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Landwirte-Dialog in Langenau

Frauenpower auf dem Schammenhof

Ob es die nadellose Ferkelimpfung, die Betreuung und Aufstallung von Sauen und Jungtieren oder ein ausgefeiltes Hygieneprogramm auf dem familieneigenen Mastschweinebetrieb ist: Theresa Schmalhofer, Kim Krug und Klara-Maria Haas räumten auf einem Landwirte-Dialog in Langenau (Alb-Donau-Kreis) mit zahlreichen Klischees auf, unter anderem damit, dass die Rollen auf den Höfen nach wie vor traditionell verteilt sind.

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Initiiert hatte die Dialogveranstaltung „Von Landwirt zu Landwirt“ das Schweinezuchtunternehmen Topigs Norsvin, die Futtermittelfirma Ahrhoff sowie das Pharmaunternehmen MSD Tiergesundheit. Zahlreiche Zuhörer wollten sich den Informationsabend auf dem Aussiedlerbetrieb unweit von Langenau am vergangenen Donnerstag denn auch nicht entgehen lassen.

Ferkel ohne Nadel impfen

„Wir machen gute Erfahrungen damit, wenn wir Veranstaltungen planen, bei denen Berufskollegen miteinander ins Gespräch kommen können“, erläutert Thomas Martin von MSD Tiergesundheit das Konzept der in Baden-Württemberg und Bayern initiierten, drei Infoabende. Ein Konzept, das an diesem Sommer-abend jedenfalls aufging. Die drei Referentinnen, allesamt auf den Betrieben ihrer Familien tätig, schilderten ihre Strategien, Konzepte, nicht zuletzt die Pläne für die Zukunft von Ferkelerzeugung und Schweinemast.

Im Falle von Theresa Schmalhofer ist das die nadellose Impfung von Ferkeln gegen PRRS, Circo und Mykoplasmen. Denn wenn sie nicht mit ihrem Ehemann zusammen die 140 Zuchtsauen auf dem Betrieb in der Nähe von Landshut in Niederbayern betreut, arbeitet sie nebenberuflich bei einer Tierartzpraxis. Dort setzt man auf das von MSD entwickelte Verfahren, bei dem mit einer nadellosen Pistole der Impfstoff in die Haut (intradermal) verabreicht wird.

Damit könne eine vergleichbar gute Immunantwort erzeugt werden wie mit einer intramuskulären Impfung, erläutert die Landwirtin den gut 50 Zuhörern an diesem Abend. Mit der Pistole geimpft werden die Ferkel beim Einstallen in die Mast. „Das Risiko für eine Erregerübertragung ist durch die nadellose Impfung minimal“, betont sie. Zudem seien die Tiere ruhiger und könnten einfacher und mit weniger Stress und Schmerzen geimpft werden. Für die junge Landwirtin, ein wichtiger Beitrag hin zu mehr Tierwohl. Ohnehin blieben durch das Druckluftver-fahren Impfabszesse bei den Ferkeln aus, was im Gegenzug Fitness und Gesundheit der Jungtiere fördert. „Ihr Wohlbefinden steigt“, machte die Referentin deutlich.

Doch das von dem Münchner Pharmaunternehmen entwickelte „Idal“-Verfahren hat auch Nachteile, wie Schmalhofer darlegt:

  • Nicht jeder Impfstoff ist für Idal zugelassen.
  • Das Gerät ist schwer.
  • Die Impfpistole erkennt den Impfstoff beim Wechseln nicht sofort.
  • Der Akku muss regelmäßig geladen werden.
  • Der Zeitbedarf für das Impfen steigt.
  • Das Gerät muss nach jeder Impfung gereinigt und gespült werden.

