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Weinsberger Obstbautag

Auf dem Weg zu mehr Biodiversität

Klimawandel und Biodiversität sind zwei Stichworte, die die Obstbranche stark beschäftigen. Das wurde beim Augustenberger Obstbautag deutlich (siehe auch BWagrar Heft7/Seite 22). Welche Vorgaben sich aus dem Biodiversitätsstärkungsgesetz für die Bewirtschaftung in Schutzgebieten ableiten und welche Entscheidungskritierien beim Beerenanbau für den geschützten Anbau sprechen, waren weitere Themen der Veranstaltung, die auch in diesem Jahr aufgrund der Coronapandemie online werden musste.

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Das Biodiversitätsstärkungsgesetz hat ehrgeizige Ziele gesetzt. Bis zum Jahr 2030 sollten 40 bis 50 Prozent der Pflanzenschutzmittel eingespart werden. 
Das Biodiversitätsstärkungsgesetz hat ehrgeizige Ziele gesetzt. Bis zum Jahr 2030 sollten 40 bis 50 Prozent der Pflanzenschutzmittel eingespart werden.  Werner-gnann
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Manuel Geiser vom Regierungspräsidium Stuttgart ging in einem Rückblick auf die Entstehungsgeschichte des Biodiversitätsstärkungsgesetzes ein. Begonnen hatte es mit dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“. Wäre es zu einem erfolgreichen Abschluss gekommen, hätte dies harte Einschnitte für die landwirtschaftliche Nutzung von Flächen, insbesondere in Schutzgebieten, bedeutet. Mit dem von der Landesregierung erarbeiteten Eckpunktepapier, das schließlich in das Biodiversitätsstärkungsgesetz mündete, wurde manch harter Eingriff vermieden bei immer noch ehrgeizigen Zielen, was den Pflanzenschutzmitteleinsatz und den Ausbau des ökologischen Landbaus betrifft. Umgesetzt wurde es über Änderungen im Naturschutzgesetz und im Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz im Juli 2020. Danach besteht seit Jahresbeginn ein Verbot für Pflanzenschutzmittel in Naturschutzgebieten und in Landschaftsschutzgebieten, Biotopen, Natura 2000-Gebieten, Naturdenkmalen sowie in Kern- und Pflegezonen von Biosphärengebieten dürfen Pflanzenschutzmittel nur nach Vorgaben des Landes zur Integrierten Produktion (IP) erfolgen. Ausnahmen in Naturschutzgebieten sind nur bei unbilligen Härten möglich. Dazu müssen bei Sonderkulturbetrieben mindestens fünf Prozent der Fläche im Naturschutzgebiet liegen. Zu beantragen ist dies bei den unteren Naturschutzbehörden.  

Einsatz nach Vorgaben der Integrierten Produktion

Bei den landesspezifischen Vorgaben zur IP ist das Ziel, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf das absolut notwendige Maß zu beschränken. Geiser nannte dazu eine Reihe von Leitlinien auf. Dazu gehören die Einhaltung einer Fruchtfolge, eine konsequente Bestandesbeobachtung, Behandlung nach Prognosemodellen, Beachtung vorgegebener Bekämpfungsrichtwerte, Verwendung nützlingsschonender Mittel und die Anlage von Spritzfenstern. Ferner müssen innerhalb einer Übergangszeit von fünf Jahren Maßnahmen zur Förderung von Nützlingen getroffen werden und die Sprühtechnik auf eine abdriftmindernde Applikation umgestellt sein. Die geforderte Dokumentation dieser Maßnahmen kann laut Geiser über die bereits notwendigen Pflanzschutzmittel-Aufzeichnungen gemacht werden. Kontrollen erfolgen im Rahmen des Fachrechts.

Pflicht- und Wahlmaßnahmen

Dabei sehen die landesspezifischen Vorgaben Pflicht- und Wahlmaßnahmen vor. Pflichtmaßnahmen sind für die Betriebe auf allen Flächen in den Schutzgebieten einzuhalten. Zusätzlich muss jeder Betrieb mindestens eine Wahlmaßnahme einhalten. Dazu wurde ein ganzer Katalog an möglichen Maßnahmen erstellt.

Mit den Vorgaben, die im Übrigen auch Privatgärten, das öffentliche Grün sowie den Verkehrsbereich miteinschließen, will man das im Biodiversitätsstärkungsgesetz formulierte Ziel zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes um 40 bis 50 Prozent bis zum Jahr 2030 erreichen. Dazu ermittelt das Ministerium alljährlich den Pflanzenschutzmitteleinsatz über ein repräsentatives Betriebsmessnetz in der Landwirtschaft. Ergänzt werden diese Daten durch Absatzzahlen des Landhandels, Daten von Bauhöfen und der Deutschen Bahn in Baden-Württemberg, Absatzzahlen für Privatgärten, Genehmigungen nach Paragraf 12 (2) Pflanzenschutzgesetz und Marktforschungsstudien. In einem ersten Bericht zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Baden-Württemberg wurde die Basis für das Reduktionsziel mit 1900 t erhoben. Davon entfallen 52 Prozent auf Herbizide, 47 Prozent auf Fungizide und ein Prozent auf Insektizide.

