So wird ab 1. Mai gedüngt
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Update 25. Mai 2020: Am Ende des Artikels finden Sie das "Merkblatt zur Aufzeichnung der Düngung" des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg.
Deutschland wurde vom Europäischen Gerichtshof 2018 wegen mangelnder Umsetzung der Nitratrichtlinie verurteilt. Wesentlicher Grund hierfür ist die Überschreitung des Nitratgehaltes im Grundwasser. 28 Prozent der deutschen Messstellen aus dem Nitratmessnetz überschreiten nach dem Nitratbericht den Grenzwert von 50 mg Nitrat/l. Baden-Württemberg ist allerdings das einzige Land, das seit vielen Jahren eine landesweite Abnahme der Nitratwerte im Grundwasser vorzeigen kann. Dennoch besteht auch in Baden-Württemberg in einigen Gebieten Handlungsbedarf.
Änderung der Düngeverordnung in Kraft getreten
Nach kontroversen Diskussionen und schwierigen Verhandlungen der Bundesregierung mit der Europäischen Kommission (EU-KOM) stand daher am 27. März 2020 der Verordnungsentwurf zur erneuten Novellierung der Düngeverordnung (DüV) im Bundesrat zur Abstimmung. Wäre der Entwurf nicht angenommen worden, hätten für Deutschland Strafzahlungen von weit über 800.000 Euro pro Tag gedroht.
Das MLR hat sich bis zuletzt für sinnvolle und begründete Änderungen eingesetzt. Erreicht werden konnte, dass die Neuausweisung der roten Gebiete und die in diesen Gebieten geltenden zusätzlichen Maßnahmen erst mit Beginn des Jahres 2021 greifen.
Die erneut geänderte Düngeverordnung wurde am 30. April 2020 im Bundesgesetzblatt verkündet und ist am 1. Mai 2020 in Kraft getreten.
Was steht drin? Ein Überblick
Die neue Düngeverordnung ändert unter anderem:
- Bisheriger Nährstoffvergleich durch schlag-genaue Aufzeichnungspflicht von Düngemitteln ersetzt;
- Mindestabstände zu Gewässern wurden erhöht;
- Düngung in roten Gebieten um 20 Prozent reduziert;
- Sperrfristen im Herbst und Winter verlängert,
- Düngung auf gefrorenem Boden verboten.
Was im Detail für Baden-Württemberg gilt, lesen Sie im Folgenden:
Binnendifferenzierung zur Ausweisung der roten Gebiete ab 2021
Die Bundesregierung erarbeitet derzeit unter Beteiligung der Länder und Mitwirkung des Landes Baden-Württemberg eine Verwaltungsvorschrift zur bundeseinheitlichen Ausweisung und zur Binnendifferenzierung der künftigen roten und grünen Gebiete. Diese Verwaltungsvorschrift ist dann durch die Länder rechtlich umzusetzen. Ausgangsbasis ist die reduzierte Fläche der Grundwasserkörper im schlechten Zustand aufgrund der aktualisierten Bestandsaufnahme der Wasserrahmenrichtlinie sowie der Neuabgrenzung der Grundwasserkörper von neun Prozent auf circa sechs Prozent der Landesfläche.
Die Landesverordnung VO-DüVGebiete Baden-Württemberg wird zur Ausweisung der zukünftigen Nitratgebiete nach § 13a DüV und ggf. Phosphatgebiete entsprechend geändert. Zur genauen Lage der roten Gebiete in Baden-Württemberg sind derzeit nur vorläufige Aussagen möglich.
Das gilt bereits 2020 und unmittelbar
Grundsätzlich gelten weiterhin die Vorgaben der DüV von 2017. Wesentliche Änderungen werden erst ab 2021 wirksam, einige wenige gelten bereits jetzt.
Düngebedarfsermittlung
Für Ackerland gilt künftig eine höhere Mindestwirksamkeit für flüssige Wirtschaftsdünger und Gärrückstände. Wie bisher ist jedoch mindestens der ermittelte Gehalt an Ammoniumstickstoff, wenn dieser höher als die in der Tabelle 1 angegebene Mindestwirksamkeit ist, anzurechnen.
