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Rinderhaltung

Biosicherheit: Vorbeugen statt heilen

In erster Linie sollen Biosicherheitsmaßnahmen die Tierbestände vor besonders gefährlichen Tierseuchen schützen. Gleichzeitig helfen sie aber auch, alltägliche schadensreiche Infektions- und Faktorenkrankheiten abzu¬wehren. Was bei schweinehaltenden Betrieben seit Jahren Standard ist, findet leider in Rinderbeständen bisher nur wenig Beachtung.
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Bei der Umsetzung der Biosicherheit spielt der Tierhalter eine zentrale Rolle. In den diesjährigen Winterversammlungen soll daher diese Thematik im Fokus stehen. Nicht nur vor dem Hintergrund der in 2016 aufgetretenen BHV1-Ausbruchs- und Ver¬dachtsfälle, sondern auch im Hinblick auf zukünftige rechtliche EU-Vorgaben im Tiergesundheitsrechtsakt (Verordnung (EU) 2016/429) sollen die Informationsveranstaltungen für Zuchtverbände und Landwirte wichtige Biosicherheitsmaßnahmen näherbringen.

Jedem Betrieb soll ermöglicht werden, ein für ihn praktikables Vorgehen zu erarbeiten und nach seinen Möglichkeiten umzusetzen. Auch Hof- und Amtstierärzten kommt in Bezug auf Hygiene und Biosicherheit eine wichtige beratende und Vorbildfunktion zu. Tierhalter bezüglich Biosicherheit zu beraten und sie bei der Umsetzung der Maßnahmen zu unter¬stützen, ist zudem eine zukunftsorientierte Chance für den tierärztlichen Berufsstand.

BHV1-Rückschläge erfolgreich bekämpft – HIT-Antrag bewährt sich nicht nur im Seuchenfall

In den letzten Monaten kam es bundesweit zu Rückschlägen mit BHV1-Neuausbrüchen in freien Regionen. In BW waren insbesondere die Landkreise Alb-Donau, Reutlingen und Biberach betroffen. Insgesamt gelangten von Februar bis September 2016 drei Ausbruchs- und 10 Verdachtsfälle amtlich zur Kenntnis. Mit der Anerkennung BWs als BHV1-freies Gebiet haben BHV1-Fälle eine wesentlich höhere Brisanz und Resonanz in der Öffentlichkeit. Die Konsequenzen für die betroffenen Betriebe können sehr hoch sein.

Nach den Erfahrungen bei den Ausbruchsgeschehen 2015 und 2016 ist die Infektion in Betrieben mit klinischen BHV1-Symptomen nicht aufzuhalten und eine komplette Bestandsräumung meist unumgänglich. Ein solches Geschehen ist sowohl für die betroffenen Landwirte als auch für umliegende Betriebe äußerst belastend und wirft zudem viele Fragen auf.

Die Task Force Tierseuchen, der Rindergesundheitsdienst Aulendorf und das STUA-Diagnostikzentrum haben aus diesem Anlass die Thematik in „BHV1 - FAQs bei einem Seuchengeschehen“ aufgegriffen. Der Fragen- und Antwortenkatalog soll insbesondere Landwirte über die BHV1-Infektion im Allgemeinen (Übertragung, Klinik, Laboruntersuchungen), aber v. a. auch über Maß-nahmen und Regelungen vor, während und nach einem Seuchengeschehen informieren.

Im Rahmen der Bekämpfung der Fälle in 2016 wurden rund 16.000 Proben in 311 Betrieben entnommen und am STUA-DZ untersucht. Die unverzügliche Untersuchung von Proben aus den Ausbruchs- und Verdachtsbetrieben, aus Betrieben in den Sperrbezirken sowie aus Betrieben, die mit diesen in epidemiologischem Zusammenhang standen (Personenkontakte, gemeinschaftlich genutzte Gerätschaften), war Voraussetzung für die schnelle Eindämmung dieser Tierseuche.

Unterstützt wurden die Bekämpfungsmaßnahmen dadurch, dass seit Januar 2016 landesweit HIT-Untersuchungsanträge für BHV1-Kontrolluntersuchungen ver-wendet werden. Alle Laborergebnisse stehen seitdem tagesaktuell und einzeltierbezogen für epidemio¬log-ische Ermittlungen sowie Auswertungen in der HI-Tier-Datenbank zur Verfügung. Ein weiterer großer Vorteil ist die schnelle elektronische Befund¬mitteilung. Die Umstellung auf den HIT-Antrag erlaubt auch einen Datentransfer vom STUA-DZ zur TSK BW, so dass die Abrechnungsmodalitäten zwischen prakti¬zierenden Tierärzten, Veterinärämtern und der TSK BW deutlich vereinfacht werden.

BVD-Bekämpfung – aktueller Stand – neue Verordnung – Blick in die Zukunft

Im Jahr 2016 gab es bisher nur vier positive BVD-Befunde, dadurch hat sich die Anzahl der PI-Tiere von 0,5 Prozent zu Beginn der Sanierung im Jahr 2011 auf unter 0,01 Prozent reduziert. Dass es trotz dieser enormen Bekämpfungserfolge aber immer wieder zu Neueinschleppungen kommen kann, haben die letzten zwei PI-Kälber gezeigt.

Bei beiden Kälbern handelte es sich um das jeweils erste PI-Kalb im Bestand und alle epidemiologischen Untersuchungen sprechen dafür, dass das BVD-Virus im einen Fall durch Schlachttier-transporte eines Viehhändlers und im anderen Fall durch den Hoftierarzt in den Bestand eingeschleppt wurde. Dies zeigt sehr deutlich, dass Maßnahmen im Bereich der Biosicherheit in Rinder¬betrieben immer wichtiger werden, auch im Hinblick auf andere Tier¬seuchen wie BHV1.

