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Aulendorfer Wintertagung

Weniger Druck und Dreck: Dann bleiben die Klauen gesund

Rund 30 Prozent der Kühe in Laufställen gehen lahm, gut zehn Prozent der Tiere gehen wegen Klauenerkrankungen verfrüht ab – Tendenz steigend. Das zeigen Auswertungen aus den vergangenen 25 Jahren. Wie sich diese, für die Betriebe folgenreiche Entwicklung umkehren lässt, darüber diskutierten die Referenten auf der diesjährigen Aulendorfer Wintertagung. Eine zentrale Rolle spielen Haltung und Fütterung der Wiederkäuer.

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Was schützt Kühe davor, lahm zu gehen? Franz Schweizer, Direktor des LAZBW, im Gespräch mit Tatjana Heim vom Landeskontrollverband (LKV), die mit Kollegen ein von der EU gefördertes Projekt zur Klauengesundheit in baden-württembergischen Milchviehherden betreut.
Was schützt Kühe davor, lahm zu gehen? Franz Schweizer, Direktor des LAZBW, im Gespräch mit Tatjana Heim vom Landeskontrollverband (LKV), die mit Kollegen ein von der EU gefördertes Projekt zur Klauengesundheit in baden-württembergischen Milchviehherden betreut.Ast
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Für Franz Schweizer, den Direktor des Landwirtschaftlichen Zentrums (LAZ-BW), sind das Zahlen, die dringend verbessert werden müssen. Aus gutem Grund, wie er in seinen Begrüßungsworten vor den über 100 Zuhörern in dem vollbesetzten Hofgartensaal in Aulendorf klar stellte: „Hohe Abgangsraten lösen hohe Remontierungsraten aus.“ Das kostet die Betriebe Zeit und Geld und verhindert langlebige und leistungsstarke Herden, mit denen sich Einkommensschwankungen bewerkstelligen lassen. Dass die Zahl lahmer, klauenkranker Kühe so stark zugenommen hat, liegt für den Chef der Lehr- und Forschungsanstalt an den enormen Leistungssteigerungen, die die Kühe in den vergangenen Jahren vollbracht haben. 

Lahme Kühe geben weniger Milch

An solchen unter Hochleistung laufenden Tieren zeigten sich Fütterungs- und Haltungsfehler schonungslos. Gleichzeitig sind die Bestände auf vielen Betrieben größer geworden. Für die einzelne Kuh bleibt weniger Zeit. Das Risiko, lahme Tiere nicht sofort zu erkennen und zu behandeln, steigt. Mit allen Folgen, die das hat: Die Qualität der Milch verändert sich, kranke Tiere sind weniger fruchtbar und beanspruchen mehr Zeit.

Allein die Behandlung einer lahmen Kuh schlägt im Schnitt mit 50 bis 500 Euro zu Buche. Hinzu kommen zusätzliche Arbeitsstunden, der Milchverlust wegen der Wartezeit nach der Behandlung mit Medikamenten und der Rückgang der Milchleistung. Zu diesen direkten Kosten summieren sich indirekte Kosten auf. Bei klauenkranken Kühen verlängert sich die Zwischentragezeit, das Risiko der Merzung steigt, genauso wie das Risko, neuerlich lahm zu gehen oder an Folgekrankheiten zu leiden. Die Färsenaufzucht verteuert sich bei einem vorzeitigen Abgang, der Schlachtgewinn sinkt. 

„Eine Kuh, die einen Monat lahm geht, gibt durchschnittlich 175 Liter weniger Milch. Handelt es sich um eine schwere Lahmheit, sind es ganz schnell 350 Liter Milch, die fehlen“, verdeutlicht Prof. Dr. Kerstin Müller die Brisanz, die eine Klauenerkrankung nach sich zieht und nur die Spitze des Eisbergs aufzeigt. Denn vielfach, so die Erfahrung der Tierärztin und Wissenschaftlerin an der Freien Universität Berlin, werden Klauenerkrankungen nicht sofort behandelt. Vielfach gingen die Tiere über Monate lahm, bevor sie behandelt und ihnen geholfen wird. „Dass bei solchen Kühen bis zu 1000 Liter Milch am Ende der Laktation fehlen, ist dann keine Seltenheit“, erläutert sie.