Tabelle 1: Mindestwirksamkeit im Jahr des Aufbringens in % vom Gesamtstickstoffgehalt
Die erhöhten Mindestwirksamkeiten leiten sich aus der verpflichtend anzuwendenden emissionsarmen bodennahen Ausbringungstechnik ab, was zu geringeren Verlusten führt. Entsprechend gelten die höheren Anrechnungsraten ab 2025 auch für Grünland.
Relevant wird die erhöhte Mindestwirksamkeit spätestens bei einer anstehenden Düngung von Zweit- oder Zwischenfrüchten und bei der Herbstdüngung. Bei der Herbstdüngung zu Winterraps und Wintergerste ist zudem zu beachten, dass die im Herbst aufgebrachten Düngermengen mit dem verfügbaren Anteil auf den Düngebedarf für das folgende Vegetationsjahr anzurechnen sind.
Die bisher geltende Ausnahmeregelung für bestimmte Betriebe unter 15 ha, die keine Düngebedarfsermittlung und keine Aufzeichnungen erstellen müssen, bleiben unverändert bestehen.
Aufzeichnung der Düngungsmaßnahmen und Nährstoffvergleich
Die Erstellung eines Nährstoffvergleichs wurde gestrichen. Stattdessen müssen künftig neben der bereits aufzuzeichnenden Düngebedarfsermittlung auch die aufgebrachten Düngemengen aufgezeichnet werden. Innerhalb von 2 Tagen müssen für jeden Schlag oder Bewirtschaftungseinheit Art und Menge des aufgebrachten Düngemittels und die aufgebrachten Nährstoffmengen für Phosphat und Stickstoff dokumentiert werden.
Für Stickstoff muss dazu noch die verfügbare Nährstoffmenge angegeben werden. Bei Weidehaltung müssen zusätzlich die Zahl der Weidetage sowie die Art und Zahl der auf der Weide gehaltenen Tiere nach Abschluss der Weidehaltung aufgezeichnet werden. Die Dokumentationspflicht für die künftig aufgebrachten Mengen gilt ab sofort. Die Aufzeichnungen können formlos erfolgen. Hilfsmittel und EDV-Unterstützung sind in Arbeit und werden zur Verfügung gestellt.
Betriebliche N-Obergrenze von 170 kg N/ha und Jahr für organische Dünger
Die Berechnung der im Betrieb erlaubten Obergrenze für Stickstoff aus organischen Düngern wird auf das jeweilige Kalenderjahr bezogen. Da aber im Jahr 2020 bereits ein erheblicher Teil des Stickstoffs schon aufgebracht wurde, sind die diesbezüglich erforderlichen Änderungen erst 2021 umsetzbar.
Erweiterte Regelungen zu Gewässerabständen auf geneigten Flächen
Die Abstände entlang von Gewässern, die nicht oder nur mit Auflagen gedüngt werden dürfen, wurden in Abhängigkeit von der Hangneigung erweitert. Neben dem generellen Mindestabstand gibt es jetzt 3 Hangneigungsklassen gemessen ab der Böschungsoberkante (5 bis 10 Prozent, 10 bis 15 Prozent und größer als 15 Prozent Neigung).
Die Auflagen für bestelltes Ackerland gelten für Flächen ab zehn Prozent Hangneigung zum Gewässer bereits seit 2017, neu hinzugekommen ist die maximale Einzelgabe von 80 kg Gesamtstickstoff/ ha. Auf Ackerflächen, die eine Hangneigung ab 15 Prozent aufweisen, die unbestellt sind oder keinen hinreichenden Pflanzenbestand aufweisen, muss der Dünger auf der gesamten Ackerfläche des Schlages sofort eingearbeitet werden.