Außerdem ist es von großer Bedeutung, dass solche PI-Kälber durch die Ohrstanzuntersuchung frühzeitig erkannt und gemerzt werden.
Um dem Ziel der BVD-Freiheit näher zu kommen, gibt die geänderte und angepasste BVD-Verordnung vom 27 Juni 2016 verkürzte Fristen und zusätzliche Auflagen für betroffene Betriebe vor. So sind jetzt alle neugeborenen Kälber innerhalb des ersten Lebensmonats untersuchungspflichtig.

Initial positive Tiere dürfen nur noch mit Genehmigung durch das Veterinäramt innerhalb von 40 Tagen nachuntersucht werden. PI-Tiere müssen unverzüglich getötet oder innerhalb von sieben Tagen unmittelbar geschlachtet werden. Bestände, in denen ein infiziertes Rind nachgewiesen worden ist, unterliegen für 40 Tage einem generellen Verbringungsverbot von Rindern aus dem Bestand, außer sie werden unmittelbar zur Schlachtung verbracht.

Tragende Rinder dürfen bis zur Abkalbung nicht aus solchen Betrieben verbracht werden. Zudem bietet die neue Verordnung die Möglichkeit, in nicht gegen BVD-geimpften Beständen neben der verpflichtenden Ohrstanzuntersuchung serologische Bestandsuntersuchungen durchzuführen. Damit werden für die Zukunft die Voraussetzungen für den Einsatz von vereinfachten und darüber hinaus mit anderen Überwachungs-verfahren kombinierbaren Untersuchungen wie Sammel- bzw. Tankmilchproben geschaffen.

Die Lumpy Skin Disease (LSD) – eine neue Bedrohung für die Rinderpopulation?

Die Lumpy Skin Disease ist eine in Europa bisher unbekannte anzeigepflichtige Tier¬seuche des Rindes, die durch Capripox-Viren verursacht wird. Sie ist für den Menschen ungefährlich. LSD kam ursprünglich in Afrika und im Nahen Osten vor und ist jetzt jedoch bereits über die Türkei bis nach Griechenland und den Balkan vorgedrungen. Eine Ausbreitung in Richtung Mitteleuropa muss befürchtet werden.

Die Übertragung findet hauptsächlich über blutsaugende Insekten statt, kann jedoch auch indirekt mit durch Speichel kontaminiertem Futter, Gerätschaften oder Personen erfolgen. Klinisch erkrankte Tiere zeigen Fieber und zum Teil typische knötchenartige Hautveränderungen. Obwohl nicht jede Infektion zu Symptomen führt, scheiden infizierte Tiere trotzdem Virus aus. Abgesehen von den wirtschaftlichen Schäden, die durch Produktionsverluste bei Milch und Häuten sowie durch verringerte Gewichtszunahmen entstehen, hat der Nachweis einer Infektion in einem bislang freien Gebiet strenge Bekämpfungsmaßnahmen zur Folge.

Um eine Weiterverbreitung zu unterbinden, ist eine frühzeitige Erkennung essentiell. Daher sollten im Verdachtsfall unverzüglich Proben für Abklärungsuntersuchungen entnommen werden. Geeignet sind hierfür Hautstanzen aus veränderten Arealen, Nasen- und Speicheltupfer sowie EDTA-Blut. Für die Diagnose des LSD-Erregers stehen bereits zuverlässige molekularbiologische Untersuchungsmethoden im STUA-DZ zur Verfügung.

Die Blauzungenkrankheit vor den Toren – Schutzschild steht und fällt mit Impfung

Seit April 2016 besteht für Rinder-, Schaf- und Ziegen¬halter in BW die Möglichkeit, ihre Tiere freiwillig gegen das Virus der Blauzungenkrankheit (BTV) impfen zu lassen. Hintergrund ist das aktive BT-Geschehen in europäischen Nachbarländern, das gleichzeitig aus West und Südost unvermindert auf Deutschland und BW zusteuert. In Frankreich breitet sich BTV-8 weiter aus, während parallel dazu mit BTV-4 ein neuartiger Virustyp über den Balkan auf dem Vormarsch ist.

Aktuell steht das französische Geschehen bereits weniger als 70 Kilometer entfernt vor den Toren BWs. BTV-4 befindet sich schon in Österreich und Norditalien. Gegen beide Virustypen stehen Impfstoffe zur Verfügung, die die Grundlage für eine größtenteils von der TSK BW und dem Land finanzierte Impfaktion bildeten. Da eine ausreichende Impfabdeckung den wirk¬samsten Schutz gegen die Krankheit darstellt, ist die erreichte hohe Akzeptanz dieser Maßnahme, die sich an bisher weit über 500.000 geimpften Rindern, Schafen und Ziegen zeigt, zunächst als großer Erfolg zu werten. Die erbrachten Leistungen sind allerdings nur dann von Nutzen, wenn der Impfschutz auch weiter aufrechterhalten wird. Denn daran hängt nicht nur die Stabilität des BT-Schutzschildes, sondern auch der Handel, da nur Tiere mit gültigem Impfstatus eine Restriktionszone verlassen dürften. Aus diesen Gründen ist die Fortführung der BTV-Impfungen, v.a. unter Beachtung von Auffrischungsintervallen, auch in 2017 dringend zu empfehlen.

 

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