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Fotovoltaik

Agri-PV Hotspot in Schlier

Seit Ostern fließt im Kreis Ravensburg auf der Gemarkung Schlier im „grünen Gewerbegebiet“ Strom aus der dort errichteten Agri-PV Anlage. Verteilt auf drei Standorte werden in Schlier rund 10,5 Megawatt (MW) Agri-PV-Strom erzeugt - so viel wie derzeit angeblich noch nirgendwo sonst in Deutschland. Am 30. Juli wurde die Anlage von Agrarminister Peter Hauk offiziell in Betrieb genommen. Zur Eröffnung eingeladen hatte die Solmotion project GmbH aus Ravensburg zusammen mit der Initiative Agri-Photovoltaik Schlier.

von Matthias Borlinghaus Quelle Matthias Borlinghaus erschienen am 01.08.2024
Zuversichtlich: Agrarminister Peter Hauk zeigte sich erfreut, dass man im Kreis Ravensburg in Schlier eine Anlage errichtet hat, die als Anschauungsobjekt Schule machen kann: für andere Landwirte, für Netzbetreiber, Energieerzeuger sowie interessierte Firmen. Agri-PV ist für den Minister eine besonders intelligente Form der Energienutzung. © Matthias Borlinghaus
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Als Mittelpunkt Deutschlands, was Agri-PV angeht, lobte Minister Peter Hauk die Anlage in Schlier. 40 Prozent des Agri-PV Stroms würden derzeit hier in Schlier erzeugt. Dem Minister ist es wichtig, wie er sagte, dass die landwirtschaftlichen Flächen auch weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden. „Wir brauchen diese Hybrid-Nutzung", meinte Hauk und betonte aber auch, dass alle verfügbaren Formen der erneuerbaren Energieerzeugung erforderlich seien, um die Energiewende zu schaffen. Dazu zähle auch das Biogas, insbesondere über die Nutzung von Reststoffen wie Gülle. In PV-Dachanlagen sieht Hauk nach wie vor die einfachste Lösung, um den Ausbau von Fotovoltaik weiter voranzutreiben.

Großartiges Projekt

In Anspielung an das Grußwort von Franz Schönberger, dem Vorsitzenden beim Bauernverband Allgäu-Oberschwaben, der mit Blick auf eine intelligente Flächennutzung, über die für ihn in der Region festverankerte Bauernschläue philosophierte, meinte Hauk. „Bei stattfindenden Innovationen gibt es meist nur ein paar Pioniere. Der Rest verhält sich vorsichtig abwartend, aber durchaus aufgeschlossen.“ In Schlier gebe es jetzt ein großartiges Demonstrationsprojekt, wo sich jeder selbst anschauen könne, wie es funktioniert. „Ich hoffe, wir finden hier viele Nachahmer. In diesem Sinne freue ich mich, dass wir so dem Ziel, dass die Landwirtschaft einen Beitrag zur energetischen Produktion leistet, einen deutlichen Schritt nähergekommen. Alles Gute für die Zukunft,“ so Hauk.

"Alles Gute für die Zukunft.“ Peter Hauk, Landwirtschaftsminister

Die Bürgermeisterin von Schlier, Katja Liebmann, dankte insbesondere den „fünf Bürgern aus der Gemeinde“, den Investoren Merlin und Severin Batzill, Michael und Thomas Rädler sowie Jochen Kreh, dass sie diese „Wahnsinns-Investition in die Hand genommen haben“.

Clevere Flächennutzung

„Wir dürfen die Fläche nicht einfach zubauen und die Nachhaltigkeit außer Acht lassen", betonte Franz Schönberger und lobte das Projekt mit den Worten: „Wir brauchen smarte (bauernschlaue) Ideen auf der Fläche: Genau das wurde hier in Schlier umgesetzt.“ Das Projekt sei gleichermaßen wirtschaftlich und nachhaltig und werde von der Gesellschaft gut angenommen. Die Agri-PV ist für ihn ein Beispiel dafür, wie Landwirte neue Nutzungsmöglichkeiten entdecken. Dabei hätten Vielfalt und die unterschiedliche Nutzung einer Fläche in Oberschwaben und im Allgäu eine lange Tradition.

