Noch nie war Regen im Juni so wertvoll wie heuer!
Während in den frühen Druschgebieten das Getreide und auch der Raps trocken geerntet werden konnte, muss in den späten Druschgebieten das Getreide aktuell häufig mit überhöhter Feuchtigkeit vom Feld „gestohlen“ werden. Immer wieder haben in den vergangenen zwei Wochen erhebliche Niederschläge die Ernte tageweise zum Stillstand gebracht. Dies verlangt von den Getreideanbauern mehr und mehr Nervenstärke ab.
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Üppige, wüchsige und sehr gesunde Bestände zeigten sich im Mai in Württemberg bei Getreide und Raps. Der Aufwuchs trotzte dem Spätfrost und der Trockenheit im Herbst sowie im Frühjahr. Eine durchaus große Ernte konnte für die Region erwartet werden. Nur – was ist daraus geworden?
„Die trockene und vor allem heiße Witterung hat vielen Landwirten leider einen Strich durch die Ernteplanung gemacht“ brachte Jürgen Rüdt, Vorsitzender des Erzeugerausschuss Getreide, die Erfahrungen der diesjährigen Ernte in Württemberg auf den Punkt. „Der Trockenheit ist nur positiv abzuringen, dass wir von den letztjährigen Fusarien-Problemen verschont blieben“ ergänzt er weiter.
Frühsommer-Hitze kam zur falschen Zeit
Überraschend gut haben die Raps- und Getreidebestände im Frühjahr den Spätfrost im April und die Trockenheit verkraftet. Weiter heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung der Erzeugergemeinschaften für Raps und Qualitätsgetreide sowie der BayWa AG zum Ernteverlauf: „Unterstützt durch eine hervorragende Durchwurzelung konnten die Pflanzen eine hohe Bestandesdichte und Kornanzahl aufbauen. Doch war die Hitzeperiode von Mitte bis Ende Juni mit Temperaturen bis zu 38 Grad besonders für Getreide in der Region Heilbronn-Ludwigsburg zu viel.“ Im Unterland sind die Weizen-Erträge vielfach deutlich unter dem Durchschnitt zurückgeblieben. So fehlte die gewohnte Kornausbildung, was zu niedrigen Hektoliter-Gewichte geführt hat. Nur knapp konnte im Schnitt ein Hektoliter-Gewicht von 76 kg/hl erreicht werden, welches die Mühlen- und Kraftfutterindustrie fordert. Zudem führte die gestoppte Kornausbildung zu erhöhten Anteilen an Sortiergetreide. In Summe blieben die Weizen-Erträge in den Frühdruschgebieten 20 bis 30 Prozent unter den langjährigen Erfahrungswerten, während in Oberschwaben überdurchschnittliche Weizenerträge geerntet wurden. Um 0,5 bis 0,7 Prozent höhere Proteinwerte sind hingegen flächendeckend in Württemberg festzustellen.
In den späteren Druschgebieten haben sich die Erträge gesteigert, dabei traten jedoch durch regenbedingte Ernteunterbrechungen zunehmend sinkende Fallzahlen zum Ende der Ernte auf. Wurden in den frühen Druschgebieten weniger als 5 Prozent des Weizen mit Fallzahlen unter 180 Sekunden angeliefert, so steigerte sich der Anteil in den Spätdruschgebieten auf nahezu 15 Prozent.
Braugerste ist der Gewinner 2017
„Die Braugersten-Sorte „RGT Planet“ hat das zweite Jahr in Folge ihre genetischen Vorteile ausgespielt“, meint Gerd Mezger, Spartengeschäftsführer Württemberg Agrar der BayWa. Erträge bis über 80 dt/ha und Proteinwerte, die circa 1 Prozent unter denen anderer Sorten liegen, unterstreichen die Vorzüglichkeit der Sorte Planet. Besonders der niedrigere Proteingehalt brachte in diesem Jahr einen Vorteil, da der Regen im Juni und Juli bei der Braugerste zu einem Stickstoffschub aus dem Boden und einer ungewollten Spätdüngung führte. Die Sorte Planet kam mit diesen Bedingungen am Besten zurecht und hat weitgehend die Braugersten-Qualität von unter 12 % Protein eingehalten.