Dabei lassen sich die Auslöser für die kranken Klauen auf zwei zentrale Ursachen eindämmen: Druck und Dreck. Lange Stehzeiten, unebene Laufflächen und Hindernisse erhöhen von außen den Druck auf die Lederhaut. Die Folge: Nicht infektiös bedingte Klauenkrankheiten, wie Klauenrehe, Sohlengeschwüre, Weiße Linie Defekt und Weiße Linie Abszess. Von innen erhöht die Abnahme der Körperkondition und der Fettpolster den Druck auf das Klauenbein. Als Folge davon sinkt es im Hornschuh ab und drückt auf die Lederhaut. Ein zu hoher Hornabrieb durch neue Laufflächen tut sein Übriges dazu. Plus: Zuviel Dreck an den Klauen durch verschmutzte und nasse Laufflächen. Das Risiko für Infektionen an den Klauen, wie beispielweise Mortellaro, Ballen- und Klauenfäule sowie Zwischenzehenphlegmone (Panaritium) steigt. Am stärksten gefährdet sind Kühe acht Wochen nach der Kalbung. „Hier finden wir die meisten lahmen Kühe“, berichtet die Klauenexpertin. 

Komfort im Stall zahlt sich aus

Was dagegen hilft? „Die Tiere früher zu behandeln, als es bisher in vielen Fällen geschieht“, lässt Müller mit einer Antwort nicht lange auf sich warten. Dass so viele Kühe in den Herden lahm gehen, liegt für die Tierärztin zuvorderst daran, dass die akut lahmenden Tiere zu spät behandelt werden. „Die zu späte Behandlung, mehr als 14 Tage nach Auftreten der Klauenprobleme, führt zu chronischen Lahmheiten und Wiederholungstätern sowie wirtschaftlichen Verlusten“, macht sie deutlch. Ihr Rat: Eine fachgerechte Klauenpflege, das Anbringen eines Klotzes, kombiniert mit der Gabe eines enztündungshemmenden Medikamentes (NSAID). Damit ließen sich klassische, nicht durch eine Infektion ausgelöste Klauenerkrankungen am besten heilen. 

Damit es erst gar nicht soweit kommt, sollten Milchviehhalter zuallerst erst ein Auge auf Liegeboxen und Laufgänge haben. Wie sehen  Boxen und Laufgänge aus? Aus welchem Material sind Liegeflächen und Laufgänge? Wie werden die Boxen eingestreut und wie können sich die Kühe in dem Stall bewegen? Stehen sie das Jahr über im Stall oder gehen sie zusätzlich auf die Weide? Wie werden Liege- und Laufflächen gereinigt und wie viel Wert wird auf ein tierfreundliches Stallklima gelegt?

Fragen, deren Beantwortung Rückschlüsse über das Stallmanagement zulässt und der Gefahr für die Wiederkäuer, deswegen häufiger an den Klauen zu erkranken. Denn Kühe, die sich zu wenig in ihre Liegeboxen legen, erkranken statistisch gesehen häufig an einer Belastungsrehe, ihre Klauen trocknen weniger ab, gefährliche Keime an den Füßen reduzieren sich nur wenig.

Umso wichtiger sind für Fink komfortable Liegeboxen, am besten Tiefboxen oder Weichbettmatten, passend eingestellte Liegeboxenmaße, eine gepflegte Stroh-Mistmatratze, keine überbelegten Ställe und eine gute Stalldurchlüstung durch große Wandöffnungen und eine Unterstützungslüftung im Sommer. Ob die Laufflächen planbefestigt oder aus Betonspalten bestehen, sei für das Laufverhalten und die Klauengesundheit zunächst nicht entscheidend. „Die Flächen müssen sauber und trittsicher sein. Das ist das Wichtigste“, stellt der LAZBW-Mitarbeiter fest. Positiv wirken sich zudem verschiedene Bodenbeläge aus.  Eine Kombination aus weichen, harten und abrasiven Böden schützt die Tiere vor Infektionen und mechanischen Klauenschäden, so die Erfahrung von Fink und seinen Kollegen an der Lehr- und Versuchsanstalt.

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