Deckzentrum: Gruppenhaltung wird Pflicht
Der Bundesrat hat vergangenen Freitag (3. Juli 2020) nach mehrjährigen Verhandlungen den Änderungen zur Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zugestimmt. Die Hauptpunkte: Gruppenhaltung der Sauen im Deckzentrum in spätestens acht Jahren, Bewegungsbucht im Abferkelbereich in spätestens 15 Jahren sowie organisches und faserreiches Beschäftigungsmaterial für alle Schweine. Die wichtigsten Fragen und Antworten hat die Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN) Deutschlands hierzu zusammengestellt:
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Wie sollen die Sauen zukünftig im Deckzentrum gehalten werden?
Die Haltung der Sauen im Deckzentrum wird ganz auf die Gruppenhaltung ausgerichtet. Eine Fixation von Sauen im Rahmen des Reproduktionszyklus ist nur noch zum Zeitpunkt der Besamung zulässig. Nach der Besamung ist die Sau unmittelbar in die Gruppenhaltung im Wartebereich zu überführen. Die Anforderungen an die Gruppenhaltung im Wartebereich ändern sich nicht, so die wörtliche Erläuterung im Verordnungsantrag. Auch in dem Zeitraum vom Absetzen bis zur Besamung ist Gruppenhaltung vorgesehen. Für diese Phase gibt es weitreichende Vorgaben:
- eine uneingeschränkt nutzbare Fläche von 5 m² pro Sau. Davon müssen analog zum Wartebereich 1,3 m² mindestens als Liegefläche (maximal 15 % Schlitzanteil) ausgestattet sein. Ein weiterer Teil soll als Aktivitätsbereich zur Verfügung stehen.
- Für die Sauen sollen Rückzugsmöglichkeiten in ausreichendem Umfang vorhanden sein. Fress-Liegebuchten oder sonstige Fressplätze stellen keine Rückzugsmöglichkeit dar, heißt es im Verordnungstext. In den Erläuterungen werden jedoch genau Beispiele mit Fress-Liege-Buchten genannt – aus Sicht der ISN dürfte es darum gehen, dass weitere Strukturelemente vorhanden sein sollen.
Wie lange dauert die Übergangszeit für das Deckzentrum und was muss in der Zeit beachtet werden?
Die Umstellung auf die Gruppenhaltung im Deckzentrum muss in spätestens acht Jahren erfolgt sein. Nach drei Jahren ist spätestens ein Konzept vorzulegen, wie die Anpassung im Betrieb erfolgen soll. Nach fünf Jahren muss dann spätestens ein Bauantrag für die Anpassungsmaßnahmen gestellt sein.
Während der Übergangszeit können die geforderten Maßnahmen innerhalb der bestehenden Bauhülle mit einfachen Mitteln praktisch umgesetzt werden und die bestehenden Kastenstände sowohl hinsichtlich ihrer Breite als auch ihrer Länge weiter genutzt werden, so der Erläuterungstext zur Verordnung. Jede Sau muss aber in der Übergangszeit im Kastenstand die Gliedmaßen in Seitenlage ausstrecken können, ohne dass dem ein bauliches Hindernis entgegensteht. Das heißt, dass die Kastenstände so dimensioniert und gestaltet sein müssen, dass die Sauen auf der Seite liegen und ihre Beine in den Nachbarstand strecken können müssen.
Wie sollen die Sauen zukünftig im Abferkelstall gehalten werden?
Sauen sollen im Abferkelstall zukünftig maximal fünf Tage um die Geburt der Ferkel herum fixiert werden. Das heißt, bei dem Zielsystem handelt es sich um ein unter dem Begriff Bewegungsbucht bekanntes System. Die Abferkelbucht muss insgesamt mindestens 6,5 m² groß sein.
Wie lange dauert die Übergangszeit für den Abferkelbereich und was muss in der Zeit beachtet werden?
Die Umstellung auf die Bewegungsbucht muss in spätestens 15 Jahren erfolgt sein. Nach zwölf Jahren ist spätestens ein Konzept vorzulegen und ein Bauantrag für die Anpassungsmaßnahmen gestellt sein. Bei Härtefällen können die Behörden weitere zwei Jahre Zeit geben. In der Zwischenzeit muss gewährleistet sein, dass die Sauen Kopf und Gliedmaßen in Seitenlage ausstrecken können und genügend Bewegungsfreiheit für ungehindertes Abferkeln und geburtshilfliche Maßnahmen entsteht.
Gibt es auch Neuregelungen für die Schweinemäster?
Neben den Regelungen zur Haltung der Sauen bringt die Verordnung noch einige weitere Vorgaben, die alle Schweinehalter betreffen und mit der endgültigen Verkündung der Verordnungsnovelle beziehungsweise sechs Monate danach in Kraft treten. Beispielsweise sind das die folgenden wichtigsten Punkte:
Das Beschäftigungsmaterial muss nun organisch und faserreich sein. Was genau das heißt, wird in den Ausführungshinweisen festzulegen sein.Bei der Fütterung wird nur noch zwischen rationiert und ad libitum unterschieden – die bisherige dritte Variante, die tagesrationierte Fütterung entfällt. Hier ist eine Klarstellung beispielsweise in Ausführungshinweisen nötig, um darzulegen, dass weit verbreitete Systeme (zum Beispiel Sensorfütterung) mit entsprechenden Rahmenbedingungen von dieser Neuregelung nicht betroffen sind.
Der Wegfall des Wortes dauerhaft in Zusammenhang mit der Überschreitung von Schadgasmessungen. Da eine Einzelüberschreitung eines Grenzwertes aus fachlicher Sicht nicht geeignet ist, um die Luftqualität im Stall zu beurteilen, muss hierzu in den Ausführungshinweisen dargelegt werden, wie die Regelung unter dem Wegfall des Wortes dauerhaft nun zu interpretieren ist.
Gibt es Unterstützung bei der Umstellung?
In einer Protokollerklärung zum heutigen Beschluss hat die Bundesregierung angekündigt, dass mit den im Corona-Konjunkturprogramm vorgesehenen 300 Millionen Euro Stallumbauten gefördert werden sollen und das möglichst über den bislang vorgesehenen Zweijahreszeitraum hinaus. Grundsätzlich soll die Förderung daran geknüpft sein, dass die Umbaumaßnahmen deutlich vor den in der Verordnung geplanten Übergangsfristen erfolgen oder über die darin gestellten Anforderungen hinausgehen.
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