehr zu schätzen wissen.  

„Mit der Förderung über LEADER waren wir vollauf zufrieden. Es wurde sogar nachjustiert, als durch die Baupreissteigerungen die Kosten stiegen“, lobt Jung. Bürokratische Hürden, bis der Bau der Ferienwohnungen samt der Umnutzung des Güllebehälters umgesetzt war, gab es allerdings genug, allen voran war der Brandschutz ein Riesenthema. Ferner war trotz Erhalts der Stahlkonstruktion eine neue Prüfstatik notwendig.

Förderung durch LEADER

Über die Förderkriterien durch LEADER informierte Lena Schuhmacher von der Geschäftsstelle Mittleres Oberschwaben in Altshausen. Über dieses EU-Programm können Projekte unterstützt werden, die eine Stärkung des Ländlichen Raums zum Ziel haben. Der Fördersatz liegt bei 30 bis 40 Prozent und damit über der AFP-Förderung (Agrarinvestitionsförderprogramm) bei einer maximalen Fördersumme von 700.0000 Euro. Umnutzungsprojekte von landwirtschaftlichen Betrieben werden allerdings nur gefördert, wenn sie nicht über das AFP antragsberechtigt sind. Dies bedeutet, dass Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft nur 25 Prozent betragen dürfen und weniger als acht Hektar Land bewirtschaftet werden.

Umbau zu Lagerräumen

Umfangreiche Umbaumaßnahmen hat Karl Oberhofer aus Bad Waldsee vorgenommen, nachdem er sich vor drei Jahren entschlossen hatte, die Schweinhaltung aufzugeben. So wurde ein noch vorhandenes Fahrsilo des einstigen Gemischtbetriebs mit Milchviehhaltung, Muttersauen und Ferkelaufzucht als Unterstellplatz für ein Wohnmobil umgenutzt und weitere Stallungen zu Unterstellplätzen sowie zu Hobby-, Holz- und Lagerräumen umfunktioniert. „Die Vermietung von Lagerräumen klappt gut. Das begrenzt den Publikumsverkehr“, gewinnt er dieser Form der Umnutzung Vorteile ab.

Die meisten Baumaßnahmen hat der gelernte Maurer in Eigenregie unter Mithilfe der Familie ausgeführt. So wurden die Aufstallungen entfernt, neue Böden eingebracht und für jedes Lagerabteil eigene Stromzähler zur gesonderten Abrechnung installiert. Aufgrund der ursprünglichen Unterflurentmistung haben die Räume heute eine ausreichende Höhe, so dass alle Hallen problemlos mit Transportern befahren werden können.

Seine Mieter hat er dabei über E-Bay-Kleinanzeigen gesucht und dort auch Anhaltspunkte für den Mietpreis pro Quadratmeter gefunden. „Unser Betrieb ist im Außenbereich. Höchstpreise lassen sich da nicht erzielen“, stellt er fest.

Abgeschlossene Lagerräume

Aus gesundheitlichen Gründen ist auch Thomas Sugg aus Hohentengen vor vier Jahren aus der Zuchtschweinehaltung ausgestiegen. Der mittlerweile am Landwirtschaftsamt in Ravensburg beschäftigte Landwirt wollte die 750 m² große Stallfläche seines Gebäudes in gutem baulichen Zustand in Ortsrandlage nicht ungenutzt lassen und suchte nach einer neuen Verwendung. „Ich bin die Sache etwas blauäugig angegangen“, räumt der Landwirt ein und nennt dies als eine von mehreren Antriebsfedern für die Tagung, die er mitorganisiert und auch moderiert hat.

Durch die im Stall vorhandenen Stützen war eine Vermietung für Wohnmobile nicht möglich. Daher strebte er die Nutzung als Lagerhalle für Palettenware oder ähnliches an. Zur Umsetzung kaufte er sich einen Minibagger mit Abbruchhammer und führte viele der anfallenden Umbaumaßnahmen zusammen mit seinem Sohn, Freunden und Verwandten durch. Dabei kam ihm auch die Bauerfahrung durch frühere Projekte zugute. Dennoch sei es wichtig, das Vorhaben mit einem Statiker und Architekten zu begleiten und frühzeitig Beratung einzuholen. Entstanden sind schließlich einzeln abschließbare Bereiche in einer Größe von 110 bis 350 m² mit Licht- und Kraftstrom und eigenen Zählern. Auf Wunsch ist ein Wärme- und WLAN-Anschluss möglich. Auch eine Toilette ist eingebaut.

Sugg riet dazu, sich Gedanken über Stallgeruch sowie die Entsorgung von Schadstoffen und Bauschutt zu machen. Bei Mietanfragen sollten Überlegungen über den künftigen Lärm- und die Verkehrsbelastung, die Zahlungsfähigkeit und eventuelle Genehmigungspflichten angestellt werden. Klare Absprachen und ein Mietvertrag seien unbedingt notwendig. Für die Mietersuche böten sich E-Bay-Kleinanzeigen, Immobilienportale, die Hilfe eines Wirtschaftsförderers – ein Angebot, das es in seiner Gemeinde gibt – sowie die Mund-zu-Mund-Werbung an.

Umbauten werten das Dorfbild auf

„Die Nachfrage nach Lagermöglichkeiten ist da“, meint er und verweist darauf, dass die Miete umso höher sein könne, je hochwertiger das Angebot sei. „Ohne Umbau gibt es keine sinnvolle Nutzung eines Gebäudes. Das vermüllt nur“, so seine Beobachtung und verweist dabei auch darauf, dass umgebaute Gebäude mit einer sinnvollen Nutzung ein Dorf aufwerten.

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