Wann ist der Mais reif?
Alle Jahre wieder stellt sich die Frage zunächst nach dem richtigen Erntezeitpunkt. Dabei ist die Erntereife von Mais aller Nutzungsrichtungen ökophysiologisch unwiderruflich bei maximalem Reifeverhältnis von Korn zu Restpflanze gegeben. Diese Reifekontrolle kann der Maisanbauer mit eigenen Messgeräten durchführen.
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Reife, Sortentyp, Sortenwahl und Umweltstabilität der Maissorten bilden dabei eine untrennbare Einheit hinsichtlich Ökonomie und Ökologie (Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz).
Weit verbreitet ist die Auffassung, dass nach Aussaat, Düngung und Pflanzenschutz der Maisbestand durch den Anbauer nicht mehr reguliert werden kann. Das Gegenteil ist der Fall. Die letzte und bedeutende agronomische Maßnahme der Bestandesführung ist die Messung der Reifedynamik beim Mais aller Nutzungsrichtungen (Gas, Mast, Korn und Milch). Im erntenahen Zeitraum sind differenzierte Reifekontrollen des Trockenmasse-(TM)-Gehaltes der generativen Pflanzenfraktion (Korn) und vegetativen (physiologisch „mehr oder weniger produktiven“ Restpflanze) in witterungsbedingten Abständen von drei bis sieben Tagen bis zur Ernte durchzuführen. Ziel dieser Maßnahmen ist die maximal mögliche Einflussnahme auf die Entwicklung von Qualität, Ertrag, Verwendungszweck und Ökonomie sowie gleichfalls Ökologie durch den Anbauer, auch ohne Hilfe Dritter, zur Ernte anhand des Silomais-Reifeindexes (SRI) als Quotient beider Fraktionen (Foto).
Reifekontrolle
Die Kornfeuchte kann dabei mit handelsüblichen Schnellmessgeräten ermittelt werden, indem vorher die Körner vom mittig zerbrochenen Kolben mit dem Handballen restlos entfernt werden. Die kornlose Spindel wird bei der weiteren Prozedur nicht mehr gebraucht. Der TM-Gehalt der Häcksel von der Restpflanze wird mit üblichen Trockengeräten festgestellt, wie es bei der Ermittlung des TM-Gehaltes der Gesamtpflanze üblich ist. Im Bedarfsfall können für diese Zwecke auch einschlägige Labore genutzt werden. Die Bestimmung des TM-Gehaltes der Restpflanze ist im Vergleich zu der der Gesamtpflanze dabei exakter und deshalb auch repräsentativer. Bemerkenswert ist, dass sich der Reifegrad (TM-Gehalt) der Gesamtpflanze aus mehreren Gründen als wenig aussagekräftig für die Fixierung des Erntezeitpunktes erweist. Die Zunahme des TM-Gehaltes der Maispflanze ist eng mit der Alterung der Restpflanze und dem pathobiochemischen Futterwert (gehäuftes Auftreten von Pilzgiften) verbunden. Die Restpflanze ist ökophysiologisch der „Motor“ der Stoffbildung und damit alles andere als der Rest der Pflanze (Abb. 1). Dagegen beeinflusst die Kornreife den Reifegrad von Silo- und Energiemais auf üblichen Praxisstandorten nur halb so stark.
