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Ernteauftakt in Baden-Württemberg

Düngeverordnung schränkt erheblich ein

Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk erwartet eine leicht unterdurchschnittliche Ernte, allerdings mit großen regionalen Unterschieden. Die Trockenheit im März und April bereitete zwar Probleme. Der kühle Mai und Niederschläge im Juni haben jedoch größere Ertragseinbußen verhindert. Wegen der ausbleibenden starken Hitze und den kühlen Nächten sind momentan keine größeren Ertragseinbußen zu verzeichnen.

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Agrarminister Peter Hauk und Bauernverbandsvorsitzender Jürgen Maurer (v. l.) geben einen ersten Ausblick auf die Ernte 2020 und berichten von den Schäden, die Spätfröste in der Gerste angerichtet haben.
Agrarminister Peter Hauk und Bauernverbandsvorsitzender Jürgen Maurer (v. l.) geben einen ersten Ausblick auf die Ernte 2020 und berichten von den Schäden, die Spätfröste in der Gerste angerichtet haben. Bernauer
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Der Vorsitzende des Bauernverbands Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems, Jürgen Maurer, hatte den Minister zum offiziellen Ernteauftakt in Hohenlohe und zum Erntegespräch auf seinen Betrieb nach Kupferzell-Feßbach eingeladen.

Frost und Trockenheit setzten Wintergerste zu

In Hohenlohe erwartet Maurer eine mittlere Ernte. Frühjahrstrockenheit und Fröste im April und Mai haben dem Getreide geschadet. Das gilt besonders für Wintergerste, die in der Vollblüte vom Frost geschädigt wurde. Im Raum Blaufelden-Schrozberg, wo das Thermometer im Mai bis auf minus 8,5 Grad sank, sind mehr als die Hälfte der Flächen mit Wintergerste bereits einsiliert. Zum Teil haben sich nach den Spätfrösten nur noch drei bis vier Körner in einer Ähre entwickelt.

„Die Bauern hätten leeres Stroh gedroschen“, sagte Landwirtschaftsamtsleiter Wolfgang Eißen zu den vom ihm noch nie zuvor erlebten Frostschäden bei Getreide. „Deshalb haben wir auch in den Höhenlagen zwischen Kocher und Jagst zur Ganzpflanzensilage geraten.“

Je nach Standort und Bodenqualität rechnet Maurer bei Wintergerste in den anderen Gebieten mit Ertragseinbußen zwischen fünf und 15 Prozent. Das bereite den Betrieben Probleme, weil die Gerste in Hohenlohe vorwiegend Futtergrundlage für die Tiere ist. Maurers bisher geerntete Wintergerste schwankt im Ertrag zwischen drei Tonnen(t)/Hektar (ha) und 6,5 t/ha. Dagegen habe der Winterweizen den Frost etwas besser verkraftet. . Maurer erwartet deshalb bei Weizen eine durchschnittliche Ernte. Trotz der Trockenheit im Frühjahr rechnet er auch mit einer durchschnittlichen Zuckerrübenernte und einer normalen Ernte beim Mais, der mit der Trockenheit am besten zurechtkam.

Düngeverordnung erhöht Ernterisiko

Probleme bereitet den Landwirten zusätzlich die strengen Vorgaben der neuen Düngeverordnung, die maximal nur eine Menge von zehn Prozent für die Nachdüngung zulässt. „Eine nachträgliche Ertragskorrektur war damit nicht zu erreichen“, stellte der Bauernverbandschef fest. „Das führt dazu, dass man wegen der Düngeverordnung weitere Ertragssteigerungen oder beispielsweise beim Weizen die ganz hohen Qualitäten gar nicht mehr erreicht“, ergänzte Minister Hauk.

Vorstandsmitglieder des Bauernverbands, Vertreter des Landkreises und der Gemeinden nutzten den Termin in Hohenlohe, um mit dem Minister aktueller Themen zur Sicherung der regionalen Landwirtschaft zu besprechen
Im Schweinebereich sieht Maurer momentan die Warenströme wegen Corona zusammenbrechen. Er forderte dazu auf, alles zu unternehmen, um die Absatzwege wieder in Gang zu setzen. Außer den drei großen Schlachthöfen im Land verweist Minister Hauk auf die rund 40 kleine und mittelständischen und nahezu 900 Metzger-Schlachthöfe. „Diese Vielfalt von Schlachtbetrieben versuchen wir zu halten, damit eine regionale Versorgung und kurze Transportwege der Tiere zum Schlachthof gewährleistet sind.“

Der „Kastenstandbeschluss“ des Bundesrats stellt die Schweine- und Sauenhalter im Land vor nicht unerhebliche Herausforderungen. Hier hoffen die Bauern auf die Unterstützung von Bund und Land. Die Auflagen können nach Darstellung Maurers in den klassischen Dorflagen gar nicht mehr umgesetzt werden. Die erforderlichen Umbauten sind aufgrund der Räumlichkeiten und Zuschnitte der Grundstücke innerorts nicht mehr möglich, sondern nur noch außerhalb. „Über Tierwohl lassen wir gerne mit uns reden“, bekennt Maurer. Doch wenn aus politischen Gründen Tierschutz falsch umgesetzt und zur Qual wird, „laufen wir Gefahr, gute Praxis zu verlassen und einen Rückschritt zu machen“.