Insektenschutzgesetz des Bundes 

Strengere Vorgaben zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ergeben sich zudem durch das Insektenschutzgesetz des Bundes. So wurde die Anwendung von Glyphosat bereits stark eingeschränkt. In Wasser- und Heilquellenschutzgebieten sowie in Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten dürfen glyphosathaltige Mittel bis 2024 nicht mehr eingesetzt werden. Die Anwendung in anderen Gebieten ist nur möglich, wenn zuvor alle IP-Maßnahmen geprüft wurden. Geiser empfahl dazu, die Ergebnisse dieser betrieblichen Prüfung aufzuzeichnen.  

Anbauverfahren für Himbeeren

Mit der Frage des Anbauverfahrens in Beerenkulturen befasste sich Gunhild Muster von der Lehr- und Versuchsanstalt in Weinsberg. Beeren erfreuen sich beim Verbraucher in den letzten Jahren wachsender Beliebtheit. Dabei zählen insbesondere Heidelbeeren und Himbeeren zu den Trendobstarten. Angebaut werden sie entweder im Boden, im Damm oder als Topf- oder Substratkultur. Doch während der Freilandanbau von Himbeeren seit 2012 kontinuierlich abnimmt, legte der geschützte Anbau bis 2019 zu, seither stagniert er. Von den knapp 1000 Hektar Himbeeren in Deutschland entfallen knapp 400 Hektar auf den geschützten Anbau.

Je nach Betrieb stellen sich damit verschiedene Fragen zur Himbeerproduktion, die je nach Absatzweg, Verfügbarkeit von Arbeitskräften und gesellschaftlichen Anforderungen unterschiedlich beantwortet werden. Mit den wachsenden Auswirkungen des Klimawandels und den Restriktionen beim Pflanzenschutz stellt sich auch immer häufiger die Frage nach dem Anbau der Kultur im Freiland oder unter Tunnel und ob im Boden, Damm oder Topf sowie mit welchem Bewässerungsverfahren produziert wird. In unmittelbarem Zusammenhang damit steht die Intensität der Produktion, was Flächenbedarf, Material und Betreuungsaufwand betrifft. Beispielsweise erfordert die Topfkultur aufgrund mehr Arbeitszeit, was mit höheren Kosten verbunden ist. Andererseits sind bei intensiverem Anbau auch höhere Erträge möglich. So wird beim Anbau im Damm der Standraum intensiver durchwurzelt, was das Ertragspotenzial verbessert.

Substratkultur mit Torfersatzprodukten

Noch höhere Erträge sind beim Anbau im Substrat möglich, zusätzlich befördert durch die meist damit verbundene Produktion im geschützten Anbau. Hier stellt sich die Frage nach dem am besten geeigneten Substrat, auch mit Blick auf den Ersatz von Torfprodukten im Sinne einer nachhaltigen Produktion. In einem Versuch zum Test der Substrate Bender Sto 3, Brill CocoSolG, Brill PRO berry red PE und Brill LignoMix berry red zeigten sich allerdings keine Unterschiede im Beerenertrag. Zum gleichen Schluss kam Muster auch beim Test von Miscanthus und Miscanthus-Mischproduktion mit Kompost. „Unter dem Aspekt Ressourcenschonung gibt es also funktionierende Torfersatzprodukte“, zog die Beerenexpertin ein Fazit aus ihren Untersuchungen.

Weiterer Aspekte einer nachhaltigen Produktion ist beispielsweise der im geschützten Anbau mögliche Einsatz von Nützlingen. Dagegen werden in aller Regel bei diesem Verfahren mehr Kunststoffe eingesetzt, da Töpfe, Netze, Bindematerial, Bodenabdeckung sowie eine Folie für den Tunnel benötigt werden. Doch auch der Freilandanbau erfolgt nicht ganz ohne Kunststoff.

Erntekosten im Blick behalten

Bei der Frage nach den Erntekosten – im Himbeeranbau ein wichtiger Faktor – spielen die Einheitlichkeit des Bestandes, der Fruchtbehang, die Fruchtgröße, die Zapfenlöslichkeit, die Erntedauer sowie die Witterung eine Rolle. An Beispielsrechnungen zeigte Muster, wie sehr die Fruchtgröße über eine höhere Pflückleistung die Erntekosten beeinflusst. Unterschiede von 10.000 bis 20.000 Euro pro Hektar je nach Ertrag sind möglich. Hier punktet der geschützte Anbau durch höhere Erträge und größere Früchte. Zudem ist die Haltbarkeit der Früchte etwas besser.

