Misst QS bei Ferkeln mit zweierlei Maß?
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Marco Eberle im Interview mit BWagrar
Misst QS bei Ferkeln mit zweierlei Maß?
Marco Eberle ist seit Juli 2020 Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg (LBV) und zugleich Fachreferent für Produktion und Markt. Ab 2021 dürfen Ferkel in Deutschland nur noch mit Betäubung kastriert werden. Stand heute sind dann Kastration unter Vollnarkose, Immunokastration und Ebermast zulässig. Der Bauernverband fordert deshalb im QS-Prüfsystem für Lebensmittel einheitliche Standards auch für Importferkel, erklärt Eberle (vgl. BWagrar 32, S. 11).
BWagrar: Herr Eberle, wie können Nachteile für deutsche Zuchtsauenhalter im QS-System verhindert werden, wenn ab 2021 Ferkel nur noch mit Betäubung kastriert werden dürfen?
Eberle: Der Landesbauernverband vertritt schon lange die klare Position, dass der für heimische Ferkel geltende Standard bei der Ferkelkastration nicht von Importtieren unterlaufen werden darf. 2019 setzte sich der Bauernverband für eine entsprechende Regelung in QS ein. Der Antrag der Landwirtschaft wurde vom Lebensmitteleinzelhandel und der Fleischwirtschaft jedoch abgelehnt.
Die Skeptiker befürchten bei der Festlegung des hohen deutschen Tierwohlstandards unter anderem eine Aufspaltung der Warenströme und eine Schwächung von QS. Die Gefahr, dass Ware außerhalb des QS-Systems gehandelt wird, dürfte nicht sehr groß sein. QS hat bei Schweinefleisch eine sehr hohe Marktdurchdringung und kann deshalb selbstbewusst auftreten. Die Wertschöpfungskette ist auf eine mit allen Stufen abgestimmte Qualitätssicherung angewiesen.
BWagrar: Die Verantwortlichen achten vermehrt auf hohen Tierwohlstandard im QS-System. Sehen Sie noch eine Chance für die Lokalanästhesie?
Eberle: Die hohen Standards im QS-System spüren unsere Betriebe bei jeder Kontrolle. Um die Glaubwürdigkeit zu erhalten, muss das hohe deutsche Tierwohlniveau auch für Importferkel gelten. Für die Initiative Tierwohl gilt dies in besonderem Maße. Ebenso für den Handel, der von den Tierhaltern häufig mehr Tierwohl einfordert.
„Der Standard in Deutschland für die Kastration
von Ferkeln darf nicht
von Importtieren
unterlaufen werden.“
Dies stellt den 4. Weg nicht in Frage. Die Widerstände, besonders der Tiermedizin, gegen die Lokalanästhesie sind jedoch sehr groß. Wir müssen davon ausgehen, dass dieses Verfahren bis Ende 2020 nicht zur Verfügung steht. Der Bauernverband wird sich weiter für die Zulassung und Weiterentwicklung einsetzen.
BWagrar: Welche Perspektiven hat die heimische Ferkelerzeugung?
Eberle: Heimische Mäster stallen auch dänische Ferkel ein. Die gesetzlichen Anforderungen an die deutschen Sauenhalter sind enorm. Es besteht die Gefahr, dass wir einen erheblichen Teil der inländischen Ferkelerzeugung verlieren. Das wäre für die Mäster, aber auch QS keine gute Entwicklung. Der Berufsstand wehrt sich schon immer gegen das Unterlaufen unserer Produktionsstandards. Das muss nun auch für die Sauenhalter gelten.
Die Veredlungsbranche in Dänemark und den Niederlanden erschließt Märkte sehr aktiv und setzt schnell neue Standards um. Gestiegene QS-Anforderungen würde sie nicht lange vom Ferkelexport nach Deutschland abhalten.
Unserer Meinung nach hat sich bei der Frage des künftigen Kastrationsstandards für Importferkel bisher zu wenig getan. Der Bauernverband wird nochmals mit Nachdruck auf die deutschen Vorgaben als Mindeststandard drängen.
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