Ein Agri-PV-Dach für Beeren
Minister Peter Hauk und Staatssekretärin Gisela Splett haben am Mittwoch (17. Mai 2023) die dritte Pilotanlage der Modellregion Agri-PV auf dem Obstversuchsgut Heuchlingen der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) eingeweiht. Die Pilotanlage ist Bestandteil der vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) und vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (UM) geförderten Modellregion Agri-PV Baden-Württemberg. Das neuartige Konzept der Heuchlinger Anlage über verschiedenen Beerensorten weist geschlossene Kreisläufe für Wasser und Nährstoffe auf und erprobt so einen möglichst ressourcenschonenden Anbau von Strauch- und Erdbeeren.
- Veröffentlicht am

„Die baden-württembergische Landesregierung hat sich als Ziel gesetzt, die Agri-Fotovoltaik (Agri-PV) als flächeneffiziente Landnutzungsform fest zu etablieren und das Potenzial vor allem im Bereich der Sonderkulturen gezielt zu fördern. Ich freue mich daher, dass wir heute eine weitere Anlage einweihen können, die zur Erforschung dieser vielversprechenden Technologie und damit zu einer nachhaltigen Umsetzung der Energiewende, zu einer umweltgerechten landwirtschaftlichen Produktion und zur Eindämmung des Flächenverbrauchs beitragen wird“, sagte Landwirtschaftsminister Peter Hauk bei der Einweihung der Pilot-Agri-PV-Anlage auf dem LVWO-Versuchsgut Heuchlingen bei Bad Friedrichshall.
Die nunmehr dritte in Betrieb genommene Pilotanlage ist Bestandteil der gemeinsam vom MLR und vom UM geförderten Modellregion Agri-PV Baden-Württemberg. Das Forschungs- und Verbundprojekt hat zum Ziel, Erfahrungen und Erkenntnisse für die praktische Umsetzung von Agri-PV-Anlagen im Obstbau zu sammeln, innovative Ansätze zu untersuchen, rechtliche Rahmenbedingungen zu klären und die Technologie bekannt und reif für die Praxis zu machen. So soll ein landwirtschafts- und naturverträglicher Ausbau der Fotovoltaik vorangetrieben und Synergieeffekte und Wechselwirkungen zwischen Solarstromerzeugung und Landwirtschaft untersucht werden.
Synergieeffekte nutzen
In der Anlage der LVWO wird die Stromerzeugung mit dem Anbau von Beerenobst kombiniert. In Baden-Württemberg findet mit 1500 Hektar Strauchbeeren und 2200 Hektar Erdbeeren ein großer Teil der deutschen Beerenobstproduktion statt. Im Beerenobstanbau werden wie bei vielen Sonderkulturen zunehmend Schutzsysteme vor Kälte, Regen, Hagel oder zu starker Sonneneinstrahlung genutzt, zudem werden die Kulturen beispielswiese mittels Netzen vor Schädlingen geschützt. Durch die Installation von Solarmodulen können hierbei nachhaltige Synergieeffekte erzeugt werden. „Die produktionsintegrierte Energiegewinnung durch die Agri-Fotovoltaik über Obst- und Beerenkulturen stellen eine sinnvolle und kluge Lösung dar. Mit der Agri-PV wird nicht nur wertvolle Fläche eingespart, sondern auch gleichzeitig Nahrungsmittel und erneuerbare Energie produziert. Wir brauchen genau solche nachhaltigen und intelligenten Antworten, um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu lösen“, so Minister Hauk.
Nachhaltiges Kreislaufsystem bei Wasser
Die Pilotanlage auf dem Obstversuchsgut Heuchlingen geht sogar noch weiter. Die Pflanzen werden mit aufgefangenem Regenwasser versorgt, über das auch Nährstoffe zugeführt werden. Dieses System war nur durch die umfassende finanzielle Beteiligung des Finanzministeriums und die gute Zusammenarbeit mit der Liegenschaftsverwaltung von Vermögen und Bau möglich. „Mit Agri-PV-Anlage wird es möglich, einen großen Anteil des Strombedarfs der LVWO nachhaltig, effizient und klimafreundlich selbst zu erzeugen. In Zeiten schwieriger Energiebeschaffung und hoher Strompreise ein weiterer positiver Aspekt der Pilotanlage“, freute sich Finanzstaatssekretärin Gisela Splett.
Die Agri-PV-Anlage in Heuchlingen hat eine installierte Leistung von 113 Kilowatt Peak. Auf einer Fläche von knapp 2000 Quadratmetern untersuchen die Forscherinnen und Forscher der LVWO dort nun den Einfluss der Agri-PV-Anlage auf die Kulturführung von Himbeeren, Heidelbeeren, Johannisbeeren, Erdbeeren, Stachelbeeren und Brombeeren im Substrat. Wie Projektleiter Oliver Hörnle vom Fraunhofer ISE erklärte, wird für die geschlossenen Kreisläufe für Wasser und Nährstoffe Regenwasser gesammelt, gespeichert und mit Frischwasser zur Bewässerung genutzt. Überschüssige Flüssigkeit aus dem Substrat, in dem die Beeren wachsen, wird aufgefangen, mithilfe einer durch Solarstrom betriebenen Anlage aufbereitet und ebenfalls wiederverwendet. „Das spart Dünger und dieser gelangt nicht ins Grundwasser“, erläuterte Hörnle weiter. Die Projektpartner testen im Rahmen ihrer Forschung außerdem die Eignung verschiedener Substrate mit dem Fokus auf torffreie beziehungsweise stark torf-reduzierte Substrate.
Die Anlage auf dem Versuchsgut Heuchlingen ist eine von fünf Modellanlagen, anhand derer unter Leitung des Fraunhofer ISE die Auswirkungen von mit PV-Modulen überdachten Anlagen auf die Obstkulturen erforscht werden soll. Gefördert wird das bis 2024 laufende Forschungsvorhaben „Modellregion Agri-Photovoltaik für Baden-Württemberg“ vom Umwelt- und vom Landwirtschaftsministerium. Mit der Entwicklung und dem Bau von maßgeschneiderten Pilotanlagen an fünf unterschiedlichen Standorten mit verschiedenen Obst- und Beeren-Kulturen analysiert das Forschungsteam die Machbarkeit verschiedener Anwendungsbereiche und Technologien und bewertet Auslegungsvarianten. Die erste der fünf Agri-PV-Anlagen des Projekts wurde im Mai 2022 am Kompetenzzentrum Obstbau Bodense (KOB) eingeweiht.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.