Agri-PV soll weiter wachen

Solmotion-Geschäftsführer Christian Wolf hätte es sich bei der Planung der Anlage vor drei Jahren selbst kaum vorstellen können, dass diese Anlage so schnell Realität wird. „Das zeigt, wie dynamisch und schnell wachsend die Solarbranche ist“, dankte Wolf allen Beteiligten. Was die Branche derzeit beschäftige, sei der insgesamt schleppende Netzausbau. Hier geht es seiner Meinung nach viel zu wenig voran. „Wir haben in unseren Projekten ein halbes Giga-Watt (500 Megawatt) an Vorlauf in der Entwicklung“, so Wolf. Laut Wolf werden bei Solmotion neue Anlage meist nur noch mit Stromspeicher projektiert. Das Risiko von negativen Strompreisen ließe sich mit einem Batteriespeicher in den Griff bekommen. Je komplexer und individueller die Anlagen geplant würden, desto besser könne die Firma mit ihren langjährigen Erfahrungen punkten, hofft Wolf. Was Agri-PV angeht, zeigte er sich zuversichtlich: „Wir planen für nächstes Jahr 40 Megawatt Agri-PV zu installieren. Das wäre das Vierfache von heute“, so Wolf.

Unterschiedliche Bauvorhaben

Gabriel Frittrang kommt vom Obstbau her ist seit rund zwei Jahren bei der Solmotion project GmbH, um Agri-PV weiter voranzubringen. Mittlerweile erreichten ihn, wie er gegenüber BWagrar berichtet, aus dem Gebiet des Regionalverbandes Bodensee Oberschwaben sowie dem Landkreis Biberach über 150 Anfragen zu Agri-PV. Die meisten Kunden hätten eine privilegierte Anlage bis 2,5 Hektar im Auge, je zur Hälfte auf Ackerland und auf Grünland. Wobei künftig neben Sonderkulturen auch die Tierhaltung eine größere Rolle spielen könnte (Weide für Rinder und Schafe oder auch Hühnerhaltung), schätzt Frittrang. Anfragen für größere Anlagen gebe es ebenso. Hier seien die Investitionen aber oftmals so hoch, dass die Flächen von den einzelnen Landwirten oft nur zur Pacht angeboten werden und sich die Landwirte selbst dann als Teilhaber an der Anlage beteiligen wollen. Und: „Wir haben gerade rund 20 Anfrage von Biogas-Landwirten am Laufen, die gerne mal mit 2,5 Hektar Agri-PV starten würden“, verrät der Key Account Manager. Grundsätzlich sei die Investition in Agri-PV um 20 Prozent höher als bei einer reiner Freiflächen-PV. Wenn man sich aber für das nachgeführte System entscheide, habe man entsprechend auch 20 bis 30 Prozent mehr Stromertrag.

Stromvermarktung

Wie der Landwirt und Mit-Betreiber der Anlage, Severin Batzill, erläuterte, haben die Batteriespeicher eine Leistung von 1,5 Megawattstunden (MWh). Sie können innerhalb von in zwei Stunden gefüllt und auch wieder entleert werden. Im Schnitt werde der Batteriespeicher einmal am Tag beladen und entladen. Geplant seien in Schlier insgesamt 14 Mio. kWh Stromerzeugung im Jahr, was in etwa dem anderthalbfachen Verbrauch der Gemeinde entspricht. Damit werde die Schlier zum Stromexporteur. Eingespeist wird der über die Anlage erzeugte Strom direkt in die Trafostationen der Netze BW GmbH oder in die Speicher an den Feldrändern. Vermarktet wird dieser Strom über einen Direktvermarkter. Der Direktvermarkter verfolgt an der Strombörse die Preise an den verschiedenen Strommärkten und schaut, welche Dienste gefragt sind und wo sich gerade die besten Erlöse erwirtschaften lassen. Für alle größeren PV-Anlagen gibt es mittlerweile eine verpflichtende Direktvermarktung. Dafür erhält der Vermarkter ein Dienstleistungsentgelt, die Höhe wird vertraglich geregelt.

Trackersteuerung

Die Anlage in Schlier ist verteilt auf drei Standorte über insgesamt knapp 14 Hektar Acker- beziehungsweise Grünlandflächen. So wird der Boden doppelt genutzt. Der Abstand zwischen den einachsigen Trackerreihen beträgt elf Meter, neun Meter davon werden landwirtschaftlich genutzt. Die Ausrichtung der Module ist in Nord-Süd-Richtung. Das nachführende Tracker-System dreht sich von morgens von minus 60 Grad bis plus 60 Grad am Abend und folgt dabei der Sonnenbahn, auch an regnerischen Tagen. Installiert ist ein Schneesensor. So lässt sich der Schnee entsprechend abkippen. Zudem gibt es einen Windsensor, über den die Modultische vor Sturm geschützt werden. Die Pfosten stehen in einem Abstand von 4 bis 5 Metern. Sie sind etwa zwei Meter tief in den Boden gerammt und nicht einbetoniert.

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