So könnten die Ställe von morgen aussehen
Wissenschaftler, Stallbauer und Landwirte haben verschiedene Modelle für den „Virtuellen Stall der Zukunft“ für Schweine entworfen. Damit soll die Stufe zwei des staatlichen Tierwohllabels erreicht werden können. Offen bleibt allerdings, wer für die Mehrkosten aufkommt.
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Mehr Platz, Zugang zu Außenklima, organisches Beschäftigungsmaterial, Duschen und Wühlmöglichkeiten: Im „Virtuellen Stall der Zukunft“ soll das Wohlbefinden und artgerechte Verhalten von Sauen, Ferkeln und Mastschweinen im Mittelpunkt stehen. Landwirte sollen die Ställe mit einem Baukastensystem planen und ihre individuellen Kosten kalkulieren können.
Vergangene Woche präsentierte das Verbundprojekt „Stall der Zukunft“ seine Ergebnisse im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) in Berlin. Die Projektgruppe entwickelte für jede Produktionsstufe mehrere Stallbaukonzepte, darunter unterschiedliche Außenklimaställe für die Mast. Jeder Landwirt soll das für seinen Betrieb passende Konzept auswählen, in einer Excel-Anwendung die Kosten berechnen und aufgrund dieser Informationen die Umsetzung planen können.
Mehrkosten von über 30 Europro Mastschwein
Das Excel-Tool und Beispielskizzen für die einzelnen Stallbauentwürfe sollen im Sommer diesen Jahres auf der Projektseite der Universität Göttingen bereit stehen, erläuterte Dr. Marie von Meyer-Höfer, Koordinatorin des Verbundprojekts. Die Konzepte sind zunächst als Neubauvarianten geplant. Wie sehen die zukünftigen Ställe aus? Die Projektbeteiligten machten die folgenden, zentralen Elemente aus:
- mehr Platz und Bewegungsfreiheit für Sauen, Ferkel und Mastschweine,
- getrennte Funktionsbereiche,
- unbegrenztes Angebot von Raufutter,
- Stroheinstreu oder anderem organischen Beschäftigungsmaterial,
- Möglichkeiten zum Duschen und Wühlen für Mastschweine,
- Zugang zu einem Außenklimabereich für alle Tiere ab 30 Kilogramm Gewicht und
- Ställe aus Holz, um Nachhaltigkeits- und Schönheitsaspekten gerecht zu werden.
„In der Summe aus Ferkelerzeugung, Ferkelaufzucht und Mast sind Mehrkosten in Höhe von über 30 Euro je verkauftem Mastschwein zu erwarten,“ so Dr. Karl Heinz Tölle von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN). Klar sein muss laut Tölle: „Mehr Tierwohl bedeutet höhere Kosten und lässt sich erst umsetzen, wenn genehmigungsrechtliche Hürden und Zielkonflikte gemeistert werden.“
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner fand auf der Projektvorstellung derweil lobende Worte für die neuen Stallideen. „Wenn wir in Deutschland Nutztierhaltung künftig erfolgreich betreiben möchten, braucht sie breite gesellschaftliche Zustimmung und muss gleichzeitig ökonomisch gut aufgestellt sein.“
Die Mehrkosten für solche Ställe könnten der Landwirt jedoch nicht alleine tragen. „Verbraucher müssen bereit sein, für die Anforderungen, die sie stellen, auch an der Kasse zu zahlen“, so die Agrarministerin. Klöckner versprach Fördergelder für den Stallbau der Stufe zwei des staatlichen Tierwohllabels.
Sensoren für schnell verfügbare Tierinformationen
Das Projekt zeigt darüber hinaus „Zukunftsvisionen“ auf, die der Stall von morgen bieten könnte: Sensoren zur Anzeige des Geburtsbeginns für eine punktgenaue und möglichst kurze Sauenfixierung seien, so die Projektverantwortlichen ein Beispiel dafür, wo die Reise hingehen könne, wenn weiter geforscht wird.
Am „Virtuellen Stall der Zukunft“ beteiligt waren die Georg-August-Universität Göttingen (Koordination, gesellschaftliche Akzeptanz, ökonomische Betrachtung), die Christian-Albrechts Universität zu Kiel (Tierzucht und -haltung), die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Marketing), die Richard Hölscher GmbH und Co KG (Stallbau) sowie die ISN.
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