Wunschvorstellungen und Realität klaffen weit auseinander

Am Beispiel des nicht zustande gekommenen Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ zeigte Maurer auf, wie Wunschvorstellungen und Realität weit auseinander klaffen. Die Ansprüche der Gesellschaft an die Landwirtschaft seien oft so massiv, dass sie der klassische Familienbetrieb nicht mehr erfüllen kann oder möchte. Hier kommt auch die Generationenfrage ins Spiel, weil die ganzen Regularien und Vorschriften das Korsett für die Betriebe immer enger schnüren. Mauer erschreckt es, dass die Politik den traditionellen Familienbetrieb immer nach vorn bringen will, ohne die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Die Aussagen zu dem, was man haben will, passen nicht mit dem zusammen, wie gehandelt wird. „Das kann ich nicht verstehen.“

Massiver Zweifel haben die Landwirte auch an der Umsetzbarkeit des „Borchert-Plans“, nach dem über eine Steuer auf tierische Produkte bis zu einem Drittel an staatlichen Zuschüssen in tierfreundliche Haltungssysteme fließen soll. Wer garantiert uns, dass nicht noch weitere Auflagen mit einer solchen „Tierwohlabgabe“ auf uns zukommen“, fragt Maurer. „Und wer garantiert uns, dass die Bevölkerung bereit ist, bei sinkendem Lebensstandard diesen zusätzlichen Obolus zu tragen?“

Spannungsfeld Ökologisierung

Der von der EU angestrebte Green Deal wird eine Ökologisierung der Landwirtschaft mit sich bringen, welche die einzelnen Betriebe vor gewaltige Herausforderungen stellen wird, kritisiert Maurer. Er sei zwar offen für Biodiversität und Artenvielfalt, doch wenn Wirtschaften nicht mehr möglich ist, wird ein bestimmtes Maß überschritten. Auch der Landwirtschaft müsse es wie jedem anderen Unternehmer gestattet sein, Gewinn zu erzielen.
Bei der Förderung umweltschonender Produktionsmethoden fordert Maurer EU-weit exakt gleiche Produktionsstandards, die nicht von einzelnen Ländern zusätzlich verschärft werden dürften. Ebenso müsse bei Drittlandsimporten auf die Einhaltung dieser EU-Standards geachtet werden.

Der Bauernverband Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems will dem Imageproblem der Landwirtschaft mit seine neu gegründeten Firma „Landblicke“ gegensteuern. Sie soll alle Betriebe unterstützen, die sich mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit neu aufstellen wollen.

Nach den Worten Hauks habe man gerade in den tierintensiven Regionen wie Hohenlohe oder Oberschwaben fast keine Probleme mit Überdüngung und Nitrat im Grundwasser. Deshalb trifft die Düngeverordnung Baden-Württemberg besonders hart. Allerdings werde man bis zur Verbesserung der Gesamtsituation in Deutschland mit der reduzierten Stickstoffdüngung leben müssen, räumte der Minister ein.

Artenschutz mit moderner Landwirtschaft vereinbar

Von einer ideellen Verklärung der Landwirtschaft hält Hauk nichts. Mit modernen Produktionsmethoden in der Bewirtschaftung müsse auch ein Ausgleich für den Artenschutz geschaffen werden. Es bedarf jedoch neuer und anderer Methoden, um die Biodiversität zu erhalten. Dies sei machbar, eine gesellschaftliche Aufgabe und könne in einem Industrieland wie Baden-Württemberg gelingen. Hauk lobte die Landwirte: Sie sind bereit, die angebotenen Programme anzunehmen, wenn der Staat bereit ist, ihren Aufwand zu vergüten. „Denn allein vom Image für seine angelegte Blühflächen kann der Landwirt nicht leben“, merkte der Minister an.

Unverständlich bleibt ihm, warum im jüngsten Bundesratsbeschluss den Muttersauen künftig mit fünf Quadratmetern mehr Platz eingeräumt wird als sie benötigen. Das Schwein sei ein Rottentier. Alle, die ihren Bestand halten wollen, müssen nun bauen. Für die Sauenhalter werde dadurch baurechtlich und finanziell alles schwieriger. Dieser politisch getroffene Kompromiss basiert nach den Worten Hauks auf Emotionen und auf keiner wissenschaftlichen Grundlage. Er kritisierte ihn als bar jeder Realität. Hoffnungsvoll stimmen den Minister dagegen die jüngsten Haushaltsvorschläge der EU-Kommission, nach denen die Landwirtschaft nicht schlechter gestellt werden soll als in den Jahren zuvor.

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