„Ein ertragsbestimmender Faktor war, dass die Braugerste trotz aller Widrigkeiten ordentliche Körner gebildet hat. Die Vollgerste-Anteile waren in Summe ansprechend“ führte Herr Mezger weiter aus. Schon heute ist absehbar, dass die Braugerste in den Frühdruschgebieten die beste Wirtschaftlichkeit aller Getreidearten gebracht hat.
Ähnlich wie beim Weizen führten die Regenunterbrechungen zu gestarteten Keimeffekten. Zum Ernte-Ende war so verstärkt verdeckter Auswuchs zu festzustellen. Gemessene Fallzahlen als Auswuchs-Indikator reduzierten sich während der Ernte von über 200 Sekunden zunehmend auf unter 100 Sekunden.
Raps überraschte positiv
„Die modernen Raps-Sorten haben gezeigt, dass auch schwierige Witterungsbedingungen kompensiert werden. Trotz einer verhaltenen Jugendentwicklung haben viele Bestände überraschend hohe Erträge gebracht“, fasst Jürgen Rüdt seine Erfahrungen mit der Raps-Ernte zusammen. Dabei lagen die Ölgehalte mit gut 42 Prozent etwa einen Prozentpunkt unter dem Mittel der letzten beiden Jahre.
Während Dinkel eine ordentliche Ernte mit hohen Erträgen gebracht hat, traf der Witterungsverlauf den Hafer hart. Die trockene Hitze im Juni hat der Hafer nicht vertragen. Hafer ist dieses Jahr besonders leicht. Vielfach wird das von den Schälmühlen geforderte Hektoliter-Gewicht von 52 kg/hl deutlich unterschritten. Der Aufwand in der Aufbereitung ist deshalb immens.
Kurz vor der beginnenden Silomais-Ernte präsentieren sich die Mais-Bestände sehr gut. Der Regen Ende Juli/Anfang August hat geradezu einen Wachstumsschub gebracht. Die BayWa erwartet in Württemberg deshalb eine überdurchschnittliche Silomais- wie auch Körnermais-Ernte.
Der regionale Markt bestimmt die Preisentwicklung der nächsten Zeit
Haben die Frühdruschgebiete von der Erntemenge – besonders beim Weizen - enttäuscht, so war eine gute Ernte in Oberschwaben wichtig für die Veredlungsbetriebe. Aufgrund der schwachen Ernte im letzten Jahr waren die Lager bei den Landwirten weitgehend geräumt. Die neue Ernte wurde oftmals sehnsüchtig erwartet. Deshalb wurde auch in den ertragreicheren Gebieten in Württemberg weniger Getreide beim Erfassungshandel angeliefert.
In Summe wird die Marktversorgung regional knapper als in früheren Jahren sein. Ein starker Euro und die Rekordernten in der Schwarzmeer-Region stellen hingegen den Export von Getreide zunehmend vor Herausforderungen. Die Preisvorgaben der Börsen sind deshalb aktuell unter Druck. Entscheidend für die weitere Preisentwicklung in Württemberg ist, ob sich ein regional höheres Preisniveau etablieren wird.
Aus heutiger Sicht war die Vorvermarktung vor der Ernte von Vorteil. Positiv für viele Landwirte war deshalb, dass seit Herbst letzten Jahres vermehrt Kontrakte und Verträge mit der BayWa abgeschlossen wurden. So wurden in manchen Regionen mehr als 30 Prozent der diesjährigen Ernte bis Juni mit festen Preisen vermarktet. Die aktuellen Preisentwicklungen zeigen, wie wichtig diese Vermarktungs- und Risikosplittung ist.
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