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Tagung für Milchviehhalter

Raus aus dem Krisenmodus

Die miserablen Milchpreise der vergangenen Monate haben die Diskussion nach mehr Flexibilität und Transparenz auf dem Milchmarkt weiter vorangetrieben. Über Milchvermarktung und Milchpreisabsicherung sprach Prof. Dr. Rainer Kühl vom Institut für Betriebslehre der Agrar- und Ernährungswirtschaft und Institut für Genossenschaftswesen an der Uni Giessen auf der Fachtagung für Milchviehhalter am 10. November. Eingeladen hatte das Landratsamt Sigmaringen.
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Volles Haus in Friedberg Bad Saulgau: „Die Abnahmepflicht ist ein Wert, den man bezahlen muss,“ sagt Professor Dr. Rainer Kühl von der Uni Giessen.
Volles Haus in Friedberg Bad Saulgau: „Die Abnahmepflicht ist ein Wert, den man bezahlen muss,“ sagt Professor Dr. Rainer Kühl von der Uni Giessen.Borlinghaus
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Eine Preisabsicherung über die Terminbörse Eurex zum Beispiel könnte im Prinzip sehr interessant sein, meinte Prof. Rainer Kühl in Friedberg. „Eine Molkerei könnte indirekt ihre Rohmilchmengen preislich absichern, indem sie dafür die an der Börse notierten Magermilch-, Molken- und Butterkontrakte handelt.“ Für die meisten Landwirte aber ist die Börse bis dato noch keine echte Option. So wird bislang noch zu wenig gehandelt. Die Kontrakte mit 5 t Butter oder Pulver Mindestmenge sind für die meisten Betriebe zu groß. „Nutzen Sie jetzt die Zeit, um sich mit der Funtionsweise der Börse vertraut zu machen“, so Prof. Kühl. Wenn am Markt wieder gute Preise erzielt werden, lohnt es sich eher, die Preise langfristig zu sichern.

Mehr Flexibilität erhöht das Risiko
Für Prof. Kühl kommt es in Sachen Vermarktung und Absicherung auf die richtige Mischung an. Flexibilität ja, aber nicht zu viel. „Wir befinden uns gerade in einer Findungsphase“, so Kühl. Jeder Betrieb müsse für sich herausfinden, wie viel Risiko er auf sich nehmen möchte. Unterm Strich gilt: „Das größte Risiko für einen Landwirt besteht darin, kein Risiko einzugehen.“ Wer mehr Planungssicherheit will, kann nicht gleichzeitig mehr Flexibilität einfordern. „Da beißt sich die Katze in den Schwanz,“ meinte Kühl.
Im Milchland Baden-Württemberg wird der Ruf nach mehr Flexibiltät zum Beispiel durch kürzere Vertragslaufzeiten zwischen Landwirten und Molkereien kritisch gesehen. Der Grund liegt auf der Hand: Wegen der gewachsenen Molkereistruktur mit einem hohen Genossenschaftsanteil werden Forderungen nach kürzeren Vertragslaufzeiten und individuell ausgestalteten Lieferverträgen eher mit Zurückhaltung aufgenommen. Denn die Genossenschaften, gegründet nach den Grundsätzen der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung, bieten ihren Mitgliedern von jeher eine Abnahmegarantie, die mit der Andienungspflicht einhergeht. Dies sei durchaus im Sinne der Landwirte, denn es biete Planungssicherheit sowohl für den Milchviehhalter als auch für die Molkerei. „Sie tragen sowohl Verantwortung für Ihre Molkerei als auch für Ihren eigenen Betrieb zuhause,“ erläuterte Kühl. Ihm zufolge müssen die Preisrisiken künftig besser auf alle Akteure verteilt werden. Insgesamt sind derzeit drei Punkte im Gespräch:

  • Mengensteuerung und -absprachen.
  • Mehr Flexibilität in den Lieferbeziehungen.
  • Preisabsicherung an den Terminmärkten.

Zur Mengensteuerung gibt es das Bonus-Malus-System. Wer überliefert, bekommt Geld abgezogen, wer unterliefert erhält einen Zuschlag zum Milchgeld. In einem speziellen Bonusangebot zahlt Friesland Campina eine Entschädigung von zehn Cent für jedes nicht abgelieferte Kilogramm Milch. Interessant ist auch der back-to-back-Vertrag zwischen der Omira und Mondelez. Der Vertrag läuft vom 1. Juli 2016 bis 30. Juni 2017 über eine bestimmte Menge zu einem festen Erzeugerpreis von 32 Cent pro kg. Vorteil des Vertrages ist die Planungssicherheit. Nachteil ist, dass es passieren kann, mit dem Preis unterhalb des normalen Monatspreises zu landen. „Noch nicht befriedigend geklärt ist bei diesen Verträgen die genossenschaftliche Gleichbehandlung. Denn diese Absicherung gilt nur für Betriebe einer bestimmten Region,“ so Kühl.

Schuld sind immer die anderen
Aufmerksam hat Kühls Institut die Berichterstattung während der Milchkrise verfolgt. Parallel zur steigenden Anzahl der Artikel in den Zeitungen seien die Milchpreise weiter gefallen. Zur Lösung der Krise habe es Vorschläge von allen Seiten gegeben. Schuld seien die Politik, der Weltmarkt, die Molkereien, die sich angeblich nicht genügend strategisch ausrichten, der Lebensmitteleinzelhandel, der nur zu Dumpingpreisen eingekauft habe und nicht zuletzt der Verbraucher, der nur allzu gerne viel zu billig einkaufen möchte. Die Bilanz aus dieser insgesamt eher negativen Berichterstattung mit den vielen Einflüssen von außen fällt für Kühl ernüchternd aus. Jetzt komme es darauf an, eine eigene Position einzunehmen. „Wichtig ist, dass man sich mit den Risiken auseinandersetzt. Das machen wir Landwirte von Haus aus“, so Kühl.
 

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