Reifeverhältnis
Deshalb wird anstelle des Reifegrades der Gesamtpflanze das Reifeverhältnis (SRI) von Kornreife (%) und Restpflanzenabreife (%) verwendet. Die Reifedynamik in Auseinandersetzung mit allen denkbaren Einflussgrößen, wie biotische und abiotische Stressfaktoren, unterschiedliche Düngung, Wasser- und Nährstoffeffizienz der Sorten sowie mögliche organisatorisch-technische Fehler im Maisanbau, kann nachgewiesen und in ihrer Auswirkung auf Qualität, Ertrag Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz dokumentiert werden. Auch der Einfluss unterschiedlicher Anbaujahre, Standorte, letztlich auch der des Klimawandels, kann mit dem SRI quantifiziert werden. Das Reifeverhältnis findet seinen Ausdruck als Silomais-Reifeindex (SRI). Der SRI erweist sich multifunktional als phänologischer Reife-, Stress- und Selektionsindikator. Mit ihm kann der Maisanbauer nachweisen, ob die ausgewiesenen Eigenschaften der angebauten Sorte über Qualität, Ertrag und Resistenz unter den vorherrschenden Anbauverhältnissen auf seinem Maisstandort zur Ernte wiedergefunden werden (Standorteignung der Sorte und reifespezifischer Sortentyp). Mit dieser Verfahrensweise ist der Maisanbauer selbst, ohne Hilfe Dritter, in der Lage, das unüberschaubare Maissortiment entsprechend seinem Saatgutbedarf erheblich zu reduzieren.
Schätzung
Der SRI lässt sich auch mit dem TM- und Stärkegehalt der Futteratteste einschlägiger Labore schätzen:
Silomais-Reifeindex (SRI) = 2,957678 - 0,041133*TM-Gehalt der Gesamtpflanze (zum Beispiel 32 %) + 0,025257*Stärkegehalt (z. B. 35 %) = 2,53.
TM-Gehalt der Restpflanze (%) = 9,528871 + 0,728507* TM-Gehalt der Gesamtpflanze (z. B. 32 %) - 0,270415* Stärkegehalt (z. B. 35 %) = 23,4 %.
Der korrespondierende TM-Gehalt im Korn (z. B. 59,2 %) kann durch Multiplikation des SRI mit dem TM-Gehalt der Restpflanze auf dem Rechenweg praktisch ermittelt werden.
Auf diese Weise ist ebenfalls eine Ursachenanalyse bereits vor der bzw. zur Ernte möglich.
Erntezeitpunkt
Die Ernte von Mais ist grundsätzlich bei maximal möglichem SRI durchzuführen (Erntereife bei maximal weitem Reifeverhältnis), das ist standortbedingt der richtige Erntezeitpunkt der angebauten Sorte für Silo- und Energiemais. Mit dem SRI kann somit exakt die Erntefolge der Sorten und deren Zuordnung zu den Siloanlagen festgestellt werden.
Der optimale Erntezeitpunkt (Silierreife) ist bei einem SRI von 2,6 (physiologische Kornreife von 63 % bei einem TM-Gehalt der Restpflanze von 24 %) erreicht und entspricht dem TM-Gehalt der Gesamtpflanze von 35 %. Hier ist der Beginn des Optimums von Qualität und Ertrag. Durch systematische standortgerechte Sortenwahl sollte auf Dauer der agroökoeffiziente Referenzreifepunkt von 2,8 zur Ernte mit umweltstabilen Sorten angestrebt werden. Zu diesem Zeitpunkt wird die physiologische Kornreife und maximale Stärkeeinlagerung erreicht. Der TM-Gehalt der Restpflanze beträgt dann 22,5 %. Bei dieser Vitalität der Restpflanze sind die Mykotoxin- und Sickersaftfreiheit sowie ein Minimum an pflanzenverfügbarem Stickstoff im Boden nach der Ernte zu verzeichnen (Abb. 1 und 2).
Nutzungsformen
Der SRI von 2,8 ist für alle Nutzungsrichtungen im Maisanbau der reifespezifische Schnittpunkt und Vergleichsstandard auch zu anderen Kulturpflanzen (Abb. 2). Selbst Körnermais sollte diese physiologische Kornreife, auch in Anbetracht der Reduzierung der Bruchkornverluste, erreichen. Zur weiteren Senkung der Kornfeuchte und Trocknungskosten verbleibt standfester Körnermais, entsprechend den Witterungsbedingungen und der weiteren Fruchtfolgegestaltung, noch eine angemessene Zeit auf dem Felde bis der Körnerdrusch und die sich anschließende technische Trocknung auf lagerfähige TM-Gehalte der Körner von mindestens 86 % durchgeführt werden.
