So halten Sie Mastitiserreger in Schach
Eine Mastitis findet dann Aufmerksamkeit, wenn sie akut ist. Doch wie entsteht sie und wie kommt das Wissen über die Prävention in die Praxis? Das diskutierten jüngst Experten auf einer Melktechniktagung an der Forschungsanstalt Agroscope im schweizerischen Tänikon. Die wichtigsten Ergebnisse und Tipps zum Vermeiden der gefährlichen Euterentzündung haben wir hier für Sie zusammengestellt.
- Veröffentlicht am

Prävention kommt aus dem Lateinischen: „praevenire“ bedeutet „zuvorkommen“. „Wenn ich einem Prozess zuvorkommen will, dann muss ich ihn kennen“, sagt Ute Müller vom Institut für Tierwissenschaft der Universität Bonn. Die Mastitis oder Euterentzündung beruht auf einer Infektion, „inficere“ bedeutet übersetzt „hineinmachen“. Krankheitserreger dringen in ein Organ ein und vermehren sich dort. Dass die Kuh krank wird, hängt aber nicht nur von den Krankheitserregern ab, sondern von verschiedenen Faktoren, die im Tier und in der Umwelt zu suchen sind. Man nennt die Mastitis deshalb eine Faktorenkrankheit. Manche sprechen auch von einer Managementkrankheit. „Damit ist klar, wir können auch etwas dagegen tun“, folgert Müller.
Natürliche Barrieren
Die Natur hat drei Arten von Barrieren eingerichtet, die die krankmachenden Bakterien daran hindern, in das Euter einzudringen. Erstens die anatomisch-mechanischen Barrieren. Dazu zählen der Strichkanal, das Schliessmuskelsystem und das Keratin. Die zwei bis fünf Millimeter breite Strichkanalöffnung bildet für die Bakterien kein Hindernis. „Es ist wie ein Fussballtor gegenüber Pfefferkörnern“, veranschaulicht die Referentin den Größenvergleich. Es kommt also darauf an, dass sich der Strichkanal nach dem Melken schnell und dicht verschliesst. Das Keratin, eine Art Hornhaut, kann man sich als kleine Plättchen vorstellen, an denen die Bakterien hängen bleiben, wobei diese Plättchen – und damit auch die anhaftenden Bakterien – nach jedem Melkprozess ausgespült werden. Nach Ansicht der Forscherin lassen sich die mechanischen Barrieren durch Zucht auf Zitzenlänge und nicht zu hohe Melkbarkeit verstärken; denn eine zu hohe Melkbarkeit kann mit einem nicht so intensiv kontrahierenden Schliessmuskelsystem einhergehen. Sind die Zitzen sehr kurz, dann sind auch die Strichkanäle kürzer und damit ist die mechanische Barriere schwächer.
Ausgewogene Fütterung
Die zweite Art von Barriere bilden die weißen Blutkörperchen, Leukozyten genannt, die einen wesentlichen Anteil der im Sprachgebrauch geläufigen „Zellen“ ausmachen. Sobald Bakterien in das Euter eindringen, bildet das Knochenmark mehr weiße Blutkörperchen. Diese gelangen über die Blutbahn in die Milch, wo sie die Erreger phagozytieren, sozusagen „fressen“. Dafür brauchen die Leukozyten Energie. Je ausgewogener die Fütterung, desto besser die Arbeit der Abwehrzellen, streicht Müller die Bedeutung der Ernährung bei der Infektionsabwehr hervor. Die dritte Art von Barriere sind die chemischen, löslichen Stoffe, insbesondere die Antikörper. Da sie ebenfalls unter anderem von Blutzellen gebildet werden, hängt die Effizienz dieser Barrieren wiederum von einer guten Fütterung ab. Ziel des Melkens, das heißt der Melktechnik und der Melkmethode, muss es sein, die verschiedenen Barrieren zu unterstützen, das heißt so zu melken, dass die Zitze elastisch bleibt und es nicht zu Verhärtungen, Ausfransungen der Zitzenöffnung und Hautrissen kommt. Dipp- und Sprühmittel lassen sich dabei zusätzlich als künstliche Barrieren einsetzen.
Kontinuierliche Kontrolle
Kommt es trotz der natürlichen Barrieren zu einer Mastitisinfektion, dann ist eine antibiotische Behandlung des Euters angezeigt. Dies ist allerdings nur dann effizient, wenn die hygienischen Mängel nicht zu groß sind und die Abwehr des Tieres durch Haltungs- oder Fütterungsfehler nicht zu sehr geschwächt ist, hält Müller fest. Voraussetzung ist eine kontinuierliche Kontrolle des Einzeltieres – angefangen von der Zellzahlkontrolle über den Schalmtest bis hin zur Sauberkeit der Tiere im Stall. Mastitisprävention heißt, der Infektion zuvorzukommen, die Barrieren zu verstärken und rasch auf eine Verschlechterung der Eutergesundheit zu reagieren, fasst Müller zusammen.
Das führe zu einer Reduktion des Antibiotika-Einsatzes, zu Kosteneinsparungen und zu einem besseren Wohlbefinden der Kühe. Präventionsmaßnahmen setzen nicht nur bei der Melktechnik und der Melkhygiene an, sondern schon im Stall bei der Stallhygiene, nicht zuletzt bei der Haltung, Fütterung und Zucht der Kühe.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.