Was die Kosten anbelangt, fallen diese jedoch nicht höher aus, als wenn die Tiere herkömmlich mit einer Spritze geimpft werden. „Aktuell sind das 20 Cent für ein geimpftes Ferkel“, sagt Schmalhofer. Derzeit sind deutschlandweit 450 der nadellosen Impfpistolen im Einsatz. „30 Prozent des PRRS-Impfstoffes wird inzwischen intradermal verabreicht“, erläutert Thomas Martin von MSD. Bei den Impfstoffen gegen Circo und Mykoplasmen liege die Quote dagegen unter zehn Prozent. Eine höhere Quote verspricht sich Martin, wenn mit dem neuen Impfpistolen-Typ “Idal 3G“ Ferkel künftig parallel gegen Circo und Mykoplasmen geimpft werden können. Die Impfpistolen werden hierfür an Tierarztpraxen verleast. Im Gegenzug verpflichten sich die Praxen, die jeweiligen Impfstoff von MSD zu beziehen.

Ferkel mit höheren Geburtsgewichten

600 Zuchtsauen, 2500 Mastschweine, rund 100 Mastrinder, eine Biogasanlage und 225 Hektar Ackerbau: Der Bauernhof von Familie Krug im fränkischen Polsingen dürfte zu den größeren, wachstumsstarken Betrieben in Bayern gehören. Und der Familienbetrieb will weiter wachsen, wie Kim Krug den Zuhörern in Langenau darlegt. Demnächst soll beispielsweise ein neuer Abferkelstall mit 120 Bewegungsbuchten für Jungsauen entstehen.

„Allerdings beschäftigt uns in diesem Zusammenhang die Frage, ob wir mit unseren geplant fünf Quadratmeter großen Buchten noch richtig liegen. Momentan ändert sich viel“, erläutert die Mutter dreier Kinder, die sich auf dem Betrieb mit seinen beiden Standorten hauptsächlich um die Ferkelerzeugung kümmert. Und in diesem Sektor einiges ändern möchte, wie sie ergänzt. Unter anderem denke sie und ihre Familie darüber nach, die Genetik bei den Sauen zu verändern. Derzeit stehen Zuchtsauen dänischer Abstammung in den Ställen.

„Allerdings braucht niemand18 lebend geborene Ferkel. Eine Sau kann so viele Ferkel alleine nicht aufziehen“, gibt sie zu bedenken. Eine Folge: Die neugeborenen Ferkel wiegen zwischen 900 Gramm und 1,2 Kilogramm. Zu wenig aus Sicht der Landwirtin, die für die Jungtiere höhere Geburtsgewichte und später höhere Absetzgewichte anstrebt. Von derzeit durchschnittlich 5,8 Kilogramm soll das Gewicht beim Absetzen der Ferkel auf 6,1 Kilogramm steigen. Auch die aktuellen Ferkelverluste in Höhe von 1,8 Prozent möchte Krug weiter senken. Genauso wie die Remontierungsrate bei den Jungsauen, die derzeit bei knapp 47 Prozent liegt. „Das kostet uns enorm viel Geld“, sagt Krug. Entsprechend ausgebaut werden soll in Zukunft die Eigenremontierung von Nachwuchssauen.

Neben den Problemen mit zu kleinen Ferkeln und unterschiedlichen Haltungsbedingungen (Böden, Kleinklima etc.) belasteten diverse Krankheiten bei Ferkeln und Läufern, darunter Durchfall, Streptokokkenbefall, Ohrrandnekrosen sowie die Verhaltensanomalie Schwanzbeißen, die Erlöse aus der Zuchtsauenhaltung. Dazu hin fraßen die Ferkel in der Zeit des Absetzens zu wenig und die Futterkosten waren zu hoch, wie Kim Krug diese Phase auf dem Familienbetrieb rückblickend zusammenfasst.

Geringere Futterkosten als Ziel

„Inzwischen füttern wir Mischungen mit relativ geringen Proteingehalten und Mineral- und Zukaufsfutter mit einer hohen Aminosäuren-Ausstattung“, erläutert die Landwirtin. Mit der Zugabe von Inulin in die Rationen habe sich die Darmflora der Tiere verbessert und seien die Durchfälle zurückgegangen. Ein Schritt hin zu niedrigeren Futterkosten. Die derzeit knapp 14 Euro pro Ferkel möchte Krug weiter senken und im Gegenzug die Futterverwertung weiter verbessern. Derzeit liegt diese bei 1: 1,54.