Neue Sperrzeiten
Die Sperrzeiten für Festmist von Huf- und Klauentieren oder Kompost wurden um zwei Wochen verlängert und vorgezogen, diese ist ab 1. Dezember bis zum Ablauf des 15. Januar. Für den gleichen Zeitraum wurde ein neuer Sperrzeitraum für Düngemittel mit einem wesentlichen Gehalt an Phosphat eingeführt (mehr als 0,5 Prozent Phosphat in der TM). Die Düngung auf Grünland und Ackerland mit mehrjährigem Feldfutter (Aussaat bis 15. Mai) mit flüssigen organischen Düngern im Herbst wird auf 80 kg Gesamtstickstoff/ha begrenzt. Diese Regelungen greifen bereits ab Herbst 2020. Einen Überblick über die bisherigen und neuen Sperrzeiten gibt Tabelle 3.
Was gilt aktuell in den roten Gebieten?
Die Kulisse der roten Gebiete für Baden-Württemberg (Nitratgebiete) ist in der Landesverordnung VODüVGebiete festgelegt und bleibt für 2020 unverändert. Die Auflagen gemäß der VODüVGebiete bleiben ebenfalls grundsätzlich unverändert.
- Untersuchung von Wirtschaftsdüngern und Gärrückständen;
- Untersuchung des verfügbaren Stickstoffs im Boden oder abgesenkter Kontrollwert (letzteres ist entfallen);
- Geringere Grenze für die Ausnahme zur Erstellung der Düngebedarfsermittlung und der Aufzeichnungen.
Durch den Wegfall des Nährstoffvergleichs entfällt allerdings die Maßnahme maximaler Kontrollwert von 40 kg N/ha und damit auch die Alternative zur Untersuchung des pflanzenverfügbaren Stickstoffs im Boden. Da der Untersuchungszeitraum für die Bodenstickstoffuntersuchung für 2020 jedoch so gut wie abgeschlossen ist, ist dies für 2020 nicht mehr relevant.
Weggefallen ist mit der Streichung des Nährstoffvergleichs auch die generelle Ausnahme von zusätzlichen Maßnahmen in den roten Gebieten für Betriebe, die einen Kontrollwert bis 35 kg N/ha aufweisen. Dies bedeutet, dass Betriebe, die in diesem Jahr noch Wirtschaftsdünger ausbringen, ein Untersuchungsergebnis für Wirtschaftsdünger oder Gärrückstände vorweisen müssen, das nicht älter als ein Jahr ist.
Das heißt die gegebenenfalls notwendige Wirtschaftsdüngeruntersuchung ist vor der nächsten Düngemaßnahme durchzuführen. Dies gilt auch für Betriebe ab zehn ha LN. Diese müssen auch die neuen Aufzeichnungen der verabreichten Düngung durchführen.
Was kommt ab 2021 auf die Landwirtschaft zu?
Ab 2021 werden folgende flächendeckenden Maßnahmen wirksam:
- Bei Wintergerste und Winterraps ist die Menge an verfügbarem Stickstoff, die im Herbst 2020 aufgebracht wurde, bei der Düngebedarfsermittlung zu berücksichtigen (siehe oben).
- Stickstoff- und phosphathaltige Düngemittel dürfen nicht mehr auf gefrorenen Boden aufgebracht werden.
- Alle Düngebedarfsermittlungen müssen bis zum 31. März des Folgejahres zu einem gesamtbetrieblichen Düngebedarf zusammengefasst werden. Dies gilt auch für die während eines Jahres aufgebrachten Düngermengen, die zu einem gesamtbetrieblichen Nährstoffeinsatz zusammengefasst werden. Die Ausnahmen für Betriebe und Flächen bleiben unverändert wie beim Nährstoffvergleich (max. 15 ha LN, max. 2 ha Gemüse, Wein etc., max. 750 kg N aus Wirtschftsdüngern und keine Wirtschaftsdüngeraufnahmeaufnahme)
- Bei der Berechnung der betrieblichen Obergrenze von 170 kg Gesamtstickstoff für organische Düngemittel dürfen Flächen mit Düngeverboten oder Düngebeschränkungen nicht oder nur bis zur Höhe der tatsächlich zulässigen N-Düngung berücksichtigt werden. Dies betrifft zum Beispiel Extensivierungsflächen, Vertragsnaturschutzflächen und Gewässerrandstreifen.
