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Zukunft der Nutztierhaltung

Zwischen Markt und Akzeptanz

Die Nutztierhaltung droht zwischen Marktzwängen und gesellschaftlicher Akzeptanz zerrieben zu werden. In einem echten Dialog könne die Lücke zwischen Erwartungen und Realität verringert werden, meint der Hohenheimer Agrarökonom Prof. Dr. Harald Grethe.
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Kreisvorsitzender Ulrich Hauser bei seiner Begrüßung auf dem Kreisbauerntag des Bauernverbandes Enzkreis am 19. Februar 2016 in Mühlacker-Enzberg.
Kreisvorsitzender Ulrich Hauser bei seiner Begrüßung auf dem Kreisbauerntag des Bauernverbandes Enzkreis am 19. Februar 2016 in Mühlacker-Enzberg.Krehl
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Mühlacker-Enzberg (Enzkreis), 19. Februar 2016

Grethe: Entfremdung von der Tierhaltung im Dialog verringern

Einerseits habe sich die Gesellschaft von der Landwirtschaft entfremdet, andererseits aber auch die Landwirtschaft von der Gesellschaft. Deshalb müsse sich sowohl die Gesellschaft bewegen und für moderne Landwirtschaft interessieren als auch die Landwirtschaft - über das ausschließliche Erklären ihres Tuns hinaus - zur Kritikaufnahme bereit sein. Das erklärte Agrarökonom Prof. Dr. Harald Grethe beim Kreisbauerntag des Bauernverbandes Enzkreis am Freitag, 19. Februar 2016, in Mühlacker-Enzberg.

Für Versachlichung der Debatte

Der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik empfiehlt, die Debatte um die Nutztierhaltung zu versachlichen. Denn seitens der Gesellschaft werde die Landwirtschaft für den empfundenen Verlust an Naturverbundenheit im eigenen Leben verantwortlich gemacht. Zudem würden in der Politik häufig Umwelt- und Tierschutzaspekte dazu missbraucht, agrarstrukturpolitische Vorstellungen zu begründen, beobachtet Grethe. Die Disqualifikation von großen Betrieben als „industrielle" oder „Massentierhalter“ und damit an sich „schlecht" sei demotivierend und nicht gerechtfertigt.

Der Agrarprofessor empfiehlt weiterhin, einen gesellschaftlichen und politischen Basiskonsens herbeizuführen. Dabei soll die Politik langfristig ausgerichtet werden und für ausreichende Investitionssicherheit sorgen. Um dies zu erreichen, kann er sich verschiedene Maßnahmen vorstellen, beispielsweise eine Enquete-Kommission des Bundestages und „Runde Tische“. Dabei sei es wichtig, die Ergebnisse transparent zu dokumentieren und langfristige Leitlinien zur Realisierung von mehr Tierschutz zu formulieren.

Drei bis fünf Milliarden Euro Kosten

Mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung kostet jährlich drei bis fünf Milliarden Euro, hat der Wissenschaftliche Beirat errechnet. Das sind rund 30 Prozent der heutigen Produktionskosten in diesem Betriebszweig. Angesichts offener Grenzen müssten diese Kosten den Landwirten ausgeglichen werden. Dazu sieht Grethe drei Optionen, die alle genutzt werden müssten:

  1. Aufbau eines staatlichen Labels im Premiumsegment
  2. Aufstocken der Mittel für die Initiative Tierwohl
  3. Tierschutzprämien über den Umbau der Agrarpolitik

Spagat zwischen Tierschutz und Wettbewerbsfähigkeit kann gelingen

Freiwillige Tierwohlverbesserungen könnten durch Aufstockung der Tierwohlmaßnahmen in der Zweiten Säule bei langfristig stärkerer Umschichtung aus der Ersten in die Zweite Säule der EU-Agrarpolitik realisiert werden.

Flächendeckende Tierwohlverbesserungen will Grethe im Einzelhandel und auf Ebene der Produzenten durch freiwillige Selbstverpflichtungen umsetzen. Solche Maßnahmen könnten allerdings gesetzliche Mindeststandards nicht ersetzen. Durch staatliche Maßnahmen gelte es sicherzustellen, entstehenden Kostenwettbewerb mit dem Ausland zu lösen, räumt der Agrarökonom ein. Dabei setzt er auf

  • die finanzielle Unterstützung freiwilliger Pioniere,
  • internationale Koordination,
  • konsequenten Vollzug von Importbestimmungen und
  • Verhandlungen in der Welthandelsorganisation (WTO).

Der Spagat zwischen Tierschutz und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit kann gelingen, ist Grethe überzeugt. Aber das erfordere Anstrengungen von Gesellschaft, Agrarsektor, Politik und der gesamten Fleischbranche.

Landwirte wehren sich gegen unsachliche Kritik

In den Handelsbeschränkungen mit Russland sieht Kreisvorsitzender Ulrich Hauser eine der Ursachen für die schwierige Einkommenslage in der Landwirtschaft. Um die Exportförderung voranzutreiben, hatte jüngst das Bundesagrarministerium zusätzliche Stellen geschaffen, was der Bauernverband begrüßt.

Hauser verwehrt sich gegen die teils unsachliche Kritik an der Landwirtschaft. Die Gesellschaft zeige mit der Hand auf die Bauern und dabei gleichzeitig mit drei Fingern auf sich selbst, verweist er auf die Folgen zunehmender Mobilität und des Klimawandels. Der Kreisvorsitzende kritisiert die zunehmenden Eingriffe in das Eigentum über verschiedene Landesgesetze und den hohen Flächenverbrauch.

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