Erste Lichtblicke am Schweinemarkt
Ab der zweiten Januarhälfte könnte der Schweinestau abgebaut sein und es am Schlachtschweinemarkt wieder langsam nach oben gehen. So lautete ein hoffnungsvolles Fazit aus dem Vortrag von Dr. Albert Hortmann-Scholten auf der virtuellen Fachtagung von German Genetic am 16. Dezember, zu der der Schweinezuchtverband Baden-Württemberg mit BWagrar und gemeinsam mit den Kreisbauernverbänden Biberach-Sigmaringen und Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems eingeladen hatte. Dr. Hortmann-Scholten leitet den Fachbereich Betriebswirtschaft, Markt, Unternehmensberatung, Familie und Betrieb, Sozioökonomische Beratung an der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Oldenburg und ist Geschäftsführer der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh u. Fleisch mit dem VEZG-Preis.
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„Die Krise überwinden und Zukunft gestalten: Das beschäftigt uns gerade alle. Wir sind in einer historisch einmalig schwierigen Situation“, meinte Dr. Albert Hortmann-Scholten gegenüber den rund 200 Teilnehmern im Live-Chat. Wegen der Doppelkrise aus Corona und ASP seien die Erlöse der Schweinehalter eingebrochen. „Es gibt eine massive Unterbewertung unserer Produkte,“ so Hortmann-Scholten. Gleichzeitig liefen den Tierhaltern die Kosten davon, sowohl die variablen Kosten mit höheren Futterpreisen als auch die Fixkosten mit höheren Auflagen im Bau- und Umweltrecht beispielsweise. In der Politik werde viel über Hilfspakete gesprochen, die müsse es unbedingt auch für die Landwirtschaft geben, angesichts der schwierigen Lage.
ASP-Seuche scheint unter Kontrolle
"Lassen Sie sich bei ASP bitte nicht entmutigen, wenn immer wieder neue Funde von Wildschweinen entdeckt werden", so der Marktexperte. Mittlerweile seien es rund 300 positiv getestete Wildschweine. Gleichwohl konnte man das Seuchengeschehen einkesseln. Die gefährdeten Gebiete werden eingezäunt und die Wildschweine dezimiert. "Wir haben in Deutschland die Seuchenbekämpfung unter Kontrolle. Die Hausschweinbestände sind sehr gut abgesichert", so Hartmann-Scholten. Deshalb bestünde keinerlei Gefahr, dass beim Export von Teilstücken die Infektion weiter in andere Länder eingeschleppt würde. Alle Vorgänge würden genausten dokumentiert, so dass man die Seuche regional eingrenzen könne und andere, nicht betroffene Gebiete, wieder freigeschaltet werden könnten für die so dringend benötigten Drittlandsexporte. "Die Bundesregierung tut viel, um diese Regionalisierung politisch herbeizuführen und dies den Handelspartnern gegenüber, die derzeit für deutsches Schweinefleisch gesperrt sind, zu kommunizieren", zeigte er sich zuversichtlich. So solle eine Restriktionslinie entlang der Autobahn über Berlin nach Dresden bis zur tschechischen Grenze eingerichtet werden, damit sich die Seuche nicht weiter ausdehnt.
Wichtige Märkte in Asien
Es gebe eine ganze Liste an Ländern, in die Deutschland nicht mehr liefern darf. Singapur, Japan, China und Südkorea seien die entscheidenden Märkte, in die man mit dem deutschen Schweinefleisch sobald wie möglich wieder reinkommen möchte. Als Blaupause für so eine Regionalisierung, wie Hortmann-Scholten es nennt, ist die bereits gelungene Öffnung des Marktes nach Kanada. Kanadas Preisniveau allerdings liegt derzeit unter 1,19 Euro pro kg, weshalb dieser Marktzugang derzeit keine Entlastung bringt. Dennoch sei diese Öffnung eine positive Vorlage für die Öffnung anderer Länder. In Asien liegen die Preise teilweise über 5 Euro pro kg Schlachtgewicht. Hortmann-Scholten rechnet in Asien 2021 fest mit einem Nachfragewachstum. „Das wird den globalen Schweinemarkt beflügeln“, so der Experte. Schließlich sei die ASP-Seuche ist in vielen asiatischen Ländern längst noch nicht überall unter Kontrolle und die asiatischen Länder seien potenzielle Nachfrager für europäisches Schweinefleisch.
Ab Januar-Februar könnte es wieder aufwärts gehen
Hortmann-Scholten erwartet für Januar und Februar eine anziehende der Nachfrage in China, die nicht aus Eigenproduktion gedeckt werden kann. Der Importbedarf für China sei hoch. Die Brasilianer hätten 2020 die Lücke gefüllt, die durch den Wegfall der deutschen Exporte nach China entstanden sei. „Da wollen wir wieder rein“, appellierte Hortmann-Scholten an die Bundesregierung, die Öffnung des Schweinemarktes in China für die westdeutschen Erzeuger wieder herbeizuführen.