- In den dann neu abgegrenzten roten Gebieten gelten ab 1. Januar 2021 zusätzlich die sieben bundeseinheitlichen Maßnahmen.
Zusätzliche Maßnahmen in den roten Gebieten ab 2021:
- Verringerung des Düngebedarfs (schlagbezogene N-Obergrenze) um 20 Prozent im Durchschnitt der Flächen des Betriebes, die dieser in nitratbelasteten Gebieten bewirtschaftet. Gegebenenfalls Ausnahmen für Dauergrünland unter bestimmten Bedingungen durch Länderverordnungen.
- Schlagbezogene Obergrenze für die Ausbringung von organischen und organisch-mineralischen Düngemitteln in Höhe von 170 kg N je Hektar anstatt betriebsbezogen.
- Ausnahmen zu Nummern 1 und 2: Betriebe, die auf den Flächen in den ausgewiesenen roten Gebieten im Durchschnitt nicht mehr als 160 kg Gesamtstickstoff je Hektar und davon nicht mehr als 80 kg in Form von mineralischen Düngemitteln aufbringen.
- Verbot der Aufbringung von stickstoffhaltigen Düngemitteln im Herbst zu Winterraps und Wintergerste sowie zu Zwischenfrüchten ohne Futternutzung. Ausnahme: Winterraps, wenn durch eine Bodenprobe nachgewiesen wird, dass der verfügbare Stickstoffgehalt im Boden unter 45 kg N/ha liegt,weitere Ausnahme: Aufbringung von Festmist von Huf- oder Klauentieren oder Kompost bis zu 120 kg Gesamtstickstoff/ha zu Zwischenfrüchten ohne Futternutzung. Für 2021 kann einmalig eine Ausnahme beantragt werden, sofern ein Bauantrag mit den erforderlichen Unterlagen auf Genehmigung der Errichtung oder Erweiterung von Anlagen zur Lagerung von Gülle oder Gärresten gestellt wurde, die Errichtung oder Erweiterung noch nicht abgeschlossen werden konnte und der Betriebsinhaber dies nicht zu vertreten hat. Für diese Betriebe kann zu Zwischenfrüchten ohne Futternutzung, die bis zum 1. September ausgesät werden, eine Düngung bis 1. Oktober 2021 genehmigt werden.
- Stickstoffdüngung zu Kulturen mit einer Aussaat oder Pflanzung nach dem 1. Februar ist nur zulässig, wenn auf der betroffenen Fläche im Herbst des Vorjahres eine Zwischenfrucht angebaut wurde, die nicht vor dem 15. Januar umgebrochen wurde -> verpflichtender Zwischenfruchtanbau/Begrünung vor SommerungenAusnahme: bei spät geernteter Vorfrucht nach dem 1. Oktober und bei Niederschlägen < 550 mm (langjähriges Mittel – in BW nicht relevant)
- Verlängerung der Sperrzeit für Grünland und Ackerland mit mehrjährigem Feldfutter (Aussaat bis 15. Mai) um vier Wochen auf vier Monate vom 1. Oktober bis 31. Januar (derzeit 1. November bis 31. Januar)
- Verlängerung der Sperrzeit für Festmist von Huf- und Klauentieren und Kompost auf drei Monate vom 1. November bis 31. Januar (derzeit 15. Dezember bis 15. Januar).
- Begrenzung der Aufbringung flüssiger organischer Düngemittel (Gülle, Jauche, Gärrückstände etc.) auf Grünland Ackerland mit mehrj. Feldfutter (Aussaat bis 15. Mai) im Herbst ab 1. September bis Beginn Sperrzeit auf 60 kg Gesamtstickstoff/ha.
In den neu ausgewiesenen Gebieten gelten ab 2021 die neuen bundeseinheitlichen Maßnahmen und weiterhin landesspezifische Maßnahmen.
Hintergründe zur neusten Version der Düngeverordnung lesen Sie beim Ministerium für Umwelt unter FAQ Düngeverordnung > Details > Welche wesentlichen Änderungen sieht die neue Düngeverordnung gegenüber den bisherigen Regeln vor?
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