Auszeichnung von UN-Dekade Biologische Vielfalt
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Die Fachjury der UN-Dekade Biologische Vielfalt hat das „F.R.A.N.Z.-Projekt“ ausgewählt, weil es dazu beitragen kann, den Biodiversitätsverlust in der Agrarlandschaft in Zusammenarbeit mit den Landwirten aufzuhalten, und bundesweite Signalwirkung hat. In dem vor drei Jahren gestarteten Dialog- und Demonstrationsprojekt F.R.A.N.Z. sollen in zehn Betrieben unterschiedlicher Regionen verschiedene Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt auf ihre Tauglichkeit für den Naturschutz, die landwirtschaftliche Praxis und die wirtschaftliche Tragfähigkeit untersucht werden.
Landwirtschaft und Naturschutz
Mehrjährige Blühstreifen, der Anbau von Extensivgetreide mit Platz für Ackerwildkräuter, Insekten und Feldvögel, erweiterte Fahrgassen und Feldlerchenfenster als Rückzugsorter für Vögel und Tiere oder Kleeflächen für Wildinsekten und -tiere zählen unter anderem zu den Maßnahmen. Auf Gemeinsamkeit und partnerschaftlicher Zusammenarbeit bei der Entwicklung gemeinsamer Strategien von Landwirtschaft und Naturschutz lag auch der Tenor der Reden bei der Fachveranstaltung anlässlich der Auszeichnung am 3. Juli in den Räumen des Bauernverbandes Schwäbisch-Hall-Hohenlohe-Rems in Übrigshausen.
Bauern und Umwelt müssen profitieren
Angeregt wurde die Veranstaltung von Jürgen Maurer und seiner Frau Tanja. Maurer (45) ist Vorsitzender des regionalen Bauernverbandes und nimmt als einer von zehn Demonstrationsbetrieben und einziger in Baden-Württemberg am F.R.A.N.Z.-Projekt teil. Der Betriebsleiter aus Feßbach moderierte die Veranstaltung und führte die Teilnehmer zu seinen Versuchsflächen, die er für das Projekt auf 5,8 Prozent seines knapp 180 Hektar großen Betriebs angelegt hat. Er sieht es als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, den Schutz der Artenvielfalt voranzubringen. Gemeinsam mit der Politik müssten Lösungen erarbeitet, wie hierfür regulative Hemmnisse beseitigt und die zusätzlichen Aufwendungen entlohnt werden. „Es gibt niemand, der nichts für die Umwelt tun kann“, begründet der Ackerbauer und Schweinemäster seine Teilnahme an dem Projekt. Für Maurer ist die Biodiversität zu einem weiteren Glied in der Fruchtfolge geworden, in der er Weizen, Gerste, Triticale und Zuckerrüben anbaut.
In dem auf zehn Jahre angelegten F.R.A.N.Z.-Projekt müsse untersucht werden, welche Maßnahmen für die Umwelt und die Verbesserung der Biodiversität etwas bringen und wie die Landwirte unterstützt werden müssen, erklärte Horst Wenk vom Landesbauernverband in seiner Begrüßungsrede. „Ideologien und Populismus helfen uns dabei nicht weiter.“ Die Landwirte müssen die Maßnahmen auf ihren Feldern umsetzen können. Deshalb sei die entscheidende Frage: Wie können Ökonomie und Ökologie unter einen Hut gebracht werden?
Denn nur so lassen sich nach Auffassung des Bauernverbandes flächendeckend biodiversitätsfördernde Maßnahmen in der Landwirtschaft umsetzen.