Schweinestau bleibt noch über Weihnachten und Neujahr bestehen
Wegen der Coronakrise baut sich der Überhang am Schweinemarkt immer weiter auf. "Wir haben hier noch keine Entspannung. Wir sind gefangen in einem temporären Überangebot von Schweinen, die wir nicht so platzieren können, wie es sein müsste." Hortmann-Scholten bezifferte den Überhang auf rund 700.000 Schweine, die die Erzeuger vor sich herschieben. Bis Anfang Januar dürfte sich an dieser Situation wenig ändern. Diese Schäden seien coronabedingt. Bei den Erzeugern kommen sie vierfach an: durch höhere Futterkosten, längere Mastdauer, fette Tiere, die schlechter bezahlt werden sowie durch höhere Vorkosten bei den Viehhändlern (die müssen weniger Tiere transportieren). Auch dies müssten letztlich die Erzeuger tragen. So würde der Basispreis von 1,19 Euro pro kg derzeit vielfach preismaskenbedingt noch um weitere 10 bis 12 Cent pro kg unterschritten. „Dies alles führt dazu, dass wir im kommenden Jahr eine deutliche Reduzierung der bundesdeutschen Angebote sehen werden. Ich rechne mit einem Rückgang der Schweineproduktion in Deutschland von mindestens 10 Prozent, meinte Hortmann-Scholten. “ Auch die Importe von Schweinen dürften sich im kommenden Jahr deutlich reduzieren.
LEH muss in die Pflicht genommen werden
Klarer Profiteur der Krise sei der Lebensmittelhandel. Durch das Wegbrechen der Gastronomie habe sich die Nachfrage nach Fleisch in die Lebensmittelketten verlagert. Der LEH habe die verkauften Mengen gesteigert, die Preise teilweise deutlich angehoben und damit massiv von der Krisensituation profitiert. Umso wichtiger seien die Bauernproteste in den vergangenen Tagen und Wochen gewesen, um der Öffentlichkeit aufzuzeigen, dass die Verluste aus der Krise an das Ende der Lieferkette verlagert wurden, findet Hortmann-Scholten. Den Preiszusammenbruch, wie er in diesem Jahr stattgefunden habe, bezeichnete er als historisch. „Ich kann mich an kein Jahr erinnern, in dem der Preiseinbruch so heftig war. Das schreit förmlich nach einer preislichen Gegenbewegung“, meinte Hortmann-Scholten. Und hier stehe man bereits am Wendepunkt.
Ferkelmarkt belebt sich
Auf der Preiskonferenz des Vereinigungspreises am Freitag vergangener Woche (10.12.) wurde erstmals wieder seit Wochen eine Belebung des europäischen Ferkelmarktes beobachtet. „Der Ferkelmarkt hat gedreht. Ich sehe hier ein Preispotenzial im ersten Halbjahr 2021 von durchaus 45 bis 50 Euro pro Ferkel.“ Hortmann-Scholten appellierte an die Erzeuger, weiter durchzuhalten und nicht an den falschen Stellen zu sparen: „Verhindern Sie eine Überalterung des Bestandes, remontieren Sie als wäre es eine Hochpreisphase und vernachlässigen Sie nicht die Hygiene und die Impfprogramme.“ Nur so könne man vom bevorstehenden Aufschwung optimal profitieren. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass dies im ersten Quartal 2021 schon passieren wird.
Noch bleiben die Preise am Schweinemarkt am Boden
"Ich sehe förmlich auch die Preiswende am Schweinemarkt vor Augen. Doch leider lässt sich dies im Vereinigungspreis noch nicht abbilden. Denn bei der versprochenen Preiserhöhung für Schweinefleischprodukte vonseiten der Discounter, die Hortmann-Scholten als Mogelpackung bezeichnete, sei das Geld in der Fleischbranche noch nicht angekommen. Und was noch nicht angekommen sei, könne man auch nicht weitergeben. „Das ist eine sehr bedauerliche Situation", meinte er. Da habe man in der Öffentlichkeit den Helden gespielt, ohne dass bislang Geld geflossen sei und so werde es noch einige Wochen dauern, bis der Schweinestau tatsächlich abgebaut werden könne.
Ausblick: Spätestens in der zweiten Januarhälfte sollten sich Spielräume für bessere Preise eröffnen, dann könnten auch die Exporte wieder anlaufen. Und sobald sich die Lage in der Coronakrise mit dem neuen Impfstoff verbessert, werde auch die Gastronomie wieder öffnen und verstärkt Schweinefleisch nachfragen. Speziell am Ferkelmarkt rechnet der Marktanalyst damit, dass der Selbstversorgungsgrad von derzeit 70 Prozent mittelfristig bis 2025 auf 50 bis 60 Prozent zurückgehen wird. Auch die Produktionskosten dürften weltweit in den kommenden Jahren ansteigen, was dazu führen wird, dass auch die Schweinepreise steigen werden.
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