Damit bleibt festzuhalten: Während die Freilandkultur bei den Kosten die Nase vorn hat und auch beim Stichwort Ressourcenschonung besser abschneidet, besticht der geschützte Anbau beim Ertrag. Letztendlich muss aber jeder Betrieb für sich abwägen, welches Produktionsverfahren am besten zu ihm passt.

Indianerbanane – eine Nischenkultur

Über Erfahrungen aus Veitshöchheim mit dem Anbau der Nischenkultur Indianerbanane berichtete Alexander Zimmermann von der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau. Die aus dem östlichen Nordamerika stammende Frucht ist dort seit 1998 im Anbau. Sie ist winterhart und übersteht selbst minus 25 °C. Bislang gibt es in Deutschland kaum einen kommerziellen Anbau, wenn, dann ist er meist auf Direktvermarkter beschränkt. Ein Grund dafür mag das langsame Wachstum sein, denn die Kultur liefert erst nach drei bis vier Jahren erste Erträge und kommt ab dem siebten, achten Jahr dann in den Vollertrag. Außerdem ist das Baummaterial mit 30 bis 80 Euro pro Baum sehr teuer. Die Ernte erfolgt Ende September bis Mitte Oktober, wenn die Früchte allmählich weich werden.

Die Bäume sollten in einem Abstand von 4,0 x 2,5 m gepflanzt werden und der Boden aufgrund der Pfahlwurzel nicht zu Staunässe neigen. Zu bevorzugen sind leichte Böden mit einem pH-Wert von 5 bis 7,5. Eine Tröpfchenbewässerung zumindest in den Anfangsjahren ist ratsam. Die natürliche Wuchshöhe der Bäume mit pyramidalem Wuchs beträgt bis zu zehn Meter. Trotz einer Höhenbegrenzung auf 3,5 bis 4,0 m hält sich der Schnittaufwand in Grenzen.

Schwierige Baumvermehrung

Bislang sind keine Schaderreger bekannt. Möglicherweise hält ein toxischer Stoff in den Blättern der Indianerbanane diese ab. Hin und wieder können Verbräunungen an den Blättern auftreten. Eine Düngung kann mit organischen Materialien wie Kompost erfolgen, wobei stickstoffbetonte Gaben von 40 bis 50 kg N/ha ausreichen. Die Vermehrung ist nicht ganz einfach. So gibt es beim Okulieren oder Chippen hohe Ausfälle, besser funktionieren Spaltpfropfen. Da die Wurzeln nicht frosthart sind, sollten Bäume nicht in Töpfen überwintert werden. Auch ein späteres Verpflanzen der Bäume ist aufgrund ihrer Pfahlwurzel nicht ratsam.

Etwas problematisch ist die Bestäubung, da die Blüten wohl aufgrund ihres leicht stinkenden Geruchs von Bienen nicht aufgesucht werden. Blühbeginn ist Ende April bis Anfang Mai. Sie zieht sich dann über drei bis vier Wochen hin. Die Indianerbanane wartet mit einer riesigen Sortenvielfalt auf. 20 davon werden auf dem Versuchsgelände der LWG in Veitshöchheim getestet, wobei große Ertragsunterschiede von vier bis 40 Kilo pro Baum festzustellen sind. Bewährte Sorten sind laut Zimmermann Sunflower, Overleese und Prima. Zwischenzeitlich gibt es aber auch neue, interessante Züchtungen aus den USA, die deutlich stärker wachsen als die bisherigen Sorten.

Einzelfruchtgewichte variieren dabei von 60 bis 200 g pro Frucht. Beim Geruch erinnert die Indianerbanane an Mango oder Birnen, geschmacklich ist sie süß und kommt einer Ananas oder hochreifen Birne nahe. Eine Lagerung bei Zimmertemperatur ist nur für wenige Tage möglich. Hier machte Zimmermann aber noch einigen Forschungsbedarf aus. Verkauft werden die Früchte bislang an Wiederverkäufer für vier Euro das Kilo, im Direktabsatz werden sie für acht Euro pro Kilo angeboten. Um neue Kunden zu gewinnen, führt an Verkostungen kein Weg vorbei. Bislang wurden sie vor allem an die spezialisierte Gastronomie, zur Herstellung von Bränden sowie für die Produktion von Eis, Konfitüren oder Mischsäften vermarktet.

 

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