„Wir möchten qualitativ hochwertiges Schweinefleisch zu günstigen Preisen erzeugen. Dabei setzen wir auf unser Hygienemanagement und den zwischenzeitlich komplett zurückgefahrenen Antibiotiakeinsatz in unseren beiden Mastställen“, erläutert Klara-Maria Haas die Strategie des 117 Hektar (Ackerbau, Grünland und Wald) großen Familien- und Gewerbebetriebes unweit von Ellwangen an der Jagst (Ostalbkreis).

Die 20-Jährige studiert in Triesdorf Landwirtschaft und möchte später in den GbR-Betrieb mit einsteigen. Aktuell werden in Erpfental das Jahr über rund 7500 Schweine, getrennt nach Geschlecht, gemästet. In den drei Umtrieben nehmen die Schweine mit Topigs-Genetik im Schnitt über  900 Gramm pro Tier und Tag zu. Die Futterverwertung liegt bei 1: 2,65, die Verluste reichen von 1,0 bis 1,6 Prozent. Der Magerfleischanteil erreicht 60 Prozent, die Ausschlachtung liegt bei momentan 79,2 Prozent. 20 Prozent der fertig gemästeten Schweine werden auf den Schlachthof nach Ulm vermarktet, 80 Prozent der Tiere gehen an einen regionalen Metzgerschlachthof in Aalen.

Aufwendiges Konzept für die Biosicherheit

Viel Wert legen Klara-Maria Haas und ihre Eltern Martin und Corinna Haas auf ihr Hygienekonzept, das, wie die junge Landwirtin erläutert, „strikt umgesetzt wird“. So können die beiden Ställe nur mit dem Betriebsleiter betreten werden, der Eingang ist ausschließlich durch eine Hygieneschleuse möglich, nachdem zuvor eingeduscht und danach wieder ausgeduscht worden ist. Die Stalltüren sind grundsätzlich verschlossen, das gesamte Grundstück ist umzäunt.

„Die Transportfahrzeuge müssen frisch gewaschen sein und die Fahrer müssen ihre Gummistiefel desinfizieren“, gibt Klara-Maria Haas Einblick in das aufwendige Biosicherheitskonzept auf dem Landwirtschafts- und Gewerbebetrieb. Dazu gehört auch, dass die Ferkel mit einem eigenen Transporter von einem Erzeugerbetrieb in der Nähe abgeholt werden. Getreu der Betriebsvorgabe, möglichst wenig Möglichkeiten für die Verschleppung von Krankheitserregern zu schaffen.  

Die Kammern für die im Schnitt 15 bis 20 Tiere werden nach dem Ausstallen der Schweine mit einem Reinigungsmittel eingeweicht, danach mit einem Hochdruckreiniger gesäubert und mit einem Schaumreiniger eingesprüht. Auch die Spalten werden intensiv gesäubert. Vor dem Einstallen erfolgt schließlich die Desinfektion der gereinigten Kammern. Danach werden die Buchten auf 36 Grad vorgeheizt. „Schadnager bekämpfen wir mit gezielt platzierten Köderstellen“, sagt Haas. Eine Maßnahme, die sich bewährt habe, wie sie hinzufügt. Genauso wie das gekühlte Kadaverlager außerhalb des Betriebsgeländes. „Wir machen mit diesem Hygienekonzept gute Erfahrungen“, macht Haas deutlich. Der Krankheitsdruck habe abgenommen. „Wir sind bei unseren Schweinen Antibiotika frei“.

Was ihre Zukunft und die Weiterentwicklung des Betriebes anbelange, sei derzeit vieles im Gespräch. Zunächst erhoffen sich Klara-Maria Haas und ihre Eltern jedoch ein praxisfähiges Verfahren für das Verbot der betäubungslosen Kastration. „Vielleicht kommt der vierte Weg ja doch noch“, antwortet Vater Martin auf die Fragen aus dem Publikum. Mit der versuchsweisen Mast von Ebern hätten sie jedenfalls keine allzu guten Erfahrungen gemacht.

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