Die reifespezifischen Unterschiede zwischen Silo- und Energiemais sind gleichfalls unbedeutend. Eine Reifedifferenzierung von ca. 30 Siloreifezahlen (SRZ) ist ein reifesystembedingter Irrtum (Abb. 2). Bei beiden Nutzungsformen geht es um die mikrobielle Energieumwandlung aus verdaulichen organischen Substanzen, wo auch Energiequellen, wie Stärke, auch als „Betriebsmittel“ erforderlich sind. Sowohl die maximale Stärkeeinlagerung als auch der Maximalertrag an Methangas werden zum Referenzreifepunkt von 2,8 erreicht.
Die nutritiv orientierte Milchproduktion mit besonders energie- und stärkereicher Maissilage hat vor allem auf Grünlandstandorten und in der Frühlaktation auf Grund des hohen Energiebedarfes und der ernährungsphysiologischen Sonderstellung der Stärke im Pansen und Dünndarm ihre Bedeutung. Ebenso bedeutsam ist der hohe Stärkewert der Maissilage in der intensiv betriebenen Rindermast auf Grund des spezifischen Fermentationsmusters der „Flüchtigen Fettsäuren“, des geringen Pansenvolumens und der Bedeutung der Propionsäure für den Zellstoffwechsel der Mastrinder.
Die diätetisch betonte Hochleistungsfütterung mit geringerer Stoffwechselbelastung der Kühe wird mit reifedifferenteren und umweltstabilen Maissorten besonders in Ackerbaugegenden bei fehlender zweiter Grundfutterkomponente in der Ration bedeutungsvoll. Der Nährstoffgehalt, die Verdaulichkeit und folglich der Energiegehalt dieser Maissilage sind geringfügig niedriger. Dafür hat sie einen geringeren Gehalt an Mykotoxinen, höheren an Carotin, eine bessere Strukturwirksamkeit, einen geringeren TM-Gehalt der Maissilage sowie eine höhere Kornreife und -härte. Die Bedingungen der Pansen- und der Dünndarmverdauung sind dadurch signifikant verbessert. Im Ergebnis werden maximale Mengen an absolutem Grundfutter (gesunde Restpflanze über Maissilage) von den Kühen aufgenommen, die gesteigerte Milchleistungen bei besserem Gesundheitsstatus der Tiere und möglicher Flächenreduzierung ermöglichen (Abb. 2).
Referenzreifepunkt
Bei Erreichen des Referenzreifepunktes von 2,8 kann mit Fug und Recht behauptet werden, was auf dem Saatgutsack an Eigenschaften drauf steht, ist auch drin. Bei der Maisernte aller Nutzungsrichtungen wird dann die Erwartung der Maisanbauer an die angebaute Maissorte voll erfüllt (Gleichheit von Geno- und Phänotyp). Reifedifferente, umweltstabile Maissorten sind bei allen Nutzungsformen im Maisanbau, in Anbetracht der mit dem SRI quantifizierbaren standörtlichen Reife-, Anbau- und Umweltbedingungen, notwendig (Abb. 1 und 2). Diese unabdingbare Pflanzengesundheit ist die Voraussetzung für den vorrangigen Tier- und Verbraucherschutz sowie einen hohen Standard der Bodenhygiene bei der weiteren Fruchtfolgegestaltung. Die standortgerechte Sortenwahl wird für den Maisanbauer mehr als überschaubar und ist die Grundlage für eine sehr hohe und stabile Sorten- und Resistenzleistung (Abb. 3).
Es gilt der ökophysiologische Grundsatz:
Einflussgrößen mit dem Silomais-Reifeindex exakt erfassen und bis zum maximal möglichen Reifeverhältnis (SRI) direkt führen - Zielgrößen (Agrar- und Umweltparameter) optimal nutzen. Mais ist bei maximal möglichem Reifeverhältnis (SRI) erntereif, d.h. maximale Kornreife durch minimale Restpflanzenabreife erwirken. Generelles und vergleichbares Ziel des Maisanbaus aller Nutzungsrichtungen ist jedoch das Erreichen des Referenzreifepunktes (SRI = 2,8) durch umweltstabile Maissorten.
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