Natur in den roten Zahlen
Mit Blick auf den Bericht des Weltbiodiversitätsrates, nach dem eine Million der neun Millionen Arten auf der Erde gefährdet sind, sieht Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller die „Natur in den roten Zahlen“. Berichte über dramatische Verluste bei den Insekten würden auch durch Untersuchungen der Universität Hohenheim im Land bestätigt. Daher gehe es in dir richtige Richtung, mit der biologischen Vielfalt den Insektenbestand anzuheben. „Um hier eine Trendwende zu bekommen, brauchen wir die Landwirte“, ist dem Minister bewusst. Mehr Umwelt- und Artenschutz ist nicht gegen die Landwirte, sondern nur mit ihnen zu erreichen, ist Untersteller überzeugt. Es sei klar, dass hierbei das Einkommen eine Rolle spielt, damit die ökonomischen Rahmenbedingungen stimmen, um die ökologischen Leistung erbringen zu können. Auch darum geht es bei F.R.A.N.Z., das Untersteller als „mustergültiges Projekt“ bezeichnet. Außer der besseren Vergütung bäuerlicher Umweltleistungen von Seiten des Landes sei auch der Verbraucher in der Pflicht. „Denn gute Produkte haben ihren Preis. Ein billiges Produkt bezahlt die Umwelt.“
Der Minister rief zu mehr ökologischer Vielfalt auf, die Baden-Württemberg und die Bauern brauchen. „Machen wir uns gemeinsam auf den Weg. Beide können davon profitieren.“
Rudolf Ley, der Leiter der Unterabteilung „Nachhaltige Naturnutzung“ im Bundesumweltministerium, überreichte zusammen mit der Auszeichnung zum offiziellen Projekt der UN-Dekade biologische Vielfalt als sichtbares Zeichen einen aus Holz gefertigten „Baum der Vielfalt“. Ley versicherte den Landwirten, er trete ihrer oft harten Arbeit mit Demut entgegen und schätze ihre Leistungen für die Natur und den Erhalt der Kulturlandschaft. Dennoch würden sich im Hinblick auf den Artenrückgang viele die Frage stellen, was schief gegangen ist. Deshalb würdigte Ley das F.R.A.N.Z.-Projekt als gelungenes Beispiel, das zukunftsweisende Impulse für den Schutz der Artenvielfalt in der Landwirtschaft geben kann. Zumal das Projekt den Bauern zeigen könne, welche Maßnahmen in ihre Betriebsabläufe passen und sich am Ende auch rechnen würden.
Auf dem Weg zum größten Umweltverband
Stolz auf die Auszeichnung durch die UN-Dekade zeigte sich der Umweltbeauftragte des Deutschen Bauernverbandes (DBV) Eberhard Hartelt. Er nannte das F.R.A.N.Z.-Projekt herausragend und beispielgebend für die Praxis ist. Hartelt nimmt mit seinem Betrieb ebenfalls am Projekt teil und lobt dessen Arbeit vor Ort und die Berücksichtigung unterschiedlicher regionaler Gegebenheiten. Angesicht der hohen Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Einkommen von den Direktzahlungen des Staats warnte Hartelt vor stärkeren Einsparungen in der Ersten Säule der Brüsseler Agrarpolitik. Dies hätte auch unmittelbaren Einfluss auf die Umwelt-Maßnahmen der Landwirte. Zur Verbesserung der Einkommenssituation könnte mehr noch der Handel beitragen. Hartelt, der auch Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd ist, machte die Rechnung eines Pfälzer Kartoffelerzeugers auf: Wenn diesem nur einen Cent je Kilogramm Kartoffeln mehr bezahlt würde, hätte er einen Mehrertrag je Hektar von 400 bis 450 Euro. Das sei viel mehr als der Bauer im Schnitt pro Hektar aus Brüssel erhalten würde.
Am Beispiel des Blühstreifenprogramms in Rheinland-Pfalz, das vom Jahr 2018 auf 2019 von 54 ha auf rund 500 ha ausgedehnt wurde, verdeutlichte Hartelt die „riesengroße Bereitschaft“ der Landwirte, an Umweltmaßnahmen teilzunehmen. Er sieht den Deutschen Bauernverband auf dem Weg, der größte Umweltverband in der Republik zu werden.
F.R.A.N.Z ist das Dialog- und Demonstrationsprojekt der Umweltstiftung Michael Otto und des Deutschen Bauernverbandes. Die unterschiedliche Ausrichtung und Größe der zehn Demonstrationsbetriebe soll die regionalen soll die regionalen Besonderheiten widerspiegeln. Dieser Ansatz soll sicherstellen, dass das Modell bundesweit auf die Höfe übertragen werden kann. Jürgen Mauers Demo-Betrieb wird von der Stiftung Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz betreut und beraten. Der Landesbauernverband unterstützt die Projektarbeit vor Ort.
Projekt bereits mit Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet
Das F.R.A.N.Z-Projekt hat bereits im vergangenen Dezember den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2019 in der Kategorie „Forschung“ erhalten. Seine Förderung erfolgt mit Mitteln der Landwirtschaftlichen Rentenbank, mit besonderer Unterstützung des Bundeslandwirtschaftsministeriums und der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung sowie durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums. Die Schirmherrschaft über das F.R.A.N.Z-Projekt haben die zuständigen Bundesministerinnen für Umwelt und Landwirtschaft Svenja Schulze und Julia Klöckner übernommen.
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